CSU läutet Wahlkampf ein: Markus Söder wagt den Schulterschluss mit Friedrich Merz
Andechs - Kloster Andechs. Zwölf Uhr mittags, die Marienglocke schlägt. Markus Söder steht auf dem Heiligen Berg der Bayern. Im Rücken erhebt sich die Klosterkirche mit ihrer rot und weiß getünchten Fassade, in der Sonne strahlt golden das Kreuz.
Gerade hat er sich an der Ampel-Koalition abgearbeitet und an der AfD. Das Geläut übertönt ihn und seinen Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Wir kriegen Unterstützung gerade", sagt Dobrindt ironisch.
CSU-Chef Markus Söder wettert gegen die AfD
Eigentlich ist Söder sein Gast, denn im Kloster Andechs kommt die CSU-Landesgruppe der Bundestagsabgeordneten zusammen. Doch weil in drei Monaten in Bayern gewählt wird, gilt: Markus Söder ist die CSU und die CSU ist Markus Söder. Ginge es nach ihm, dann muss die Gleichung um die Variable "Bayern" ergänzt werden. Markus Söder ist die CSU und Bayern. Doch so einfach geht die Rechnung nicht auf.
Trotz einer innig-zerstrittenen Ampel-Koalition kommt die CSU in den Umfragen nicht recht über die Marke von 40 Prozent hinaus. Profiteur des anhaltenden Zanks der Bundesregierung ist allein die AfD. Bevor die Glocke die volle Stunde schlug, hatte Söder die Lautstärke hochgedreht. "Die bayerische AfD ist Teil des Höcke-Klubs, Teil der Höcke-Sekte", wettert er. Björn Höcke ist der Anführer des rechten Flügels in der rechten Partei. Die AfD werde die Demokratie und das Land destabilisieren, mahnt der CSU-Chef.
Markus Söder: "Heizungsgesetz grenzt an politische Selbstzerstörung"
Geschickt verbindet er seine Warnung mit einem Angriff auf die Ampel-Koalition von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Weil das Regierungsbündnis im Dauerstreit liege, wendeten sich die Wähler angewidert von allen demokratischen Parteien ab.
"Viele sind so gefrustet, dass sie beginnen, die Systemfrage zu stellen." Eigentlich machen es ihm Scholz und seine Regierungsmannschaft leicht. Das Heizungsgesetz grenzt an politische Selbstzerstörung. Die FDP spielt Opposition innerhalb der Regierung und nervt die Grünen schwer. Über Nacht rütteln die drei Parteien plötzlich am Elterngeld und stellen die Witwenrente infrage. Die Wirtschaft stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt.
Vor der Landtagswahl in Bayern: CSU büßt in Umfragen an Zustimmung ein
Doch bei Söder, dem Wahlkämpfer, zahlt das nicht ein. In einer Umfrage hat vor einigen Tagen nicht nur die CSU eingebüßt, sondern auch der Ministerpräsident persönlich. Nur noch die Hälfte der Bayern ist zufrieden mit seiner Arbeit. Söder sagt, dass der Wahlkampf ja noch gar nicht richtig begonnen habe, obwohl er seit Wochen mehrere Volksfeste besucht – pro Tag.
Der Ministerpräsident stößt mit großen Humpen an und isst sich durch die regionalen Spezialitätenkarte. Doch die blau-weiße Folklore zieht nicht wirklich. Um in der Gunst zu steigen, hat die CSU in Andechs einen umfassenden Forderungskatalog zum Wohle aller beschlossen. Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel soll abgeschafft werden. Jede Familie, so rechnet Söder vor, würde dadurch um 1.000 Euro im Jahr entlastet. Dem Staat entgingen dadurch Einnahmen von zwölf Milliarden Euro. Wie das seriös finanziert werden kann, bleibt offen.
CSU möchte für Bayern eine Sonderrolle
Wegen der im Kloster brauenden Mönche wird unter den Journalisten die Frage diskutiert, ob Bier unter die Steuerbefreiung fallen würde oder nicht. In Bayern zählt es schließlich zu den Grundnahrungsmitteln, in anderen Bundesländern nicht. Mit dem Anspruch der CSU, dass der Freistaat eine Sonderrolle einnimmt, wäre das durchaus vereinbar. Zur Sonderrolle gehört auch, dass man zwar in München regiert, die Entlastungen aber in Berlin beschlossen werden müssten, wo CSU und CDU aber in der Opposition sitzen.
Dazu zählen die Streichung der Steuern auf Überstunden oder die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß. Zusammen genommen würde der Finanzminister Milliarden weniger in der Kasse haben. Wo im Gegenzug gespart oder die Steuern erhöht, dazu sagen die Christsozialen nichts.
Für den Wahlkampf: CDU und CSU wollen gemeinsame Sache machen
Helfen soll in den kommenden Wochen bis zur Wahl CDU-Chef Friedrich Merz, der extra nach Andechs gereist ist. "Wir werden gemeinsam Gillamoos rocken", kündigt Söder an. "Ja", lacht Merz. "Es hat wenige Phasen gegeben, in denen es ein so gutes Miteinander gegeben hat", meint der CDU-Vorsitzende. Er und Söder haben ihre Claims abgesteckt.
Der Ministerpräsident bekräftigt bei jeder Gelegenheit, nicht noch einmal nach der Kanzlerkandidatur zu greifen. "Du bist ja ein halber Tegernseeer", scherzt Söder. Merz lacht wieder. Ob Söders Rechnung aufgeht, wird sich im Herbst zeigen, wenn die Bayern wählen. "Ob das hilft, ich weiß nicht", sagt er in das kräftige Geläut der Glocke von Andechs.