Flick-Comeback? Stände als neuer Bayern-Trainer bereit
München - Nun hat Julian Nagelsmann also sein Ja-Wort gegeben. Dem DFB. Und gleichzeitig dem FC Bayern eine Absage erteilt. Nein, keine Rückkehr. Der 36-Jährige bleibt Bundestrainer, hat seinen Vertrag beim DFB bis zur WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko verlängert. Für ihn smart - und auch clever?
Nagelsmann setzt ein Signal und damit die Segel für die anstehende Heim-EM. Wenige Wochen nachdem er mit den beiden Testspiel-Erfolgen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) die Stimmung im Land komplett gedreht hat, will er nun auf der Welle der Euphorie weitersegeln. Ursprünglich war sein Vertrag nur bis zum Ende der EM gelaufen. Hätte er vorzeitig den Anker geworfen und damit sämtlichen neuen Schwung gebremst, hätte die Gefahr bestanden, dass das ganze EM-Projekt schon vor Turnierbeginn auf Grund läuft.
Nach Nagelsmann-Verlängerung: Der DFB platzt beinahe vor Stolz
Er habe "eine Entscheidung des Herzens" getroffen, sagte Nagelsmann, der die Chance sieht, "mit erfolgreichen, leidenschaftlichen Auftritten ein ganzes Land mitzureißen". Nagelsmann betonte: "Die Begeisterung der Fans hat mich sehr berührt. Gemeinsam wollen wir jetzt eine erfolgreiche Heim-EM spielen, dafür brennen wir alle. Danach freue ich mich gemeinsam mit meinem Trainerteam sehr auf die Herausforderung einer Weltmeisterschaft."
Der Deutsche Fußballbund platzte am Freitag beinahe vor Stolz, Präsident Bernd Neuendorf sagte: "Die Nationalmannschaft ist für Julian Nagelsmann mehr als ein Job, sie ist ihm eine echte Herzensangelegenheit." Sportdirektor Rudi Völler, der seinen Vertrag bis 2026 ebenfalls verlängert hat, hält Nagelsmann den Rücken frei. Die beiden können bestens miteinander.
Sollte das Projekt Heim-EM scheitern, kann der DFB laut der "Bild" immer noch die Reichsleine ziehen. Konkret soll es eine Klausel im Kontrakt von Nagelsmann geben. Diese besagt, dass sich der Verband vom 36-Jährigen bei einem Ausscheiden in der Vorrunde trennen kann. Der DFB müsste Nagelsmann dann auch nicht mehr das volle Gehalt als Abfindung zahlen.
An der Säbener Straße dagegen wurde die hausinterne Opposition gegen eine Rückkehr Nagelsmanns nur rund 16 Monate nach seiner Entlassung im März 2023 zu groß. Ebenso soll es Vorbehalte von Führungsspielern gegeben haben.
Hoeneß: "Die Welt geht beim FC Bayern deswegen nicht unter"
Gegenüber "BR24 Sport" äußerte Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß Bedauern über die Entscheidung, um sich aber sogleich auch realistisch zu geben:"Ich finde es schade, aber die Welt geht beim FC Bayern deswegen nicht unter." In Bezug auf Medienberichte über eine sichere Rückkehr von Nagelsmann in die Säbener Straße winkt Hoeneß ab. Er habe nie ganz verstanden, warum so getan worden sei, "als wenn alles klar wäre mit Bayern". Nagelsmann sei demnach immer nur einer von mehreren Kandidaten gewesen und beide Seiten wollten "sich die Möglichkeit eröffnen, ja oder nein zu sagen". Jetzt habe sich Nagelsmann für die deutsche Nationalmannschaft entschieden. "Das ist eine Entscheidung, die man respektieren muss", so Hoeneß.
Dem FC Bayern sagen reihenweise Kandidaten ab
Der neue Sportvorstand Max Eberl, seit 1. März im Amt, musste mit dieser Wahl aber nicht nur den zweiten Rückschlag hinnehmen (erst verlängerte 1A-Wunschkandidat Xabi Alonso bei Leverkusen, nun die Nagelsmann-Entscheidung), sondern am eigenen Leibe erfahren, wie der Hase läuft im Imperium FC Bayern - nämlich über viele Wiesen, etwa am Tegernsee.
Der Druck auf den bisher etwas glücklos agierenden Eberl steigt. "Ich habe mit vielen gesprochen", hatte er gesagt und am Mittwoch betont: "Wir wollen es so schnell wie möglich machen, weil wir auch Planungssicherheit haben wollen." Bestenfalls noch im April, so Eberl. Wenn der weiße Rauch aufsteigt, wer ist dann neuer Bayern-Trainer? Eine Check-Liste:
Unai Emery (52/Aston Villa)
Der Spanier coacht seit November 2022 in Birmingham, führt Villa aktuell bis auf Rang vier der Premier League. Hat viel Erfahrung (unter anderem FC Sevilla, Paris St.Germain und Arsenal), warf 2022 mit Villarreal sensationell die Bayern aus dem Champions-League-Viertelfinale. So was imponiert den Bossen. Gilt als weltmännisch.
Hansi Flick (59/vereinslos)
Der einstige Erfolgstrainer der Bayern (November 2019 bis Juni 2021) folgte, vom Machtkampf mit Ex-Sportvorstand Hasan Salihamidzic entnervt, dem Lockruf des DFB als Bundestrainer. Setzte jedoch die WM 2022 in Katar mit dem Vorrunden-Aus in den Sand. Liebäugelt mit einem Job beim FC Barcelona. Und Bayern? Mit Uli Hoeneß hat er sich versöhnt. Laut AZ-Information stände Flick auch bereit für ein Comeback an der Säbener Straße.
Ralf Rangnick (65/Nationaltrainer Österreich)
Ein Fußball-Lehrer im wahrsten Sinne des Wortes, der auch schon als Sportdirektor gearbeitet hat, daher den ganzheitlichen Ansatz favorisiert. Passt das den Bayern? Passt er zu Eberl? Rangnick selbst hatte betont, er sei "mit Leib und Seele" Nationaltrainer. In München zu arbeiten, wäre jedoch ein dicker Anreiz.
Zinedine Zidane (51/vereinslos)
Lange aus dem Geschäft, letzter Job bis 2021 bei Real Madrid. Der ehemalige Weltklassespieler war mit den Königlichen sehr erfolgreich, hat aber als Trainer nie woanders gearbeitet. Der Franzose steht laut "Bild" nicht auf Eberls Kandidaten-Liste, auch wenn "Mundo Deportivo" behauptet, er sei vom Job bei Bayern "nur noch einen Schritt entfernt".
Außenseiter sind Roger Schmidt (57), aktuell erfolglos und daher in der Kritik bei Benfica Lissabon, sowie Roberto De Zerbi (44), der beim FC Liverpool durchfiel und wohl in Brighton bleibt. Ebenso Jürgen Klopp (56), der nach knapp neun Jahren in Liverpool ein Sabbatjahr einlegt.
Dass Nagelsmann eines Tages doch noch mal Bayern-Trainer wird, ist denkbar. Selbst nach Ende der WM 2026 ist er noch nicht mal 39 Jahre alt.