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Bittere Wahlschlappe 2018: Erobert Ludwig Spaenle den Stimmkreis München-Schwabing zurück?

In München-Schwabing kämpft Ex-Kultusminister Ludwig Spaenle mit Ideen für das Kunstareal um den Einzug in den Landtag. Ob das reicht, um den Naturschützer Christian Hierneis zu schlagen?
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Zwischen Helmut Dietl und Monaco Franze fühlt sich Ludwig Spaenle wohl. Er hat mit der Münchner Kunstszene noch viel vor.
Zwischen Helmut Dietl und Monaco Franze fühlt sich Ludwig Spaenle wohl. Er hat mit der Münchner Kunstszene noch viel vor. © Daniel von Loeper

Schwabing - Gleich beginnt das Oktoberfest, gleich wird Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) unten im Festzelt das Fass anzapfen. Oben auf der Empore treffen immer mehr Politiker ein, viele Stadträte, aber auch bayerische Minister. Es hat sich herumgesprochen, dass Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, kommen soll.

Besonders gerne will kein CSUler mit ihm gesehen werden, der Ministerpräsident Markus Söder wird ihm später nicht einmal die Hand zum Abschied geben. Doch so deutlich wie Ludwig Spaenle wird kein anderer CSUler: "Er soll die Klappe halten", sagt er mehrmals.

2018 endete der Siegeszeug von Ludwig Spaenle im Stimmkreis Schwabing

Spaenle ist Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung. Und er ist gerade auf vielen Plakaten zu sehen: "Ihre Stimme für Respekt und Toleranz" steht darauf. Vor gut 30 Jahren, 1994, zog Spaenle zum ersten Mal im Stimmkreis Schwabing in den Landtag ein. Bis 2018 musste er nur gegen die SPD kämpfen und gewann jedes Mal. Dann änderte sich alles: Christian Hierneis von den Grünen setzte sich mit fast 35 Prozent durch, rund 15 Prozent mehr als Spaenle, der zehn Jahre lang Kultusminister war.

Als Treffpunkt hat Spaenle das Café Münchner Freiheit vorgeschlagen. Fürs Foto setzt er sich gerne neben die Statuen von Monaco Franze und Helmut Dietl. Als der Regisseur 2015 starb, war Spaenle nicht nur als Kultusminister für die bayerischen Schulen zuständig, sondern als Kunstminister auch für die Theater und Museen. Spaenle ist studierter Historiker und Theologe, früher arbeitete er für die BR-Kirchenredaktion.

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Ludwig Spaenle (CSU) hat große Pläne für München

Hätte der 62-Jährige im Landtag wieder etwas zu sagen, würde er alte Pläne aus der Schublade ziehen: Schon 2018 hat er sich in der AZ dafür ausgesprochen, alte Uni-Gebäude an der Theresienstraße abzureißen, um dort einen neuen Museumsbau zu schaffen. Es könnte ein Erweiterungsbau für das Brandhorst-Museum werden, auch Wechselausstellungen kann sich Spaenle vorstellen.

"Es ist die einmalige Chance für einen richtig großen Aufschlag", sagt er. Außerdem würde er gerne die Barer Straße, dort, wo sie an den Pinakotheken vorbeiläuft, von Autoverkehr befreien. Spaenle denkt sogar an einen "gemeinsamen unterirdischen Eingang für alle Museen schaffen – wie beim Louvre in Paris". Wirklich realistisch? "Konkrete Utopien" nennt Spaenle seine Vorschläge. Und meint damit: Von heute auf morgen geht's nicht, wenn man dran bleibt schon.

Der Kunst fühlt sich SPD-Kandidat Lars Mentrup bis heute verbunden

Auch Spaenles Konkurrent von der SPD, Stadtrat Lars Mentrup will sich im Landtag für die Kultur einsetzen – allerdings hat er einen anderen Ansatz. Statt um Prachtbauten, müsste sich der Freistaat um die Künstler kümmern, findet er. Denn Ateliers, Werkstätten, Proberäume fehlen in München, weiß Mentrup. Noch dazu können sich freischaffende Künstler in München auf Förderprogramme des Freistaats gar nicht bewerben.

Auch Lars Mentrup liegt die Kultur am Herzen. Er sitzt für die SPD im Stadtrat und organisert den Corso Leopold.
Auch Lars Mentrup liegt die Kultur am Herzen. Er sitzt für die SPD im Stadtrat und organisert den Corso Leopold. © Daniel Köberle

Die Kunst hat Mentrup erst in die Politik gebracht. Als Student (Mathe und Informatik) lebte er im Domagkareal, damals Europas größte Künstlerkolonie mit etwa 250 Ateliers, untergebracht in alten Kasernengebäuden. Die Stadt plante, alles abzureißen, um Wohnraum zu schaffen. Mentrup setzte sich dafür ein, dass die Künstler bleiben können. Und zumindest ein Haus steht noch.

Mit den Künstlern sei er bis heute verbunden, sagt Mentrup. Ein paar von ihnen gestalteten seine Plakate, die anfangs verwunderten: Zu sehen waren Koi-Fische, Pfingstrosen, Affen – aber nicht Mentrups Gesicht und auch kein Wahlkampf-Spruch. Inzwischen hat er das nachgeholt.

In einer Sache könnten Spaenle und Mentrup sogar zusammen kämpfen

Dass es mit dem Direktmandat schwierig werden könnte, ist Mentrup bewusst. Daran, dass er eine Chance auf ein Landtagsmandat hat, glaubt er trotzdem, sagt er. Dort könnten Spaenle und er für ein gemeinsames Ziel kämpfen: Beide wollen, dass der Englische Garten einen Tunnel bekommt. Seit Mitte der 60er wird er vom Isarring zerschnitten. Das grün-rot geführte Rathaus hat sich eigentlich von dem Projekt verabschiedet. Doch Spaenle und Mentrup halten die Idee trotzdem am Leben.

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Christian Hierneis von den Grünen lehnt den Tunnel wegen der Kosten (die Rede war zuletzt von 200 Millionen) ab. Dafür gibt es ein anderes Projekt, das ihn mit seinem Konkurrenten von der CSU mehr verbindet als mit der eigenen Partei im Rathaus: Hierneis ist (so wie auch Spaenle) gegen den Bau einer Tram durch den Englischen Garten. "Es ist doch nicht logisch, dort eine Tram zu bauen, wo schon Busse fahren", meint Hierneis. Dass die Grünen im Rathaus das mit der Tram anders sehen, sei "ihm wurscht", seine Meinung sage er trotzdem.

Christian Hierneis verbucht die Wasser-Cent-Idee von Markus Söder als Erfolg für sich

Dass ihm die eigene Haltung wichtiger als parteiinterne Befindlichkeiten sind, kommt vielleicht daher, das Hierneis zwar mit seinem Einzug in den Landtag Berufspolitiker geworden, aber trotzdem Aktivist geblieben ist. Seit 2002 ist Hierneis Chef des Bund Naturschutz in München.

"Ich bin in die Politik gegangen, weil ich gemerkt habe: Man kann viel demonstrieren, viele Papiere schreiben. Aber am Ende muss man immer die Politik bitten", sagt Hierneis. Sofort umsetzen, kann der 60-Jährige seine Ideen in Opposition immer noch nicht.

Der Grünen-Landtagsabgeordnete und Chef des Bund Naturschutz Christian Hierneis ist skeptisch, was  Sommerspiele in München betrifft.
Der Grünen-Landtagsabgeordnete und Chef des Bund Naturschutz Christian Hierneis ist skeptisch, was Sommerspiele in München betrifft. © Daniel von Loeper

Natürlich lehne die CSU-geführte Landesregierung seine Anträge immer ab, sagt Hierneis. Trotzdem seien Erfolge möglich. Zum Beispiel fordert er schon lange die Einführung eines "Wasser-Cents". Wasser ist in Bayern bislang kostenlos, egal ob für die Industrie, die Landwirtschaft oder private Haushalte.

Die Gebühren decken nur die Kosten für die Infrastruktur ab, also für Rohre und Pumpen. "Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel das müssen wir in Wert setzen", meint Hierneis. Er glaubt, das würde auch zum Wassersparen anregen. Inzwischen denkt auch Markus Söder laut über einen Wasser-Cent nach. Und Hierneis verbucht das als einen Erfolg für sich.

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  • Vera-Fe am 05.10.2023 08:24 Uhr / Bewertung:

    Haha, "Ideen für das Kunstareal" - als hätten wir keine anderen Probleme - den Spänle vermisst niemand!!

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