Grußlos, wortlos – taktlos! Die nächste Sané-Enttäuschung
München/Mainz - Schlusspfiff in Mainz. Und Leroy Sané stand günstig, so günstig wie während seiner 45 Minuten Spielzeit nicht. Direkt vor dem Spielertunnel in Richtung der Kabinen. Er streifte sich sein Haarband vom Kopf, trottete zum Ausgang. Grußlos, wortlos – taktlos!
Während sich alle anderen Beteiligten, die Trainer, Betreuer und Spieler, ob ein- oder ausgewechselt, am Mittelkreis trafen, um abzuklatschen oder kurz miteinander zu plauschen, hatte Sané lieber sofort das Weite gesucht.
Sané fehlt beim Gang vor die Fankurve
Auch beim Gang der Mitspieler vor die Bayern-Kurve fehlte der Nationalspieler. Weil er wieder Frust schob nach einem uninspirierten wie leblosen Auftritt – von ihm selbst und der gesamten Mannschaft beim 1:3 in Mainz? Kurz vor Ende der Partie hatte sich der 26-Jährige nach einem Foul an Mainz-Stürmer Karim Onisiwo noch die Gelbe Karte abgeholt.
Zum dritten Mal in Folge stand Sané nicht in der Startelf, zuletzt beim Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen Villarreal. Aber in Bielefeld (3:0), beim Meister-Finish gegen Dortmund (3:1) und nun bei den Rheinhessen saß er zunächst draußen – dabei kam er nur auf 82 von 270 möglichen Minuten Spielzeit. Überhaupt tauchte Sané in der Rückrunde im Vergleich zur formidablen Hinrunde meist ab, seine letzte Torbeteiligung in der Bundesliga datiert vom 24. Spieltag.
Nagelsmann verteidigt Sané
Daher der Frust? Einer verteidigte Sanés Abgang nach der Partie vehement: Julian Nagelsmann.
"Das ist ganz normal. Von 100 Profis machen das 50", sagte der Bayern-Trainer und meinte neben den Kabinen zu den Reportern: "Ihr seid auch nicht alle gleich. Jeder Mensch geht mit solchen Situationen anders um." Für Nagelsmann gibt es eben nicht "den einen Paradeprofi, der immer das Gleiche macht. Es gibt unterschiedliche Typen. Bei 30 Spielern hast du 30 verschiedene Charaktere. Der eine macht das eher mit sich aus und geht sofort rein."
Und Nagelsmann selbst, der sich immer wieder als großen "Ehrgeizling" bezeichnet? Er würde auch "eher sofort reingehen und nicht zu den Schiedsrichtern."
Nagelsmann: "Man muss nicht alles auf die Goldwaage legen"
Aber sich von den Fans verabschieden? Nagelsmann nickte. "Das ist Teil des Berufs. Aber so wie jeder Fan seinen Charakter hat, hat das auch jeder Spieler. Man muss nicht alles auf die Goldwaage legen."
Doch diese Diskussion gab es vor drei Wochen schon einmal. Nämlich als Sané beim 1:0 gegen Augsburg bei seiner Auswechslung sofort in der Kabine verschwinden wollte, von Nagelsmann aber noch zum Abklatschen genötigt wurde. "Ich habe wahrgenommen, dass der Handshake schonmal anders ausgefallen ist – weniger frustriert", meinte Nagelsmann, stellte sich jedoch schützend vor seinen Schützling: "Wenn er stocksauer ist, möchte er, keinen mehr sehen und auch nicht mehr gesehen werden. Das muss man akzeptieren. Jeder geht mit Frustsituationen ein bisschen anders um."
Die Verteidigungsreden ehren den Trainer, verwundern aber, da er selber kürzlich auf einer Pressekonferenz ganz andere Töne über seine Nummer zehn angeschlagen hatte. Auf die Frage nach Sanés Leistungsschwankungen entgegnete Nagelsmann: "Ich kann es nicht zu 100 Prozent und auch nicht zu 15 Prozent erklären, warum er nicht immer an seine Leistungsgrenze kommt." Die Journalisten sollten "ihn selbst fragen. Er ist alt genug, seine eigene Meinung kundzutun. Ich kann es nicht beantworten." Rätselhaft. Auf allen Ebenen.