Der TSV 1860 München ohne sportliche Leitung: Jetzt nimmt Präsident Robert Reisinger Stellung
München – Zu Beginn des Jahres 2024 liegt beim TSV 1860 noch viel im Ungewissen. Wer die Löwen als Cheftrainer ins neue Jahr führen soll, ist weiterhin nicht geklärt (die Interimszeit von U21-Coach Frank Schmöller ist abgelaufen), dazu ist Christian Werner noch immer nicht als Nachfolger des im Sommer nach Klagenfurt abgewanderten Sportgeschäftsführers Günther Gorenzel inthronisiert. In einem ausführlichen Statement auf der Webseite des e.V. nimmt Präsident Robert Reisinger Stellung zu den aktuellen Vorgängen bei Sechzig. Die wichtigsten Aussagen listet die AZ hier auf.
Robert Reisinger: Der TSV 1860 braucht einen Sport-Geschäftsführer, keinen Sportdirektor
Robert Reisinger über...
... die Gründe, warum der TSV 1860 gut ein halbes Jahr nach dem Vertragsende von Günther Gorenzel noch immer keinen Nachfolger präsentieren konnte: "Die Kaderplanung für die Saison 2023/2024 sowie die damit in Zusammenhang stehenden Personal- und Transferfragen übernahmen im Sommer der mittlerweile bereits wieder frei gestellte Trainer (Maurizio Jacobacci, d. Red.) zusammen mit dem amtierenden Geschäftsführer (Marc-Nicolai Pfeifer, d.Red.) und zwei Repräsentanten von HAM International. Ein sportfachliches Korrektiv erschien ihnen unnötig. Die eigenen Planungen waren den Handelnden bereits zu weit gediehen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sollte ein Sachverständiger in der Rangordnung unterhalb des Geschäftsführers eingestellt werden. Als Vereinsvertreter haben wir diese Konstellation kritisch gesehen und deshalb auf einem mit Entscheidungskompetenz ausgestatteten Sport-Geschäftsführer beharrt." (...)
"Wir sind aufgrund vielfältiger Erfahrungen der vergangenen Jahre und der speziellen Gesellschafterkonstellation in der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA zur festen Überzeugung gelangt, dass nur ein sportlicher Leiter im Rang eines Geschäftsführers über die erforderliche Handlungsautonomie verfügt."
Reisinger bestätigt Werner-Ablehnung und begründet sie mit missverständlicher Posten-Info
...die Kuriosität, dass Christian Werner mehrfach als Sportdirektor abgelehnt worden ist, nun aber als Geschäftsführer eingestellt werden soll: "Wir haben im Sommer zunächst einen erfahrenen Kandidaten mit 1860-Vergangenheit und beruflicher Expertise in der Bundesliga als verantwortlichen Manager priorisiert (Horst Heldt, d.Red.). Unter seiner Anleitung hätte eine Management-Nachwuchskraft, die nach ihrem Karriereende aus dem Lizenzspielerkader zu uns gestoßen ist, an künftige Aufgaben herangeführt werden können (Stefan Lex, d.Red.). So zumindest war unsere ursprüngliche Idee.
Dieser Wunsch ließ sich jedoch klubpolitisch nicht umsetzen. Unser Mitgesellschafter und der verbliebene Geschäftsführer, der aktuell in Personalunion die Bereiche Sport wie Finanzen verantwortet (Marc-Nicolai Pfeifer, d. Red.), verwehrten sich dagegen. Nach ihrer Vorstellung sollte zu einem späteren Zeitpunkt ein hierarchisch unterhalb der Geschäftsführung angesiedelter Sportdirektor als Zuarbeiter eingestellt werden.
Einer der Bewerber, der über den amtierenden Geschäftsführer kam, weckte durch eine klug gemachte Präsentation unser Interesse (Christian Werner, d.Red.). Wir haben seine Einstellung dennoch zunächst formal abgelehnt. Was aber nicht an seiner Person lag, sondern an der Funktion, die er bekleiden sollte. Wir suchten als Vereinsvertreter ganz bewusst einen Geschäftsführer. Von der amtierenden Geschäftsführung (Marc-Nicolai Pfeifer, d. Red.) wurde uns vermittelt, der Bewerber stünde ausschließlich für die Position des untergeordneten Sportdirektors zur Verfügung.
In späteren persönlichen Gesprächen mit dem Bewerber haben wir einen anderen Eindruck gewonnen. Die Ansicht im Präsidium über die fachliche Eignung hat sich verändert. Eine beeindruckend intensive und detaillierte Analyse der sportlichen Situation durch den Kandidaten ließ uns zur Auffassung kommen, dass die Qualifikation gegeben ist. Wir bewerten als Vereinsvertreter grundsätzlich unabhängig davon, wer sie gemacht hat."
Reisinger vermutet in Verzögerung "politisches Kalkül"
...die Gründe, woran es bei der Sportchef-Besetzung noch hakt und wie die weitere Prozedur verlaufen wird: "Wir waren davon ausgegangen, dass dieser Kandidat zwischen den Gesellschaftern konsensfähig sein würde. Einer raschen Einsetzung sollte daher nichts im Wege stehen. Zumal die Trainerfrage dringend nach einer tragfähigen Lösung verlangt und weitere sportliche Personalentscheidungen anstehen. Doch leider wurden wir enttäuscht. Mittlerweile drängt sich der Eindruck auf, der Klub soll aus politischem Kalkül bewusst in einem künstlichen Zustand der Agonie gehalten werden. Das können wir nicht hinnehmen.
Nachdem unsere Mitgesellschafter eine zur Berufung des Sport-Geschäftsführers erforderliche Sitzung des Beirats platzen ließ, zudem einem alternativ möglichen Umlaufbeschluss nicht zugestimmt hat und erneut auf einer formalen Ladungsfrist besteht, müssen wir geduldig bleiben. Wir tun als Vereinsvertreter alles, um Schaden von der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA abzuwenden."
Auch Präsident Robert Reisinger ruft beim TSV 1860 den Abstiegskampf aus
Abschließend hält Reisinger zwar fest, dass "die Mannschaft in der Hinrunde einige Partien sehr unglücklich verloren hat", Charakter, Einstellung und Mentalität dabei jedoch fast immer gestimmt hätten. Dennoch gibt der Präsident mittlerweile unumwunden zu: "Der TSV 1860 hinkt seinem sportlichen Ziel trotz eines gehobenen Budgets leider sehr weit hinterher. Wir müssen uns dem Abstiegskampf stellen. Es gilt, durch einen neuen Sport-Geschäftsführer und neuen Trainer die nötigen Impulse zu setzen und verschüttetes Potenzial innerhalb der Mannschaft freizulegen."