"Klar verfassungsfeindlich": Wird der Landtag in Bayern von Rechtsextremen unterwandert?
München - Wie schützt man die Demokratie, wenn Verfassungsfeinde im Landtag sitzen? Diese Frage stellt sich auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Im Sommer sprach sie noch von einem "Demokratiekodex", einer Art freiwilligen Verpflichtung, der Abgeordnete zur Räson bringen soll. Denn seit die AfD im Landtag ist, nehmen Störungen zu. Mal steht da ein Abgeordneter mit der Gasmaske im Plenum, mal sind es rechte Burschenschafter, die auf AfD-Einladung Zutritt bekommen. "Es ist nicht besser geworden", sagt Aigner.
Sie will daher ein dreistufiges Verfahren einführen, um Störungen im Plenum und in Ausschüssen Einhalt zu bieten. Am 21. März kommt dazu die erste Lesung zu einem Gesetz. Geplant ist, die Rügen im Landtag endgültig abzuschaffen. Das mag verwundern, haben diese doch stark zugenommen, nachdem es jahrzehntelang keine Rüge gegeben hatte. Manche würden das fast schon als "Trophäe" sehen, sagt Aigner.
Demokratiefeinde im bayerischen Landtag: Bis zu 4000 Euro Strafe
Anstelle der Rüge soll zunächst ein Ordnungsruf und bei Wiederholung oder in besonders gravierenden Fällen ein Ordnungsgeld nach dem Vorbild des Bundestags eingeführt werden. 2000 Euro sollen Abgeordnete bei Verstößen zahlen müssen, 4000 Euro im Wiederholungsfall. "Das wird dann direkt von der monatlichen Entschädigung abgezogen", so Aigner. Auch den Ausschluss aus einer Sitzung als letztes Mittel soll das Gesetz ermöglichen. Dieses ist ein gemeinsamer Entwurf aller demokratischen Parteien im Landtag, auch von der Opposition.

Neu ist zudem, dass bei Verstößen gegen die Hausordnung ein Ordnungsgeld verhängt werden kann. Die Entscheidung darüber trifft das Landtagspräsidium – in dem aber pikanterweise kein AfD-Mitglied sitzt. Ein Thema, über das die Partei ohnehin schon klagt. Ob das Gesetz dazu führen wird, dass der Ton wirklich besser werde, könne Aigner nicht sagen. Sie sei aber "zuversichtlich", dass es etwas bringe. Vom Demokratiekodex sei sie wiederum abgekommen, weil es auch rechtliche Bedenken gegeben habe, schließlich gilt die Freiheit des Mandats.
Wird der Landtag in Bayern unterwandert von Rechtsextremen?
Dieser wäre eher breiter angelegt gewesen, hätte sich auch auf Social Media und andere Situationen außerhalb des parlamentarischen Betriebs bezogen. Das neue Ordnungsgeld gilt hingegen in den Mauern des Maximilianeums und ist insofern die kleinere Lösung. Langfristig will Aigner aber auch einen "Demokratiespiegel" erheben und wissenschaftlich erforschen lassen, wie gefestigt die Demokratie ist.
Aigners Sorge gilt aber nach BR-Recherchen über rechtsextreme Mitarbeiter der AfD im Bundestag auch ähnlich gelagerten Fällen im Landtag. Und ja, solche gibt es auch: "Einzelne Fälle sind bekanntgeworden, die klar als verfassungsfeindlich eingestuft werden." Die Zahl liege unter zehn, aus rechtlichen Gründen könne sie hierzu nichts sagen.
Löhne für Verfassungsfeinde?
Man merkt Aigner an, dass es nur schwer erträglich für sie ist, dass solche ausgerechnet von einer demokratischen Institution ihren Lohn beziehen. "Mir ist dieses Problem bewusst", sagt sie. Nur sei es schwierig, hier einzuschreiten. "Es fehlt die rechtliche Grundlage", sagt Aigner. Die gebe es derzeit in keinem deutschen Parlament. Sie wolle das aber nicht hinnehmen, habe deshalb die Landtagsverwaltung um ein Rechtsgutachten gebeten, um möglicherweise eine Rechtsgrundlage zu schaffen.