FC Bayern muss gegen Bayer Leverkusen gewinnen: Feuerprobe im heißen Herbst
München - Wenn es gut läuft, wenn eine Mannschaft im Fluss ist und die Siege nur so flutschen, kann ein Trainer im Grunde erzählen, was er will.
Ein bisschen warnen vor Hochmut, klar. Regnet es dagegen Niederlagen oder hagelt es – was beim FC Bayern schon reicht – Unentschieden, hören alle genau hin, was der Chefcoach zu sagen hat. Wie er die Krise moderiert, wie er sich verkauft.
Nagelsmann: "Nehme mir jede Kritik zu Herzen und überlege dann"
Nicht nur die Medien haben die Lupe gezückt, das Umfeld, die Berater, auch die Spieler selbst lauschen. Pressekonferenzen können keine Spiele gewinnen, aber den Weg bereiten, den die Spieler tags darauf für ihren Vorturner bereit sind zu gehen.
Nach der Sieglos-Serie von vier Bundesliga-Partien und dem negativen Höhepunkt vor zwei Wochen, dem 0:1 bei Abstiegskandidat FC Augsburg, gab Julian Nagelsmann auf dem Podium des Pressekonferenzraumes an der Säbener Straße Einblick in seine Seele: "Ich nehme mir jede Kritik zu Herzen und überlege dann. Dass die letzten zwei Wochen mich total kalt lassen, wäre gelogen. Das ist ja normal. Ich spüre die persönliche Verantwortung für die Situation, in der wir sind."

Turnaround und Punkte-Aufholjagd des FC Bayern soll erfolgen
Nagelsmann ist für einen Bundesliga-Coach erst 35 Jahre jung, aber bereits sehr erfahren, da er seit Februar 2016 auf einem der "hot seats" sitzt. Erst auf dem eher mittel-heißen Stuhl in Hoffenheim, dann im schon hitzigeren Leipzig, nun beim Branchenführer, bei dem man im Fegefeuer der Kritik spezielle Temperaturen aushalten muss.
Also war sich Nagelsmann klar darüber, dass zunächst er wird liefern müssen – am Mikro. Damit seine Mannschaft am Freitag gegen Bayer Leverkusen (20.30 Uhr, DAZN und im AZ-Liveticker), wenn der Turnaround und die Punkte-Aufholjagd erfolgen sollen, in die richtige Spur findet.
Nagelsmann: Bin nicht für alles verantwortlich
Nagelsmann sprach ruhig, mit Bedacht, streute weniger Witze und Lacher ein als sonst. Er demonstrierte, dass er sich seiner Lage bewusst ist, ohne die Dinge zu dramatisieren. Er wehrte sich, erklärte sich – nicht beleidigt, aber durchaus verteidigungsbereit. "Mir ist bewusst, dass ich jetzt nicht für alles verantwortlich bin. In den letzten zwei Wochen ist schon inflationär oft mein Name gefallen und wenig andere Namen."
Was er umdrehte, um Selbstvertrauen zu demonstrieren. "Das lässt mich dann ein Stück weit kalt, weil ich weiß, dass ich sehr viel für den Job investiere und den Spielern immer klare Abläufe an die Hand gebe und weiß, dass ich ein ganz ordentlicher Mensch bin und auch ordentlich mit ihnen umgehe." Er sei eben nicht "für alles verantwortlich. Garantiert auch nicht dafür, dass die Nationalelf nicht gegen Ungarn gewonnen hat oder dass wir die letzten vier Spiele nicht gewonnen haben". In dem Punkt musste er sich Luft machen. Man trage "immer ein Teil dazu bei, dass man gewinnt und seinen Teil, wenn man verliert. Aber weder Joshua Kimmich, noch ich, noch Manuel Neuer sind alleine verantwortlich. Es ist immer noch ein Teamsport."
Angeleitet vom Trainer.
13 Pflichtspiele in sechs Wochen für den FC Bayern
Trotz ruhigen Vortrags erinnerte dies an "Ein Trainer ist nicht ein Idiot" aus der legendären Wutrede von Bayerns italienischem Trainer Giovanni Trapattoni 1998. Für Nagelsmann ist die Flasche aktuell voll, was Sätze verrieten wie: "Wir müssen nicht alles umkrempeln." Oder: "Wir haben noch einiges im Köcher, was wir noch nicht gezeigt haben." Und: "Wir haben einen Weltklasse-Kader." Was er in der Bundesliga-Pause alles getan habe? Alle Spiele nochmal geschaut, viele alte Weggefährten kontaktiert, Einzelgespräche mit allen Spielern geführt. Am Donnerstag, als alle Profis von ihren Länderspiel-Reisen zurück waren, besprach das Trainerteam "einige inhaltliche Dinge mit der Mannschaft". Und? "Es sind keine neuen Erkenntnisse aufgekommen."
Will sagen: Mein Weg stimmt, unser Weg stimmt. Muss er auch. 13 Pflichtspiele nun in Bayerns heißem Herbst innerhalb von nur sechs Wochen auf dem Programm bis die Nationalspieler zur WM nach Katar entfliegen. Für Nagelsmann eine Feuerprobe. Könnte heiß werden.
Hat er gar bald fertig?