Debatte um Frauenquote im Landtag: Bayerische Sozialministerin droht Markus Söder
München - In einer Sache sind sich so gut wie alle Politiker in Bayern einig: der Frauenanteil im Landtag ist mit 25 Prozent deutlich zu niedrig. Pünktlich zum Weltfrauentag am 8. März wird die Forderung nach einer Frauenquote lauter– nämlich seitens der CSU. Aber wie auch viele Male zuvor, stößt dieser Vorschlag nicht bei allen auf Zustimmung. Auch nicht innerhalb der CSU.
Frauen-Union will sich gegen Söders Machtwort stellen und droht: "Wenn sich der Anteil nicht wesentlich verbessert, streben wir eine verbindliche Frauenquote an"
Ulrike Scharf, stellvertretende Ministerpräsidentin, bayerische Sozialministerin und Landesvorsitzende der Frauen Union, hat Anfang der Woche erneut mehr Gleichberechtigung in der Politik gefordert. Besonders in der eigenen Partei, der CSU, sieht sie laut Berichten der "Süddeutschen Zeitung" Defizite. "Wenn sich der Frauenanteil nicht wesentlich verbessert, streben wir zum richtigen Zeitpunkt den erneuten Antrag einer pragmatisch umsetzbaren, verbindlichen Frauenquote auf allen Ebenen der Partei an", so Scharf.
Aktuell gibt es in den Landes- und Bezirksvorständen der CSU einen verpflichtenden Frauenanteil von 40 Prozent. In den engeren Vorständen– Vorsitzende, Stellvertreter, Schriftführer und Schatzmeister – gilt eine Quote von 50 Prozent. Eine Ausweitung der 50-Prozent-Quote in Kreisvorständen, scheiterte beim CSU-Parteitag 2019. Ministerpräsident Markus Söder hatte die Diskussion um eine parteiinterne Frauenquote für beendet erklärt, jedoch scheint die Debatte wieder aufzuflammen.

Michael Hofman (CSU): "Eine Frauenquote ist nicht notwendig"
Michael Hofman, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU, sagt in der Abendzeitung, er sehe eine "Ausweitung" der Frauenquote in der CSU "derzeit nicht als notwendig an". Er fügt hinzu: "Als CSU-Fraktion werben wir aktiv und auf allen Ebenen dafür, dass sich Frauen in der Partei und in den Parlamenten beteiligen." Echte Gleichstellung könne "nur im Miteinander der Geschlechter gelingen", so Hofman. Der Anteil der CSU-Frauen im Landtag beträgt etwa 18 Prozent.
Ilse Aigner (CSU): "Eine Frauenquote ist absolut sinnvoll"
Ein weiteres Parteimitglied der CSU ist da wiederum anderer Meinung. Ilse Aigner, Landtagspräsidentin, sagt in der AZ: "Aus meiner Sicht ist eine Quote in den Parteien absolut sinnvoll." Es brauche mehr Frauen in der Politik, "denn auch wenn ein Abgeordneter Politik für seinen gesamten Stimmkreis macht – und nicht nur für die Männer – so helfen unterschiedliche Perspektiven einfach, um auch alle Interessen zu vertreten".
Eine Frauenquote allein würde jedoch nicht reichen, findet Aigner. "Es braucht einen strukturellen Wandel mit familienfreundlicheren Strukturen insgesamt und Unterstützung auf breiter Front – auf der anderen Seite aber auch den Mut der Frauen selbst, bei einem Amt oder Mandat einmal ja zu sagen, ohne zu zögern", so Aigner in der AZ.

Florian Streibl (FW): "Wir wollen Frauen nicht wie die Grünen herbeiquotieren"
Auch Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, ist der Meinung, dass es einen strukturellen Wandel braucht. Eine Frauenquote erachtet seine Partei jedoch nicht als sinnvoll. "Eine verbindliche Frauenquote lehnen wir ab, weil sie nicht zielführend ist. Denn am Ende bedarf es einer ausreichenden Zahl von Bewerberinnen, um entsprechende Gremien auf Bezirks-, Landes-, Bundes- und Europaebene auch tatsächlich mit Frauen besetzen zu können."
Streibl fügt hinzu: "Das wollen wir nicht wie die Grünen 'herbeiquotieren', die mit ihrer Forderung, Direktmandate bei Landtagswahlen paritätisch zu vergeben, erst vergangenes Jahr krachend gescheitert sind." Stattdessen würden die Freien Wähler "um Frauen an der eigenen Basis" werben. Auch bei den Freien Wählern liegt der Frauenanteil im Landtag unter 19 Prozent.
Grüne über Frauenquote: "Freiwilligkeit funktioniert nicht"
Die Grüne Landtagsfraktion hingegen findet, dass "die meisten Parteien in Bayern" auf der Basis von Freiwilligkeit "nicht genügend Frauen" aufstellen. Aus diesem Grund hatte die Fraktion dem Parlament bereits "in der letzten Legislaturperiode zwei Gesetzesentwürfe" vorgelegt, um einen 50 Prozent Frauenanteil im Landtag zu erreichen. Trotz Scheiterns geben sie nicht auf: "Wir werden auch in dieser Legislaturperiode weiter dafür kämpfen, dass die Politik weiblicher wird", so die Fraktion auf Anfrage.
Grüne: "Wir wollen nicht weitere 100 Jahre warten, bis es Parität im Bayerischen Landtag gibt"
Bei den Grünen sei "Parität bereits gelebte Realität", mit einem Landtags-Frauenanteil von über 45 Prozent. Sie fordern auch andere Parteien dazu auf, eine Quote einzuführen, denn, "dass alle Parteien in Bayern freiwillig mehr Frauen aufstellen – das hat die letzten Jahrzehnte nicht funktioniert". Regeln hingegen würden funktionieren. "Wir wollen mehr als 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts nicht weitere 100 Jahre warten, bis es Parität im Bayerischen Landtag und in den bayerischen Kommunen gibt", heißt es in einer Presseauskunft der Grünen Landtagsfraktion.
Simone Strohmayr (SPD) über Frauenanteil im Landtag: "Eine Rolle rückwärts"
Auch die SPD-Fraktion ist ein großer Befürworter der Parität. Die aktuelle Situation im Landtag sei "eine Rolle rückwärts". Es habe "schon einmal 30 Prozent Frauenanteil im Parlament" gegeben. Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dr. Simone Strohmayr, sagt der AZ: "Bei einem Frauenanteil von 50,5 Prozent in der Gesellschaft, ist es im Parlament noch ein weiter Weg zu mehr Gleichberechtigung." Sie fügt hinzu: "Wir als SPD-Fraktion hingegen gehen mit gutem Beispiel voran."
Zehn der SPD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag sind weiblich, das entspricht einem Anteil von etwa 60 Prozent. Damit hat die SPD-Fraktion auch den höchsten Frauenanteil im Landtag und setzt sich "für Paritätsgesetze für den Bundestag, die Länder und Kommunen ein". Handlungsbedarf sieht die Fraktion auch beim Gleichstellungsgesetz, das seit 1996 unverändert besteht.