Überschwemmung, Stromausfall, Abstieg: Warum TSV-1860-Trainer Argirios Giannikis nichts mehr überraschen dürfte
München - "Servus zusammen. Ich wünsche uns allen eine gute, professionelle und hoffentlich auch erfolgreiche Zusammenarbeit!" So lauteten die ersten Worte des neuen Löwen-Dompteurs bei seiner Vorstellung. Wer der Mensch und Trainer Argirios Giannikis ist, wie er tickt, welche Erfolge er vorzuweisen hat und unter welch kuriosen Bedingungen der 43-Jährige einst arbeiten musste – die AZ erklärt ihn von A bis Z:
TSV 1860 verpasste Argirios Giannikis einst schmerzhafte Pleite
Ausbilder: Argirios "Agi" Giannikis sieht sich als Talentförderer. "Wenn du als Ausbilder unterwegs bist und Spieler entwickeln möchtest, freut man sich, wenn man Karrieren von Spielern begleiten durfte, die es geschafft haben, wie Hakan Calhanoglu oder Vincenzo Grifo", sagte er einst. Giannikis gilt als Mit-Entdecker des Duos in der Jugend des Karlsruher SC.
BWL: Giannikis hat seine Spielerkarriere nach einigen Verletzungen schon in der A-Jugend des KSC an den Nagel gehängt und stattdessen Betriebswirtschaftslehre studiert.
Co-Trainer: Sieben Jahre lang wirkte Giannikis als Assistent und das stets unter Markus Kauczinski.
Duell mit den Löwen: Im August 2018 empfing er mit dem VfR Aalen den TSV 1860 und kassierte dabei eine deftige 1:4-Heimpleite.
Argirios Giannikis arbeitete schon mit mehreren (Ex-)Löwen zusammen
Essen: Seine erste Station als Cheftrainer, in der Regionalliga. Nach anfänglicher Skepsis überzeugte Giannikis bei RWE. 21 Punkte holte er aus 13 Spielen, bevor er vorzeitig im April 2018 freigestellt wurde – nach der Verkündung seines bevorstehenden Wechsels zu Drittligist VfR Aalen.
Frankfurt: Nicht in seiner Geburtsstadt (siehe N) oder dem Herkunftsland seiner Eltern hat er seine Wahlheimat gefunden, sondern in Frankfurt am Main. Dort hat er seinen festen Wohnsitz mit der Familie – egal, ob Griechenland oder Giesing.
Giannikis: So lautet bekanntlich der Nachname des neuen Löwen-Dompteurs. Im Griechischen entfällt das "g" bei der Aussprache seines Namens, der somit gesprochen "Iannikis" lauten würde. Wie der 43-Jährige betonte, komme er aber auch mit der deutschen Variante Giannikis, bei dem man das erste "I" betont, klar.
Hellas: Giannikis hat zwar griechische Wurzeln und ist der Landessprache mächtig, ist aber im Frankenland geboren und in vielfacher Hinsicht eher Deutscher als Grieche.
Ingolstadt: 2016/17 wechselte Giannikis an der Seite seines langjährigen Bosses Kauczinski zu Bundesligist FC Ingolstadt. Nach nur zehn Spieltagen musste das Trainerduo schon wieder gehen. Zwei alte Bekannte wirkten zu dieser Zeit ebenfalls bei den Schanzern: Stürmer Stefan Lex und Fitnesscoach Jörg Mikoleit.
Zeit beim Karlsruher SC formte Argirios Giannikis zum Profi-Trainer
Jugendfußball: Über die Stationen Phönix Mannheim, VfL Neckarau und KSC, wo er überall als Jugendtrainer tätig war, schaffte Giannikis seinen Einstieg ins Trainergeschäft.
KSC: Sein halbes Trainerleben verbrachte er in Karlsruhe, von 2007 bis 2016. Als Trainer der Jugend, der Zweiten Mannschaft, als Interims-Co-Trainer der Profis und schließlich als Assistent.
Lizenz: Giannikis entstammt dem berühmt gewordenen Trainerlehrgang des Jahres 2016: Damals erwarb der Grieche seine Fußballehrer-Lizenz gemeinsam mit Julian Nagelsmann und Domenico Tedesco. Mit beiden steht Giannikis bis heute in Kontakt. Kurioserweise waren damals auch Marco Antwerpen und Holger Bachthaler dabei, die in den letzten Wochen ebenfalls als Kandidaten bei 1860 gehandelt wurden.
Marcel Bär: Giannikis trainierte den Ex-Löwen-Torjäger einst in Aalen – und musste ihn 2019 zum Ärger der Fans zu Eintracht Braunschweig ziehen lassen.
Nürnberg: Griechische Wurzeln hat er zwar, doch Giannikis ist in Nürnberg geboren, im Frankenland. Er dürfte also auch den ein oder anderen Bierkeller kennen.
Argirios Giannikis: Aufstieg und Ehrung in Griechenland
Odysseus: Auf AZ-Nachfrage wollte sich Giannikis bei seiner ersten PK nicht der griechischen Mythologie bedienen, was seine blaue Mission anbelangt. Vielmehr wolle er "den Löwen erwecken". Bleibt zu hoffen, dass es keine Irrfahrt in Form einer Odyssee wird, sondern eine Herkules-Geschichte.
PAS Ioannina: 2019/20 ging der Franke zurück zu seinen Wurzeln und heuerte beim griechischen Zweitligisten an. Mit sieben Punkten Vorsprung schaffte er den Aufstieg in die Super League – weil die Saison wegen Corona abgebrochen wurde. Im Oberhaus folgte ein achtbarer achter Platz. Die Belohnung: Er wurde zu Griechenlands Trainer des Jahres gewählt. Nicht zuletzt deshalb, weil er bei dem kleinen Klub aus wenig viel machte – trotz teils katastrophaler Bedingungen wie einem wochenlang überschwemmten Rasen wegen fehlender Drainage. Daher hieß es für Giannikis und Co. öfter: Hallentraining! Der Mann dürfte ganz gut gewappnet sein fürs Löwen-Chaos.
Querelen: Die unschöne Seite des Fußballgeschäfts lernte Giannikis in Essen kennen: Die Fankurve forderte mit einem beleidigenden Plakat seinen Rauswurf. Fans wie Verein hatten ihm seinen Wechsel zu Aalen übelgenommen.
Relegationskrimi: Unter Kauczinski hätte sein Höhenflug mit dem KSC sogar in die Bundesliga führen können, doch in der Relegation 2015/16 scheiterten die Karlsruher dramatisch am HSV. Die Führung der Hausherren glich Hamburg in der Nachspielzeit aus und siegte nach Verlängerung.
Silber: Der griechische Name "Argirios" bedeutet "der Silberne". Nachdem der zweite Platz auf dem Drittliga-Stockerl für 1860 außer Reichweite liegt, könnte Giannikis vorerst durch den Klassenerhalt glänzen.
Giannikis kennt Abstiege gegen Jahn Regensburg
Traditionsvereine: KSC, Essen, AEK Athen – Giannikis weiß, wie es ist, für einen Traditionsverein zu arbeiten. Dies war nach AZ-Informationen für Sport-Geschäftsführer Dr. Christian Werner auch ein entscheidendes Kriterium, ihn zu 1860 zu holen.
Umgänglich: Der 43-Jährige zeigt sich als Kommunikator und Kumpeltyp. "Ich bin ein kommunikativer Trainer, Transparenz und Ehrlichkeit sind mir wichtig. Die Spieler wissen immer, woran sie sind bei mir", sagt er.
Vaterfreuden: Giannikis hängt sein Privatleben nicht an die große Glocke. Bekannt ist aber, dass er im Jahr 2018 zum zweiten Mal Vater geworden ist.
Wiederaufstieg: In der Spielzeit 2011/12 musste Giannikis als Co-Trainer des damaligen Zweitligisten KSC den Abstieg in der Relegation gegen Jahn Regensburg hinnehmen (kennt man in Giesing), schaffte danach aber den direkten Wiederaufstieg ins Unterhaus.
Giannikis musste auf Trainingsgelände im Dunkeln übernachten
X-ter Trainer: 1860 würde ihn so gerne finden, den Löwen-Dompteur der Neuzeit, den nächsten Werner Lorant. Daniel Bierofka geht als Retter und Aufstiegsheld in die blaue Historie ein, Menschenfänger Michael Köllner sorgte für einen Aufschwung ohne Krönung, Maurizio Jacobacci blieb der Erfolg verwehrt. Ob Giannikis nachhaltige Spuren bei Sechzig hinterlassen kann?
Yeti: Eine der ersten Aktionen des neuen Dompteurs: Er wanderte mit dem Team um Kapitän Jesper Verlaat den Wallberg hoch, zum Schlittenfahren und machte die Sechzger zu Schneelöwen. Begegnungen mit winterlichen Fabelwesen sind dagegen nicht überliefert.
Zappenduster: Eine Anekdote aus Giannikis' Amtszeit bei Ioannina: Dort schneite es nach dem Training einmal so stark, dass das Trainerteam das Vereinsgelände ob der Schneemassen nicht mehr verlassen konnte – und nach einem Stromausfall auch noch im Dunkeln übernachten musste.