Droht nun das totale Verkehrschaos in München? OB Dieter Reiter will Straßenabschnitt für Diesel sperren
München - München muss sein Dieselfahrverbot verschärfen. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vor gut drei Wochen deutlich gemacht. Schon vor dem Urteil hatte sich SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter festgelegt, wie es gelingen kann, zwar die Entscheidung des Gerichts zu respektieren, aber gleichzeitig möglichst wenig Autofahrer einzuschränken. Seine Idee: ein Fahrverbot für Euro-5-Diesel auf einem Abschnitt der Landshuter Allee. In die Innenstadt und auf den anderen Teilen des Mittleren Rings sollten die Diesel aber weiterhin fahren dürfen.
Klingt clever? Das Referat für Klima und Umwelt, das das Gerichtsurteil umsetzen muss, rät in einer neuen, noch nicht veröffentlichen Beschlussvorlage davon ab, ein solches streckenbezogenes Fahrverbot weiter zu verfolgen. Eine Folge wäre ein Wirr-Warr von 351 neuen Schildern, die die Stadt erst beschaffen müsste. Das Referat rechnet mit Kosten von 75.000 Euro – inklusive Montage. Vor Herbst 2024 ist es nach Einschätzung des Referats nicht möglich, das Ganze umzusetzen. Dabei hatte das Gericht auf eine möglichst schnelle Verbesserung der Luftqualität gedrungen.
Schon jetzt dürfen keine Euro-4-Diesel mehr durch die Innenstadt in München fahren
Ursprünglich hatte der Stadtrat einen Stufenplan beschlossen. Momentan dürfen Diesel, die eine Abgasnorm 4 oder schlechter haben, nicht in die Innenstadt und auf dem Mittleren Ring fahren. Anwohner und Lieferverkehr sind davon ausgenommen. Viele andere – etwa alle, die für Arztbesuche, die Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen – trotzdem reinfahren müssen, bekommen eine Erlaubnis vom KVR.
Die nächste Stufe, die eigentlich im Herbst 2023 in Kraft treten sollte, sah vor, dass auch Euro-5-Diesel nicht mehr nach München reinfahren dürfen. Die Ausnahmen sollten aber bestehen bleiben. Das Umweltreferat hat in einer 50 Seiten langen Unterlage miteinander verglichen, was die Folgen sind, wenn der Stadtrat bei seinem ursprünglichen Plan bleibt. Und was passiert, wenn Reiters Idee einer Streckensperrung für Euro-5-Diesel kommt.
Ein Nachteil vom streckenbezogenen Verbot: Mehr Menschen in München wären betroffen
Konkret geht es um den Abschnitt auf der Landshuter Allee (zwischen Georg-Brauchle-Ring und der Einmündung zur BAB A96). Weil der Effekt ansonsten zu gering ausfallen würde, wären viele Ausnahmen nicht mehr möglich. Nach Einschätzung des Referats wären also sogar mehr Menschen betroffen. Die Umsetzung des streckenbezogenen Fahrverbots sei außerdem mit einem hohen Aufwand verbunden. Schon auf der Autobahn A96 müsste die Stadt erste Schilder anbringen. Etwa ein Jahr könne das dauern.
Bei beiden Konzepten – zonalem und streckenbezogenem Fahrverbot – suchen sich die Dieselfahrer voraussichtlich andere Wege. Davon ist vor allem die Verkehrsachse Frankfurter Ring, Wintrichring – Fürstenrieder Straße, Boschetsrieder Straße betroffen. Das Umweltreferat geht davon aus, dass dort bei einem verschärften zonalen Verbot jeden Tag zwischen 2.500 und 3.500 Autos mehr unterwegs sind.
Bei einem streckenbezogenen Fahrverbot ist die Auswirkung mit bis zu 1600 zusätzlichen Autos am Tag auf dieser Verkehrsachse zwar geringer. Allerdings werden voraussichtlich mehr Dieselfahrer versuchen, das Verbot lokal, also in den kleineren Straßen, zu umfahren. Das Umweltreferat rechnet mit 1000 zusätzlichen Pkw rund um den Rotkreuzplatz und zwischen 500 und 800 Fahrten mehr auf der Dachauer und Schleißheimer Straße.
Svenja Jarchow (Grüne): "Die Schleißheimer Straße kann das nicht auffangen"
Ein Szenario, das der Bezirksausschussvorsitzenden der Maxvorstadt Svenja Jarchow (Grüne) gar nicht gefällt: "Die Schleißheimer Straße kann das nicht auffangen." Auch viele Radler seien auf der Schleißheimer Straße unterwegs, schon heute sei es dort eng. Was passiert, wenn jeden Tag 800 Autos mehr dazu kommen? "Dann wird es gefährlich", glaubt sie. Jarchow ist auch Chefin der Grünen in München und sagt: "Fahrverbote sind immer eine Zumutung und wir haben alle gehofft, dass es keine zusätzlichen Regeln braucht." Aber es gehe um die Gesundheit. "Das Gericht fordert zu Recht eine schnelle Umsetzung."
Eine neue Zone einzurichten, würde nach Einschätzung des Umweltreferates nur bis zum 14. Juni dauern. Schneller geht es auch deshalb, weil für das streckenbezogene Fahrverbot die Öffentlichkeit neu beteiligt werden müsste. Jarchows Fazit ist eindeutig: Die Stadt muss zum ursprünglichen Plan zurückkehren. Auch, wenn der OB etwas anderes angekündigt hat. Entscheiden wird der Stadtrat am 16. April.
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