"Distanzieren uns deutlich": Wird Fürstin Gloria in "ihrer" Stadt Regensburg zur unerwünschten Person?

Gloria von Thurn und Taxis hat einen Rechtsextremisten zu einem Spendendinner eingeladen. In der Stadt Regensburg rumort es vielerorts. Und auch Ilse Aigner hat womöglich ein Problem.
Heidi Geyer |
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Die Fürstin am Sommerempfang des Bayerischen Landtags 2019. Ob sie heuer wieder eingeladen wird?
Die Fürstin am Sommerempfang des Bayerischen Landtags 2019. Ob sie heuer wieder eingeladen wird? © dpa

Regensburg - "Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, dass man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf." Dieser Satz des Schriftstellers André Gide galt lange auch in Regensburg. Dort lebt Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Gloria, lateinisch Ruhm und Ehre, hat in der Vergangenheit mit Marzipan-Penissen und Bemerkungen über Schwarze, die gerne schnackseln, für Aufregung gesorgt.

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis: Abschied auf Raten

Lange galt sie als Paradiesvogel, aber eben auch als jemand, der das Familienimperium vor dem Bankrott rettete. Der Mäzenatin, von der Regensburg profitierte, der verzieh man viel. Doch diese Zeiten sind nun offenbar vorbei. Es ist ein Abschied auf Raten. Zuerst hatten sich BMW und andere Sponsoren von Glorias Festspielen verabschiedet, am Wochenende mündete der Protest gegen die Fürstin gar in einer Demonstration gegen sie.

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Denn Gloria hatte im vergangenen Jahr die Werteunion zu einem Spendendinner in St. Emmeran geladen. Unter den Gästen war laut Medienberichten neben dem umstrittenen ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen auch Gernot Mörig. Der Rechtsextremist gilt als Organisator jenes Potsdamer Treffens, auf dem Remigrationspläne geschmiedet wurden.

Grund genug für ein Bündnis gegen Rechts, zur Demo gegen die Fürstin aufzurufen. 400 Menschen nahmen laut Medienberichten teil. All das, auch dass Mörig geladen war, will Gloria nicht gewusst haben. Eine AZ-Anfrage dazu lässt die Fürstin unbeantwortet.

Fürstin Gloria wird zum Dilemma für die Stadt Regensburg

In Regensburg tut man sich offenkundig schwer mit dem einstigen Enfant terrible. Auf der anderen Seite soll die Fürstin drei Milliarden Euro schwer sein. Allein die Liegenschaften in Regensburg sind ein Touristenmagnet, ihre Schlossfestspiele und der Weihnachtsmarkt auf St. Emmeram erfreuen sich großer Beliebtheit. Legt man sich offen mit so jemandem an, auch wenn er Rechtsextremisten einlädt?

Die AZ hat bei der Stadt nachgefragt und man kann die Antwort als Eiertanz, auf Bairisch auch "a Gwürg", interpretieren. Eine Sprecherin teilt mit, dass die Familie als Vertreter des Hauses Thurn und Taxis beziehungsweise als Mitglieder der Stadtgesellschaft zu ausgewählten Veranstaltungen eingeladen werden, etwa zum Neujahrsempfang und zum Stadtfreiheitstag.

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Regensburg und Fürstin Gloria: Bereicherung und Distanzierung

Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) sagt zu den Schlossfestspielen, dass sie "eine Bereicherung für das kulturelle Leben in Regensburg" seien. Sie sagt der AZ aber auch: "Regensburg ist eine weltoffene Stadt, die für Vielfalt steht. Von den umstrittenen Äußerungen der Fürstin distanzieren wir uns deutlich." Auf der Demo am Wochenende sei sie nicht gewesen, weil sie nicht an jeder Veranstaltung teilnehmen könne – aber Initiativen gegen Rechts unterstütze Maltz-Schwarzfischer.

Bei den Grünen im Regensburger Stadtrat äußert man sich klarer. "Da ist schon zu viel Porzellan zerschlagen worden", sagt Oliver Groth, Sprecher der Grünen in Regensburg. Grüne Stadträte folgen nach seiner Einschätzung keinen Einladungen der Fürstin mehr. Schließlich könne man auf dem Youtube-Kanal von Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt erkennen, wie stark die Fürstin sich radikalisiert habe.

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Obwohl die AZ mehrere konkrete Fragen an das Erzbistum Regensburg angesichts vieler problematischer Äußerungen stellt, erhält sie von dort nur einen Satz: "Die Fürstin hat keine Funktionen im Bistum." Erst im Februar hatte die Deutsche Bischofskonferenz sich klar gegen die AfD und deren Thesen gestellt – die inhaltlich nicht weit von Glorias entfernt sind, sich in weiten Teilen sogar überschneiden.

Gloria gilt als erzkatholisch und kritisiert den Synodalen Weg in Deutschland - wie es auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer tut. Möglicherweise liegt die knappe Auskunft des Bistums aber auch daran, dass Voderholzer an anderer Stelle unter Beschuss ist. Akademische Theologen werfen ihm derzeit vor, Berufungsprozesse an der Universität Regensburg zu verschleppen.

Die Rolle der Medien

Eins ist sicher, in dieser Stadt an der Donau ist viel los. Auch medial: Das Portal "Regensburg Digital" wirft einerseits der "Mittelbayerischen Zeitung" vor, der Fürstin gegenüber zu unkritisch zu berichten, ihr gar eine Plattform zu bieten. Auch wenn man sich in Regensburg umhört, empfinden viele Menschen so. Medial gut vernetzt scheint Gloria durchaus zu sein, sie ist auch Julian Reichelt auffallend oft ein Interviewpartner. Er lädt die Fürstin zu Talks auf seinem Kanal Nius. Auch wenn auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, was die Fürstin zur Expertin für Windkraft und Migration macht, tut sie gerne ihre Meinung kund.

Was sie dort preisgibt: Nun, man lehnt sich nicht zu sehr aus dem Fenster, wenn man ihre Thesen als wenig fundiert bezeichnet. Reichelt übernimmt dabei auch nicht den Part des knallharten Hinterfragens, es mutet eher wie gegenseitiges Rechtgeben an, wie man es eher von Stammtischen oder CSU-Podcasts kennt. Wobei letztere andere Thesen vertreten, nur um das klarzustellen.

Was macht Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner?

Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) betont stets, die Demokratie schützen zu wollen. Vor Kurzem hatte die Nachricht, dass die AfD rechtsextreme Mitarbeiter beschäftigt, für Furore im Landtag gesorgt. Sogar die Zahlungen der Gehälter wurden zwischenzeitlich eingestellt. Der Gedanke, dass Demokratiefeinde auf Staatskosten arbeiten – unerträglich für Aigner.

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Aber wie passt es da zusammen, dass Gloria von Thurn und Taxis Rechtsextreme zu Spendendinners einlädt und dann selbst auf Staatskosten auf Schloss Schleißheim zum Landtagsempfang jeden Sommer feiert? Bisher war sie dort anzutreffen. Ein Sprecher verweist darauf, dass die Einladungslisten in jedem Jahr neu erstellt werden und sich auch der Kreis der Gäste ändert. "Die Zusammenstellung der Verteiler wird in den kommenden Wochen starten", heißt es.

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  • Der wahre tscharlie am 30.03.2024 15:43 Uhr / Bewertung:

    Sehr gut recherchierter Bericht!! Auch was die Verbindungen betrifft.

  • Münchner Bürger am 30.03.2024 07:47 Uhr / Bewertung:

    Dann rate ich Ihnen aber nach Einbruch der Dunkelheit nicht am HbF in Regensburg anzukommen.

  • Gegen Landschaftszersiedelung am 30.03.2024 01:36 Uhr / Bewertung:

    Enteignungen fordern eigentlich nur Kommunisten. Wenn ein Häuflein Kommunisten vor Schloss St. Emmeram demonstriert, sollte die AZ kein großes Fass aufmachen, bezüglich Völkerwanderung nach Deutschland. Wo die Fürstin recht hat sie recht, auch wenn man das bei der AZ anders sieht.

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