Dantebad macht dicht: Hier hat es sich erst einmal ausgebadet
München - Wenn sie einen schlechten Tag hat, geht Tanja Schütz schwimmen. Im Dantebad. Dabei treffe sie immer Leute, die sie seit Jahren kennt: "Ich habe beim Schwimmen sogar meinen jetzigen Ehemann kennengelernt." Nach dem Schwimmen fühle sie sich immer frischer und besser.
Das aber soll jetzt ein gutes halbes Jahr nicht möglich sein. Aufgrund der Energiekrise wurde das Dantebad, anders als sonst, Mitte September geschlossen. "Und wer weiß, ob es dann je wieder so wird wie vorher", so die 49-Jährige. Regelmäßige Besucher des Bades wie sie und ihre Bekannte Nicole Ehrenschneider (64) fordern deshalb nun dessen Öffnung – auch für diesen Winter.
Umzug nach München fürs Dantebad
Dazu gehört auch Volker Dahlgrün. Der 85-Jährige ist im Rentenalter mit seiner Ehefrau extra für das Dantebad nach München gezogen. Sie haben eine Wohnung in ein Kilometer Nähe zum Bad bezogen. "Er ist immer noch topfit und man trifft ihn regelmäßig beim Schwimmen", berichtet Schütz von ihrem Schwimmbekannten.
Dahlgrüns Tochter Eva Dahlgrün beschreibt das Schwimmen für ihren Vater als Lebenselixier. "Er geht fünf bis sechs Mal die Woche schwimmen und absolviert seine 2.000 Meter", so die Tochter. Eine weite Strecke – gerade in dem Alter und nach einem Schlaganfall. Außerdem pflege ihr Vater Kontakte im Dantebad, so Eva Dahlgrün. Und auch das ist wegen der Schließung nicht mehr möglich.
Dabei ist Schwimmen ein wichtiger Teil der Gesundheitsvorsorge und der Therapie. Egal, ob Gelenk- oder Muskelschmerzen, Herz-Kreislaufprobleme, Diabetes, Übergewicht oder Depression: Die Sportart bekämpft diese Krankheiten oder beugt diesen vor. Das betont auch das Gesundheitsreferat auf AZ-Nachfrage: "Regelmäßige sportliche Betätigung ist auch aus Sicht des Gesundheitsreferats ein wichtiger Beitrag für die Vorbeugung bzw. Therapie der genannten Erkrankungen." Schwimmen ist auch wichtiger Bestandteil bei Reha-Patienten und für viele die einzig mögliche sportliche Maßnahme, da es die Gelenke schont.
Höheres Infektionsrisiko in Hallenbädern
Nach Schließung des Winter-Warmfreibades bleiben ihnen die Hallenbäder. Schwimmerin Ehrenschneider findet das aber "einen unhaltbaren Zustand". Schließlich gebe es in Hallenbädern ein höheres Risiko, sich mit Corona anzustecken als im Freien. Und das sei vor allem für Risikogruppen ein Problem.
Den Stadtwerken ginge es nur um die Kostenersparnis, so die 64-Jährige. Dabei bestünde beim Dantebad sowohl noch Potenzial bei Finanzen als auch Energieeinsparung. Die Plane, die für die Nacht über das Becken gerollt wird und damit die Wärme halten soll, werde nicht immer verwendet. Außerdem stünde seit Jahren ein Gebäude leer. Früher gab es dort Umkleiden, heute könne man es auch als Fitnessstudio vermieten, so Tanja Schütz.
Unverständlich für sie auch, weshalb einzelne Bahnen nicht mehr an Vereine vermietet werden. Das bringe Geld in die Kasse und die Vereine seien früher auch sehr gerne gekommen. Für völliges Unverständnis sorgt bei der Gruppe auch, weshalb nicht schon längst Sonnenkollektoren auf den Dächern zur Energie- und Wärmegewinnung installiert worden seien. "Genug Platz wäre vorhanden", so die 49-Jährige.
Wie viel Energie die Bäder verbrauchen, sagen die SWM nicht
Außerdem seien Schwimmbäder Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und müssten von den Kommunen bereitgestellt werden, so Ehrenschneider.
"Die Gruppe ist durchaus zu Kompromissen bereit", macht Ehrenschneider deutlich. "Das sogenannte Attraktionsbecken kann zu bleiben, auch sonstige Spaßbecken in den Münchner Bädern müssen dieses Jahr nicht unbedingt betrieben werden."
Und zur Not müssten zuerst die Hallenbäder mit 25-Meter-Becken schließen. Ohne das Dantebad gibt es nur noch das Olympiabad mit trainingstauglicher 50-Meter-Bahn. Auch zu einer niedrigeren Wassertemperatur ist die Gruppe um die Pilotin und die Redakteurin bereit.
Aber, möchte man einwerfen, verbraucht ein Freibad im Winter nicht Unmengen an Heizenergie? Auf den ersten Blick ja: Das Dantebad benötige dreimal so viel Heizenergie wie die Hallenbäder im Durchschnitt, so die Stadtwerke zur AZ. Doch dabei ist nicht berücksichtigt, dass sechs der neun Hallenbäder nur über fünf bis sechs 25-Meter-Bahnen verfügen, zwei weitere über 31- bis 33-Meter-Bahnen und lediglich das Olympiabad über acht 50-Meter-Bahnen.
"Die Schließung des Dantebades ist nicht alternativlos"
Das Dantebad, das die gleichen Maße wie das Olympiabad aufweist, bietet also dreimal so viel Platz für Schwimmer wie eines der 25-Meter-Hallenbäder. Eins davon, das Michaelibad, wird zudem nur mit Gas betrieben. Alle anderen Bäder, samt Dantebad, würden mit Fernwärme versorgt, die nur zu ungefähr der Hälfte aus Gas gewonnen werde, so die SWM.
Eine genau Aufstellung über den Energieverbrauch und die Kosten der Bäder im Vergleich wollte die SWM auf AZ-Nachfrage nicht bereitstellen. Für Ehrenschneider ist jedenfalls klar: "Die Schließung des Dantebades ist nicht alternativlos."
Die Gruppe hofft ein Umdenken bei der Stadt und den Stadtwerken zu bewirken. Für den Fall der Fälle hat sich Ehrenschneider aber schonmal ein Neoprenanzug gekauft, mit dem sie zur Not im Starnberger See schwimmen gehen will. Eine Corona-Infektion will sie vermeiden. Was diese auslösen kann, sieht sie täglich bei ihrer Tochter, die unter Long Covid leidet.