Ausraster im Hotel: So tickt Kevin Großkreutz
Nach der Pokalniederlage gegen Bayern randalierte Nationalspieler Kevin Großkreutz in einem Berliner Hotel, soll sogar in die Lobby uriniert haben – nicht der erste Eklat des BVB-Stars. Was Bosse und Kollegen sagen, wie der 25-Jährige tickt.
St. Leonhard - Hätte er doch einfach ein Mentos-Kaugummis dabeigehabt. Von denen sagt Kevin Großkreutz schließlich in der TV-Werbung: „Da bleibt man die ganze Halbzeit von cool.“ Cool, das war er ganz sicher nicht in der Nacht nach dem verlorenen DFB-Pokalfinale gegen die Bayern.
Schon auf der Dortmunder „Party“ im Berliner Club „Kraftwerk“ mit 1800 Gästen war Großkreutz schlecht drauf, legte sich mit Gästen an – und spülte seinen Fehler-Frust (das 0:1 von Robben ging auf seine Kappe) runter. Was später passierte, wird er so schnell nicht mehr los.
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Der Dortmund-Star soll laut „Bild“ und „Sport Bild“ gegen 6 Uhr in dem Berliner Vier-Sterne-Hotel „Berlin, Berlin“ gepöbelt, randaliert – und vor dem Anrücken der Polizei in die Lobby gepinkelt haben! „Ich war total frustriert nach dem Spiel. Ich hatte einen Blackout, es tut mir leid. Ich entschuldige mich bei allen dafür“, sagt Großkreutz.
Vom BVB hat der Mittelfeldspieler eine Geldstrafe aufgebrummt bekommen. Und auch im Teamhotel der deutschen Nationalmannschaft ist er Gesprächsthema. „Oliver Bierhoff und ich haben ein ernstes Gespräch mit Kevin geführt. Nationalspieler sind in ganz besonderem Maße Vorbilder, auch neben dem Platz. Wir haben ihm klargemacht, dass so etwas nicht wieder vorkommen darf“, sagt Bundestrainer Jogi Löw.
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Fußball-Fans in Deutschland diskutieren: Ist Großkreutz überhaupt noch tragbar für die in 17 Tagen beginnende Weltmeisterschaft? Ja – sagt DFB-Manager Oliver Bierhoff beim Fernsehsender „Sport1“: „So etwas darf nicht passieren, das tolerieren wir hier beim DFB nicht. Aber: Das sind alles junge Kerle, gerade Kevin ist sehr emotional. Wir sollten ihn nicht zu sehr fertig machen!“
Erst vor rund zwei Wochen war Großkreutz auffällig geworden. Mit seinem Kollegen Julian Schieber feierte er nachts in Köln. Ein Passant erstattete Anzeige, weil Großkreutz einen Döner auf ihn geworfen haben soll. Nach der Döner-Affäre nun also der Pinkel-Eklat. Seine Kollegen beim DFB nehmen es mit Humor.
„Demnächst muss ihn einer zur Seite nehmen und sagen, dass man so etwas anders erledigt“, sagt Lukas Podolski. Oder man muss mal die Frage stellen: Was geht bloß in dem 25-Jährigen vor? Immer wieder wird er auffällig, immer wieder eckt er an. Die AZ zeigt, wie Großkreutz tickt.
2009 wechselt er von Rot Weiss Ahlen zum BVB – und sorgt schon für Wirbel, noch bevor er überhaupt das erste Mal gegen einen Ball getreten hat. „Ich hasse Schalke wie die Pest“, sagt er in einem Interview. Bei BVB-Fans ist er ab dem Tag: der König. Für die Öffentlichkeit steckt er seit diesem Tag: in einer Schublade, aus der auch nicht mehr rauskommt. Im Gegenteil.
„Wenn mein Sohn Schalke-Fan wird, kommt er ins Heim“, gibt er kurz später mal zu Protokoll. Einen Sohn hat er nicht, eine Freundin auch nicht. Seine Liebe ist Borussia Dortmund. Als kleines Kind nimmt ihn Papa Martin schon mit ins Westfalenstadion: Südtribüne, Block 13 – hier stehen die treuesten BVB-Fans.
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Seit sein Sohn Profi ist, hat Martin keine Handvoll Spiele verpasst. Sogar Reisen bis nach Aserbaidschan macht er mit. Sohn Kevin steht dann zwar auf dem Rasen. In seinem Herzen aber ist er weiter: Fan. Nach jedem Spiel hat er weit mehr als 100 Nachrichten auf seinem Handy, gefühlt hat die halbe Südtribüne seine Nummer.
Auf seine Wade hat er sich die Dortmunder Skyline tätowiert. Als er 2011 das erste Mal Meister wird, sitzt die Mannschaft bereits beim Essen zusammen. Nur Großkreutz fehlt anfangs – er ist mit Fans noch in der Innenstadt feiern. Ein Jahr später ist er zwar pünktlich bei der Teamfeier, verlässt den Nobelitaliener aber schon nach zehn Minuten wieder, um mit den Fans zu feiern.
Seinen Eltern hat Großkreutz eine Doppelhaushälfte gekauft, auf seinen Unterarm hat er sich den Schriftzug „Little brother Lenny“ tätowieren lassen. Seine zwei Familien bedeuten dem Mann, der sich selbst „Fisch“ nennt, alles. Die eigene Familie. Und die BVB-Familie.
Vor wichtigen Spielen singt er Fan-Lieder, nimmt sie auf – und schickt sie der Mannschaft. Großkreutz ist kein normaler Profi. Er ist ein Fan, der es auf den Rasen geschafft hat, der nie den Klub wechseln würde, weil er woanders ein paar Euro mehr bekommt.
Eigentlich total symphatisch – wären doch bloß nicht derlei Entgleisungen! „Ab jetzt ist das Thema durch und ich konzentriere mich auf die Nationalmannschaft. Ich habe mit dem Trainer gesprochen – und es ist alles okay.“ Sagt er. Glaubt er. Hofft er.