Interview

München: Paulaner-Chef Andreas Steinfatt nimmt Abschied – wann er am liebsten im Boden versunken wäre

Nach 28 Jahren verlässt Paulaner-Chef Andreas Steinfatt die Brauerei aus München. Im AZ-Interview erzählt er von seinem allerersten Nockherberg – und wie aufgeregt er vor seinem letzten ist.
Ruth Frömmer
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Ende der Woche muss Andreas Steinfatt seinen Platz in der Paulaner-Zentrale räumen. Wer im nächsten Jahr die Gäste auf dem Nockherberg begrüßen wird, ist noch ungewiss.
Ende der Woche muss Andreas Steinfatt seinen Platz in der Paulaner-Zentrale räumen. Wer im nächsten Jahr die Gäste auf dem Nockherberg begrüßen wird, ist noch ungewiss. © Sigi Müller

München - Er war das Gesicht von Paulaner. Zum 1. März verlässt Andreas Steinfatt die Gruppe. Die Geschäftsführung bildet dann ein Trio aus Jörg Biebernick, Sebastian Strobl und Thomas Drossé.

AZ: Herr Steinfatt, zum letzten Mal begrüßen Sie die Gäste auf dem Nockherberg. Wie fühlen Sie sich?
ANDREAS STEINFATT: Ich bin nach wie vor aufgeregt. Am Sonntag habe ich das Singspiel zum ersten Mal auf der Bühne gesehen. Das ist immer ein besonderes Erlebnis. Jetzt geht es in die finalen Vorbereitungen, ich schreibe meine Begrüßungsrede fertig und dann freue ich mich auf den Mittwoch.

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Erinnern Sie sich ans erste Mal?
Ja, und wie! Das war extrem aufregend. Damals wurde noch eine lange Liste an Politikern persönlich begrüßt, bis zu 40 Politiker und Gäste. Und da ist mir ein Fauxpas passiert. Ich bin auf der Liste einen Namen nach unten verrutscht, und dann habe ich den damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland Pfalz Kurt Beck mit "Herzlich Willkommen, lieber Herr Koch" begrüßt. In dem Augenblick wollte ich auf den Knopf drücken und durch das Bühnen-Falltor im Boden versinken. Aber Herr Beck hat es mit Humor genommen.

Andreas Steinfatt (55) im AZ-Interview.
Andreas Steinfatt (55) im AZ-Interview. © Sigi Müller

Wer war denn Ihr Vorgänger?
Peter Kreuzpaintner. Er war 26 Jahre lang Geschäftsführer bei Paulaner. Damals hat der Nockherberg ja noch am Vormittag stattgefunden und wurde nicht live übertragen, sondern erst am Freitag gesendet.

Paulaner-Chef Andreas Steinfatt tritt ab: "Kommt ein Lebensabschnitt, vor dem ich großen Respekt habe"

Im letzten Jahr sagten Sie in Ihrer Rede, dass man in Zeiten der Veränderung Halt in den Traditionen findet. Nun geben Sie die Tradition Ihres Lebens, Paulaner, auf. Wie schwer war das?
So eine Entscheidung trifft man nicht über Nacht. 28 Jahre lang, mehr als die Hälfte meines Lebens, bin ich jeden Tag in der Früh aufgestanden, und ich wusste, dass ich bei Paulaner bin. Jetzt kommt ein Lebensabschnitt, der sicherlich spannend ist, vor dem ich aber auch großen Respekt habe. Aber es gibt viele Veränderungen in der Brauerei-Gruppe und deswegen habe ich mich entschieden, einen neuen Weg zu gehen.

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Was gibt Ihnen jetzt Halt?
Das großartige Feedback und die Wertschätzung, die ich in der Brauerei erfahre. Aber auch extern, sei es von Kunden, Geschäftspartnern, aber auch von Wettbewerbern und kleinen Brauereien. Das hätte ich in dem Maß nicht erwartet und macht mich stolz. Vielleicht liegt es daran, dass ich alles immer mit sehr viel Herzblut und Leidenschaft gemacht habe.

Welchen Stellenwert hat der Nockherberg in Ihrem Leben?
Ganz ehrlich, vor Paulaner habe ich den Nockherberg nur am Rande wahrgenommen. Aber für Paulaner ist das neben dem Oktoberfest die wichtigste Veranstaltung. Die Vorbereitung nimmt Monate in Anspruch. Und wenn man sieht, wie aus einer ersten Idee langsam ein Schuh wird, die Beteiligten Spaß haben und man die ersten Zusagen von Politikern kriegt, dann ist das immer wieder wunderbar.

Die Paulaner-Zentrale am Fuß des Nockherbergs.
Die Paulaner-Zentrale am Fuß des Nockherbergs. © Sigi Müller

Kann man die Werbewirkung der Salvatorprobe irgendwie in Zahlen festmachen?
Man kann das über Kontakte, Fernsehzuschauer etc. auswerten und schon sagen: Der mediale Wert ist sehr hoch.

Schleimspur und KZ-Vergleich: "Der Nockherberg polarisiert immer"

Es gab auch regelmäßig Skandale rund um die Starkbierprobe. (Django Asül setzte Markus Söder auf eine Schleimspur, Michael Lerchenberg brachte einen KZ-Vergleich, d. Red.). Hat das dem Nockherberg geschadet oder gar genutzt?
Der Nockherberg polarisiert immer wieder. Es jedem recht zu machen, ist schwierig. Ein bisserl Würze muss schon mit drin sein. Die Zuschauer wollen kein Weichspülprogramm. Aber mit den Skandalen muss man auch umgehen können. Denn dass die Politiker immer wieder kommen, ist ein Privileg, das die Veranstaltung Nockherberg ausmacht. Man muss dafür sorgen, dass die Derbleckten auch jedes Jahr wieder kommen.

Mal ganz ehrlich: Hat die Brauerei wirklich nie Einfluss auf die Künstler genommen?
Nein. Die Künstler sprechen das vorher mit uns durch, aber wir zensieren nicht. Das ist so und soll hoffentlich auch so bleiben.

Angenommen, Annalena Baerbock würde kurzfristig ihre Teilnahme zusagen: Würden Sie Maxi Schafroth dann nicht bitten, sie noch in seine Rede zu integrieren?
Das läuft eher anders herum. Maxi Schafroth fragt uns immer wieder: Wer hat schon zugesagt? Auf wen muss ich noch Acht nehmen? Beim Singspiel wäre es schwierig, kurzfristig eine Rolle zu integrieren.

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Wie oft haben sich Politiker persönlich bei Ihnen beschwert?
Ganz selten. Das intensivste Thema war damals mit Guido Westerwelle. Der hat mich gebeten, von zukünftigen Einladungen abzusehen. Auch Barbara Stamm beschwerte sich, weil Luise Kinseher ihr angeblich zu frauenfeindlich war. Es ist schon wichtig, dass die Politiker gern kommen, derbleckt werden, aber auch erhobenen Hauptes wieder rausgehen. Natürlich will der Zuschauer die Schärfe, aber es sollte oberhalb und nicht unterhalb der Gürtellinie bleiben.

Vor dem Paulaner-Abschied: So will Andreas Steinfatt durch seinen letzten Nockherberg kommen

Wer war ihr liebster Fastenredner oder -rednerin?
Ich kann nicht einen nennen. Mir liegen alle am Herzen. Django Asül hatte ein kurzes Intermezzo. Luise Kinseher hat es jahrelang sehr gut gemacht. Sie war immer wieder in der Kritik, weil sie zu hart oder zu weich war. Und bei Schafroth beeindruckt mich, dass er sich trotz aller Kritik wieder da hinstellt.

Gibt es einen Nockherberg, der Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Der abgesagte im Jahr 2020. Die Schauspieler waren bei der Probe und da musste ich ihnen sagen: Das funktioniert nicht. Dann sind wir runter in den Salvatorkeller gegangen, haben uns den Frust von der Seele getrunken und gesungen. An dem Abend haben wir das ganze Singspiel noch einmal durchgespielt und es war dann trotzdem eine ganz besondere Stimmung. Auch der digitale Nockherberg ist mir in Erinnerung. Da bin ich mit Maske in die Staatskanzlei und habe dem Ministerpräsidenten den Krug überbracht. Respekt vor Maxi Schafroth, wie er das ganz ohne Gäste umgesetzt hat.

Und wer wird Ihr Nachfolger?
Ich weiß es nicht.

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Haben Sie sich für Ihre letzte Rede etwas Besonderes überlegt?
Ich werde das hoffentlich so professionell wie die letzten Jahre durchziehen. Aber ich erlaube mir, mich noch kurz zu bedanken. Und dann hoffe ich, dass ich da emotional vernünftig durchkomme.

Sind Sie aufgeregt oder eher entspannt wie nie?
Es ist wesentlich aufregender und emotionaler als die Jahre zuvor. Es ist mein letzter Nockherberg. Ich hoffe, dass ich das einigermaßen gut durchbringe – vor den Fernsehkameras.

Und was machen Sie am 29. Februar?
Da werde ich ins Büro gehen, mit dem Team die Berichterstattung durchgehen. Wenn es etwas gibt, werde ich mich nicht davonschleichen. Dann habe ich noch eine Aufsichtsratssitzung, da werde ich mich verabschieden. Und dann ziehe ich hier aus.

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  • dakaiser am 28.02.2024 16:18 Uhr / Bewertung:

    Der mit großem Abstand beste Redner war der Sedlmayr und der großartige Fitz, der so fantastisch den FJS nachmachen konnte.

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