Divenhafter Leroy Sané: Julian Nagelsmanns Aussagen über den Bayern-Star lassen tief blicken
München - Leroy Sané wollte nur noch weg, so schnell wie möglich – und das ohne jeden Umweg.
Nach seiner Auswechslung in der 65. Minute beim 1:0-Sieg gegen Augsburg wies Bayerns Offensivstar den zuständigen Ordner an, die Luke zum Kabinengang zu öffnen, Trainer Julian Nagelsmann und die Team-Mitglieder auf der Ersatzbank würdigte Sané keines Blickes. Als Nagelsmann auf ihn zuging, klatschte Sané noch lustlos ab. Dann war er weg – dafür aber die Diskussion um ihn da. Mal wieder.
Sané: Lustloser Handshake mit dem Coach
"Ich habe wahrgenommen, dass der Handshake schonmal anders ausgefallen ist – weniger frustriert", sagte Nagelsmann später. Er sei aber "nicht sauer" auf Sané, daraus müsse man "keine Schlagzeile machen". Sané sei eben "ein ehrgeiziger Mensch, sehr selbstkritisch, und jeder geht mit Frust-Situationen ein bisschen anders um", ergänzte der Coach.

"Manche können sich dann sofort auf die Bank setzen und die Jungs anfeuern. Das ist natürlich immer der Best Case. Aber es gibt auch Charaktere, die das nicht so gut können. Das ist auch okay. Leroy ist dann stocksauer auf sich, möchte keinen mehr sehen oder gesehen werden."
Nagelsmann setzt auf Akzeptanz
Das müsse man akzeptieren, so Nagelsmann: "Mir ist lieber, dass er in die Kabine geht, bevor er sauer ist und so auf der Bank sitzt, weil das wenig Effekt hat. Dann soll er lieber drinnen sein und sich mit seiner Leistung auseinandersetzen, wenn er damit ein Problem hat."
Alles entspannt also? Wohl kaum! Es war schließlich der nächste divenhafte Auftritt von Sané, der zuletzt bereits wegen unmotivierter Trainingsleistungen aufgefallen war, der immer wieder Extrabehandlungen braucht – und von Nagelsmann auch bekommt. Aktuell aber ohne Gegenleistung.
Gegen Augsburg konnte der 26-Jährige nur wenige Akzente setzen, im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Villarreal am Dienstag (21 Uhr, Amazon Prime und im AZ-Liveticker) droht Sané daher nun die Ersatzbank. Nagelsmann ließ auf der bemerkenswerten Pressekonferenz durchblicken, dass Sané für ihn öfter mal ein Rätsel ist.
"Ich weiß nicht zu 100 Prozent, warum es zuletzt bei ihm nicht so richtig lief", sagte der Coach: "Meine volle Unterstützung hat er, meine maximale Empathie und Sympathie auch." Das scheint aber nicht zu genügen, um Sané dauerhaft zu Topleistungen zu führen.
Bei Sané "scheiden sich die Geister"
Er möge "den Typ Leroy Sané unheimlich gerne", führte Nagelsmann weiter aus, gab aber zu: "Das ist ja schon einer, bei dem sich die Geister so ein bisschen scheiden. Er hat manchmal eine Ausstrahlung, die man nicht so richtig deuten kann. Er ist extrem lässig, witzig, sehr lebensfroh. Natürlich ist er keiner, der aus der Kabine heraussprintet, erstmal den Rasen umpflügt und sagt: 'Gib mir den Ball.' Man muss ihm schon sagen: 'Leroy, jetzt geht's los.' Aber er hat eine unfassbare Qualität – und das andere ist eben sein Charakterzug."
Der seinen Coach bisweilen verzweifeln lässt. "Als Trainer hast du zwei Möglichkeiten", erklärte Nagelsmann: "Entweder du regst dich immer auf oder du sagst: 'Komm, akzeptiere ihn als Mensch und schau wie intelligent er ist, was er für einen ersten Kontakt am Ball er hat und welchen Torabschluss er hat.'"
Bislang hat Nagelsmann den zweiten Weg gewählt – doch mit den offenen Worten am Samstag hat er Sané öffentlich unter Druck gesetzt. Ob das bei Bayerns sensiblem Offensivstar fruchtet – oder eher für zusätzliche Verunsicherung sorgt?
Klar ist: Seine Diva-Attitüde kann sich Sané, der in der Hinrunde teilweise berauschende Auftritte zeigte, auf Dauer nicht erlauben, wenn er so durchschnittlich spielt wie gegen Augsburg und in den Wochen zuvor.