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Münchens Rathaus-Regierung konnte bislang nicht viele Radl-Versprechen halten

Beim Radverkehr hatte Grün-Rot große Ziele. Doch was wurde in den vergangenen drei Jahren wirklich gebaut? Die Bilanz fällt ernüchternd aus.
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Ganz stolz haben die Grünen ein kleines Stück ihres grünen Altstadt-Rings eingeweiht: Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Mitte) mit den Stadträten Gudrun Lux und Christian Smolka.
Ganz stolz haben die Grünen ein kleines Stück ihres grünen Altstadt-Rings eingeweiht: Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Mitte) mit den Stadträten Gudrun Lux und Christian Smolka. © Grüne

München - Wahrscheinlich gibt es kein Thema, für das – besonders die Grünen – in den vergangenen drei Jahren so sehr gescholten wurden wie für den Radverkehr.

Aus der Opposition von der CSU heißt es: Für die Grünen gebe es gar kein anderes Thema mehr und es werde viel zu viel Geld dafür verschwendet, München ohne Rücksicht auf Verluste in ein Paradies für lastenradfahrende Gutverdiener aus Haidhausen zu machen.

Radverkehr in München: Was wurde aus den Versprechen von Grün-Rot?

Aber auch die Radlaktivisten sind nicht zufrieden. Sie demonstrieren regelmäßig, weil ihnen die Umsetzung des Radentscheids zu langsam geht. 160.000 Münchner haben schon 2019 dafür unterschrieben, dass die Radinfrastruktur besser werden soll.

In dieser Serien-Folge blickt die AZ darauf, welche Versprechen Grüne und SPD für den Radverkehr in ihrem Koalitionsvertrag gemacht haben – und was daraus wurde.

"Im Bereich des Radverkehrs verwirklichen wir die Ziele des Radentscheids bis 2025. Das zugehört der Altstadtradlring"

Dass der Altstadt-Radring bis 2025 fertig werden soll, ist nicht mehr zu schaffen. Derzeit sind laut Mobilitätsreferat 11,7 Prozent gebaut. 73,6 Prozent der Strecke sind gerade in Planung oder werden erst mal noch verkehrlich untersucht.

Das heißt: Große Teile existieren noch nicht mal auf dem Papier. 14,7 Prozent sind laut Mobilitätsreferat "in einem abschnittsweise vergleichsweise guten Zustand und wurden deshalb zunächst zurückgestellt".

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Auch bis 2025: "Sichere und komfortable, farblich abgesetzte Radwege mit dem Ziel einer Mindestbreite von 2,30 Meter und einer ganzjährigen Nutzbarkeit, mindestens überall dort, wo Pkw und Lkw schneller als Tempo 30 fahren dürfen."

Schon in der vorherigen Legislatur hat der Stadtrat 2019 beschlossen, in gut 40 Straßen auf beiden Seiten neue, breitere oder besser markierte Radwege zu schaffen. Weil das alles auf einmal nicht zu schaffen wäre, hat der Stadtrat die Straßen in Maßnahmenbündel aufgeteilt. Fertig ist von diesen Straßen aber noch keine einzige. In der Umsetzung sind laut Mobilitätsreferat gerade mal drei Projekte: die St.-Magnus-Straße, die Zeppelinstraße, die Querung Stadelheimer Straße.

Bei acht Projekten ist zumindest die Planung fertig und die Öffentlichkeit wurde bereits beteiligt (Boschetsrieder Straße, Domagkstraße, Martin-Luther-Straße/Giesinger Berg, Pilgersheimer Straße, Rheinstraße, Englschalkinger Straße, Elisenstraße, Vollmannstraße). An 25 Projekten plant das Mobilitätsreferat aber noch.

Deutlich schneller ging es bei den Pop-up-Bike-Lanes, die die Stadt während der Pandemie provisorisch auf die Straße malte und die dann blieben: Sie befinden sich in der Elisen-, Theresien- und Rosenheimer Straße.

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"Weitere wichtige Maßnahmen im Bereich des Radverkehrs sind: Radschnellwege in München und in die Nachbargemeinden."

Auch da läuft es zäh. Wie ein Stern sieht das Netz für die sechs neuen Radschnellwege aus, wenn es einmal fertig ist. Diese mindestens drei Meter breiten Trassen führen von der Münchner Innenstadt ins Umland.

Allerdings: Im Bau ist gerade mal ein Mini-Teilstück am Lenbachplatz, aus dem einmal der Radschnellweg Richtung Garching und Unterschleißheim werden soll. Dazu muss man wissen: Dieser Abschnitt gehört auch zum Altstadtradring – so dass es diese Baustelle wohl so oder so gegeben hätte. Einen weiteren Radschnellweg plant die Stadt vom Lehel bis nach Markt Schwaben. Alle anderen Radschnellwege hat die Stadt erst einmal zurückgestellt.

Ursprünglich hatte die Stadt nämlich auch Trassen nach Dachau, Oberhaching, Starnberg, Fürstenfeldbruck und einen Radlring überprüfen lassen. Alle bis auf den Ring kommen für eine Förderung in Frage. Doch konkreter angehen, will die Stadt trotzdem erstmal nur eine.

"Bei Stegen und Brücken werden prioritär die Rad- und Fußwegeverbindung Giesinger Brücke sowie eine Rad- und Fußwegeverbindung über die Braunauer Eisenbahnbrücke realisiert. Weitere Projekte wie der Klenzesteg sollen folgen."

Schon seit 2002 gibt es immer wieder Anläufe, am Giesinger Berg eine Brücke für Radler und Fußgänger zu schaffen. Gerade plant das Baureferat einen Entwurf.

Auch ein Radweg auf der Braunauer Eisenbahnbrücke über die Isar ist schon lange eine Forderung. Aber von der Umsetzung sind beide Brücken noch recht weit weg. Dieses Frühjahr soll der Stadtrat bei beiden Projekten erneut über die weiteren Planungen entscheiden.

Beim Klenzesteg (auch eine Isarüberquerung zwischen der Reichenbach- und der Wittelsbacherbrücke) liegen die Planungen ganz auf Eis. Es gibt zwar ein Wettbewerbsergebnis, allerdings müsste das Projekt "hinsichtlich Kosten/Nutzen mittelfristig genauer betrachtet werden", schreibt das Mobilitätsreferat.

"Bike+Ride (Abstellanlagen & Fahrrad-Parkhäuser an S- und U-Bahn), Rad- & Lastenrad-Verleihsystem und Fahrradabstellmöglichkeiten im Öffentlichen Raum werden massiv ausgebaut."

Einen Stellplatz fürs Rad zu finden wurde einfacher: Insgesamt hat die Stadt in dieser Legislatur etwa 7.350 Fahrradstellplätze errichtet, davon sind zirka 1.100 überdachte Fahrradstellplätze und 50 Lastenradstellplätze.

Am Hauptbahnhof, wo früher die Autos parkten, soll eine Tiefgarage für 1.160 Räder entstehen. Doch diese Anlage kostet über 20 Millionen Euro und reicht trotzdem nicht, um den Bedarf an Radstellplätzen am Hauptbahnhof zu decken.

Ein richtiges städtisches Lastenrad-Verleih-System gibt es noch nicht. Für dieses Jahr hat sich das Mobilitätsreferat allerdings eine Pilotierung eines E-Lastenradsystems vorgenommen. Momentan kann man zum Beispiel an den Stadtbibliotheken in Giesing und Sendling zwei Lastenräder ausleihen.

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"Weitere wichtige Maßnahmen im Bereich des Radverkehrs sind: Förderung von muskelbetriebenen Lastenrädern und Anhängern."

Der Stadtrat hat eine neue Förderung für "Klimaneutrale Antriebe" beschlossen. Mit ihr können Münchner zum Beispiel 500 Euro Zuschuss beim Kauf eines Lastenrades bekommen. Fahrradanhänger bezuschusst die Stadt mit maximal 250 Euro. Für Inhaber eines München-Passes, also für Menschen, die netto weniger als 1.660 Euro verdienen, verdoppeln sich die Fördersätze.

Momentan arbeitet die Stadt noch an einer Software, damit die Münchner die Anträge unkompliziert im Internet stellen können. Das Förderportal soll in der zweiten Jahreshälfte fertig sein. Bis dahin muss man sich per Mail (mobil.rku@muenchen.de) für eine Förderung anmelden – und zwar bevor man ein neues Rad kauft.

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12 Kommentare
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  • Wickie712 am 20.03.2023 07:17 Uhr / Bewertung:

    Braunauer Brücke eine Brücke daneben setzen, keinen Steg (Arnulfsteg).
    Ausbau der Radwege ja, Schwabing reinstes holpern, Lindwurmstr, ebenso.

    Stehen die 3 auf dem Bild in die falsche Fahrtrichtung?

  • wore am 17.03.2023 17:40 Uhr / Bewertung:

    "Bei Stegen und Brücken werden prioritär die Rad- und Fußwegeverbindung Giesinger Brücke sowie eine Rad- und Fußwegeverbindung über die Braunauer Eisenbahnbrücke realisiert. Weitere Projekte wie der Klenzesteg sollen folgen."
    Es werden wieder nur wieder Stege geplant, ohne sich Gedanken an die Verkehrsanbindung zu machen (Negativbeispiel Arnulfsteg).
    Ein Steg über die Braunauer Brücke hätte erst einen Sinn, wenn Radfahrer Richtung Osten entlang der Bahntrasse bis zum Ostfriedhof fahren könnten.
    Der Steg über die Giesinger Kreuzung ist gar keine Lösung der vielseitigen Probleme dort. Die Idee, dort den Kfz-Verkehr in den Untergrund zu verlagern halte ich für viel besser. Es gibt die "Petition Giesinger Berg", an der man sich beteiligen kann.
    Klenzesteg ist mir neu.

  • derfla am 17.03.2023 16:04 Uhr / Bewertung:

    Warum Zuschüße für Lastenfahrräder? Diese Räder benützen überwiegend finanziell besser gestellte.
    Warum soll die Allgemeinheit dafür aufkommen? Diese Unterstützung ist genauso perfide wie die Subventionen für E Autos. Auch hier profitieren meistens nur die finanziell Bessergestellten.
    Wenn man dann noch sieht wie sich diese Lastenfahrrad-Fahrer im normalen Verkehr verhalten, müßten sie über ein Nummernschild erkennbar sein und auch eine Versicherungpflicht wäre angemessen. Dieses Klientel glaubt überwiegend das alle anderen Verkehrsteilnehmer auf sie aufpassen müßen und sie einen Freifahrtsschein haben

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