Singspiel am Nockherberg: So kommen Markus Söder, Hubert Aiwanger und Olaf Scholz weg

Viele Pointen, aber zu wenig echte Story: So war das Singspiel auf dem Nockherberg 2024. Was die AZ-Kritikerin vermisst hat – und wie die Autoren mit der AfD umgegangen wird.
Heidi Geyer |
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Katharina Schulze als Barbie, Robert Habeck und der kleine Prinz Christian (Lindner).
Katharina Schulze als Barbie, Robert Habeck und der kleine Prinz Christian (Lindner). © BR/Markus Konvalin

München - Albträume, ja wer hat die nicht in diesen Tagen. Auch unsere Politiker. Für Markus Söder und Martin Huber (CSU) sind es Katharina Schulze (Grüne) und Hubert Aiwanger (FW). Ausgerechnet mit diesen Horrorfiguren teilen sie das Bett. Der feine Unterschied: Mit den Grünen koaliert keiner, mit Aiwanger schon.

Die Politiker aus München und Berlin geistern nach dem Fasching in Veitshöchheim durch ein verlassenes Krankenhaus, das man ruhig als "Lost Place" bezeichnen darf. Das Bühnenbild, simpel aber treffend: Was für Dinge sich hinter diesen Türen und Vorhängen verbergen. Fast vermisst man Florian von Brunn in seinem bauchfreien Barbie-Kostüm, das bei Christsozialen gewisse Ängste geschürt haben soll, wie die AZ erfahren hat.

Verirrt im verrückten Krankenhaus: Da kann man als Politiker schon mal Schreikrämpfe bekommen.
Verirrt im verrückten Krankenhaus: Da kann man als Politiker schon mal Schreikrämpfe bekommen. © Sven Hoppe/dpa

Aber dem Söder, dargestellt von Thomas Unger, langen allem Anschein nach schon die Anwesenden. Bei der Besetzung tauchen viele Namen aus dem Vorjahr auf, frei nach dem Motto: Never change a winning team (Anm.: Tausche nie ein gewinnendes Team aus).

Das Singspiel auf dem Nockherberg in München: Parodien auf Söder, Aiwanger und Scholz

Der jüngst zu Abba hüftschwingende Söder hätte heuer viele gute Anhaltspunkte hergegeben, ein Blick in seinen Instagram-Kanal langt eigentlich schon. Erstaunlich blass bleibt die Figur, ein bisschen mehr Breitbeinigkeit hätte er schon vertragen. Aber dann geschieht es doch: Zwar mit La Boum statt Abba, doch der Song "Dreams are my reality" könnte passender nicht sein. Dass er gerne mal (ab)sägt – ein passendes Bild.

Ausgerechnet seine Kernkompetenz, den niederbayerischen Dialekt, verliert wiederum Aiwanger (Stefan Murr) in seinem persönlichen Albtraum. Ein bisschen arg zahm kommt der Freie Wähler-Chef rüber, dessen Auftritte in Erding und rund um das Flugblatt den halben Freistaat in Atem hielten. Von der Nonchalance, die Aiwanger seit dem letzten Nockherberg eher noch perfektioniert hat, spürt man wenig.

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Auch der irritierend tattrige Friedrich Merz (David Zimmerschied) taucht als Pippi Langstrumpf auf und hat dabei viel von seiner schneidenden Schärfe aus der Realität eingebüßt. Nikola Norgauer spielt Olaf Scholz, der eigentlich genau dasselbe macht wie im Vorjahr, mit einer Ausnahme: Er sediert diesmal nicht nur mit Worten. Treffend, nur fehlt der neue Ansatz. Aber wer weiß: Der neue Ansatz fehlt schließlich auch dem Kanzler, insofern könnte dies durchaus beabsichtigt sein.

Martin Huber (von links), Markus Söder, Katharina Schulze, Robert Habeck, Friedrich Merz und Christian Lindner lauschen dem "Hubsi".
Martin Huber (von links), Markus Söder, Katharina Schulze, Robert Habeck, Friedrich Merz und Christian Lindner lauschen dem "Hubsi". © BR/Markus Konvalin

Zwischen Albträumen und Realität: Die politische Farce auf dem Nockherberg

Die Lacher auf seiner Seite hat wiederum der kleine Prinz der Ampel, der auch im Nockherberg jenen darstellt. Warum, erschließt sich zwar nicht, aber die Reizfigur Lindner (Christian Pfeil) hat die Lacher auf seiner Seite. Ob Antoine de Saint-Exupéry das goutieren würde, wenn dieser liberale Lackl den schönen Satz "Man sieht nur mit dem Herzen gut!" sagt? Getoppt wird das nur von Dieter Reiter (SPD), der als "einzige Biene, die Markus Söder je gerettet hat", über den Nockherberg fliegt. Seit Jahren begeistert Gerhard Wittmann in dieser Rolle. Der echte Reiter wird ihm einen Großteil seiner überregionalen Bekanntheit zu verdanken haben.

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Denn der Nockherberg kann Politiker auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt machen. So geschehen im Vorjahr bei CSU-Generalsekretär Martin Huber. Den kannte erst keiner, dann kannten sie ihn alle. Huber, dargestellt von Roland Schreglmann, huldigt seinem Chef und muss ein paar Zoten über seinen abgegebenen Doktortitel aushalten. Katharina Schulze (Sina Reiß) tritt gewohnt offensiv und mit einer Nuance von Rotzigkeit auf.

Hubert Aiwanger schleppt einen Heizkörper, Habeck und Scholz schauen zu.
Hubert Aiwanger schleppt einen Heizkörper, Habeck und Scholz schauen zu. © BR/Markus Konvalin

Alte Politiker-Weisheit: Wichtig ist in Bayern nur, wer auch im Singspiel vorkommt. Nun gehört auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) zu diesem exklusiven Kreis. Mit einem Hauch von Mistbritschn und einer Prise Wirtshausdirndl spielt Judith Toth die "schwarze Mamba", wie Kaniber im Berchtesgadener Land genannt werden soll. Tatsächlich sieht man die resolute Landwirtschaftsministerin oft im Samtdirndl mit schwarzer Spitze und Yves Saint Laurent-Handtasche – ob sie darin wirklich Würstl mit sich trägt, ist nicht bekannt. Zuzutrauen wäre es ihr aber.

Keine Einladung der AfD auf dem Nockherberg – trotzdem Thema im Singspiel

So wie sie sonst Cem Özdemir angeht, kriegt es Robert Habeck (Thomas Limpinsel) ab, leicht zu erkennen an Umhängetasche und Norwegerpulli. Ab und zu schwadroniert er mit preußischem Intellektuellengelaber ("vegane Vampire, so als Chiffre"), damit hat sich das Ganze.

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Ganz ohne die AfD kommt das Singspiel heuer auch nicht aus, auch wenn die Nachtschwester (Natalie Hünig) schnell vom Grundgesetz weggehauen wird. Man geht weder zu beschwingt, noch zu geknickt aus diesem Singspiel heraus: Ernst wird's zum Schluss, und doch nicht moralinsauer – Söder kriegt die Krise, weil irgendein Beamter gegendert hat.

Wenn es in der Realität doch auch so wäre, dass alle diese Probleme irgendwo, irgendwann gelöst werden. Mögen wir hoffen, dass alle anwesenden Herrschaften sich diese Botschaft etwas zu Herzen nehmen – auch ganz ohne Cannabiszapferl.

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  • JerryH am 01.03.2024 10:25 Uhr / Bewertung:

    Die Demokratie ist sowieso am Ende wenn man die Ausführung bezüglich zum Thema der AfD welche nicht eingeladen wurde diese ab trotzdem im Singspiel mehrfach benennt.
    Es mag vielleicht sein dass in der Partei vielleicht Leute gibt die sich etwas anders ausdrücken als der sogenannten demokratischen Parteien aber trotzdem sind es mittlerweile ca.11 Millionen Wähler.
    Des weiteren sollte der Wähler sich mal Sätze von Herrn Adenauner Wehner Strauß usw.anhören bzw lesen dann bekommt das Bild gleich eine andere Sicht.
    Unverschämt einfach. Nur mal so zum Nachdenken.

  • Der Münchner am 29.02.2024 11:24 Uhr / Bewertung:

    Singspiel war nicht gut!
    Zu wenig Erkennbarkeit vieler der Schauspieler mit Ihren Politikern! (Reiter, Kaniber u. Krause gut)
    Zu wenig Pep, bzw. Rythmus im Stück!
    Bühnenbild, vor allem Kostüme eher Peinlich!
    Musik auch nicht gut!
    Das Ganze eher mau!

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