Münchner Kult-Disco: Gepackt vom Blow-Up-Fieber
Ich war der "Macher" im "Blow Up", der legendären Disco am Elisabethplatz.
Als ich 1967 erstmals ins "Blow Up" kam, standen die Equals ("Baby come back")" gerade auf der Bühne. Das Blow-Up-Fieber hatte mich gepackt. Ich war daraufhin täglich im Blow Up und kurz darauf von der Blow-Up-KG fest angestellt. Von der Gastro-Organisation über den Barausschank, die Beleuchtung bis hin zur Musikbeschallung lag alles in meiner Hand. Auch für die Künstlerbetreuung war ich zuständig. Schon großartig war es etwa, mit Rock’n’Roll-Star Bill Haley in der Garderobe den Auftritt vorzubereiten.
Das Nachtleben hatte mich im Griff: Nächte bei Edith Schmidt in der Disco "Namenlos" oder dem "Take Five" von Tommy Hörbiger waren die Regel. Täglicher Stammtisch im Café Münchner Freiheit mit Sascha Hehn, der ständig auf Mädchensuche war. Sein buntgescheckter Sportwagen war in Mädchenkreisen legendär: eine Jungfrauenfalle in seinem "Traumschiff", so witzelten wir früher.
Zwischenzeitlich war ich Polizist geworden – in Schwabing! Die Nächte verbrachte ich im Tilburys am Platzl, wo die Münchner Promis das Sagen hatten. Ein bekannter Sänger mit langen Haaren hatte hier seinen eigenen Jointdreher, der Riesendinger fabrizierte.
Natürlich auch im "Tiffanys" in der Leopoldstraße mit Nastassja Kinski. Beliebt war auch der "Piper-Club" am Kurfürstenplatz. Im Nebenzimmer waren nur Matratzen ausgelegt, man konnte einen Kopfhörer einstöpseln und bei Pink Floyd den Joint kreisen lassen.
Kein Polizist hat einen gestört – ich war der Einzige! Genervt hat Udo Jürgens, der mir ständig mein Mädchen ausspannen wollte: eine Fellini-Schauspielerin ("Casanova"). Sie war eine hochbegabte LSD-Sex-Trip-Akteurin und konnte einem Welten eröffnen.
Dann kam Ibiza! Nachdem mir die Polizeiuniform irgendwie zu "eng" geworden war, nahm ich mir eine mehrmonatige Auszeit auf Ibiza. Kaufte mir ein Motorrad und genoss das volle Leben. In den Discos wie "Pacha" war ich wieder heimisch und zog alles voll durch. Fünf Monate bin ich auf der Insel geblieben.
Nach der Rückkehr aus Ibiza landete ich eine Woche in Stadelheim
Bei meiner Rückkehr nach München wartete schon am Flughafen ein Haftbefehl auf mich – und ich war eine Woche in Stadelheim: Ich hatte Ratenzahlungen bei einer Bank nicht rechtzeitig bedient. Aber es war wohl eher Neid und Rache meiner Dienststellenleitung. Die Polizeikarriere konnte ich als beendet betrachten.
Nachdem ich schon mal bei einer großen Autovermietung gearbeitet hatte, wo ich Überführungen vorgenommen hatte, bewarb ich mich dort als Miet-Chauffeur. Dies mit gutem Erfolg. Meine Gewandtheit und meine Sprachenkenntnisse kamen mir dort sehr entgegen. Nun Freude ich mich als Rentner über ein ereignisreiches Leben und möchte keine Minute missen.
Und was haben Sie erlebt? Schreiben Sie an die AZ!
Die AZ wird Sie in diesen Sommertagen unterhalten mit Geschichten aus den Zeiten, in denen München doch noch münchnerischer war als heute. Als Stenze durch die Stadt strawanzten – und Striezis und Schandis aneinandergeraten sind.
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Lesen Sie hier Teil 4 der AZ-Serie "Münchner Gschichten": "An Zwickl-Fünfer mit de kurzn Kartn"
Lesen Sie hier Teil 6 der AZ-Serie "Münchner Gschichten": "Ich war nie ein Striezi oder ein Stenz"
Lesen Sie hier Teil 9 der AZ-Serie "Münchner Gschichten": "Rainer Weiss - ein Unikum und Urgestein"
Lesen Sie hier Teil 11 der AZ-Serie "Münchner Gschichten": "Münchner Freiheit, die ich meinte"
Lesen Sie hier Teil 19 der AZ-Serie "Münchner Gschichten": "Ein Jahr Milchkännchen"