Trotz Milliardengewinn: Verkauft Mercedes den Tower an der Donnersbergerbrücke in München? Belegschaft ist in Rage
München – "Alle Niederlassungen sind profitabel!", sagt Kai Winkler von der IG Metall. Er betreut die Münchner Belegschaft von Mercedes-Benz mit. Die Mitarbeiter seien fassungslos. Der Betriebsrat findet die "einseitige Entscheidung" des Vorstands kurzsichtig und hält sie für eine krasse Fehlentscheidung. "Die Kollegen sind hochgradig sauer", sagt Winkler.
Anfang der Woche hatte sich der Mercedes-Benz-Vorstand endgültig entschlossen, deutschlandweit Niederlassungen zu verkaufen. Ende Januar wurden erstmals Überlegungen dazu bekannt. 8000 Mitarbeiter in rund 80 Betrieben sind deutschlandweit betroffen. Und in München, mit insgesamt sechs Standorten und 750 Mercedes-Mitarbeitern, richtete sich der Blick gleich Richtung Donnersbergerbrücke.
Dort steht an der Arnulfstraße eine besonders prominente Vertretung des Stuttgarter Konzerns. Fast alle Münchner kennen den Turm samt dem riesigen Schaufenster an der Brücke entlang, wo Dutzende Mercedes wie in einem Spielzeugregal ausgestellt sind. An der Spitze des Turms: der Firmen-Stern, der sich hier seit bald 20 Jahren dreht.
Mercedes-Niederlassungen in München: Die Häuser sollen weitergeführt werden wie bisher
Viele fragen sich vielleicht: Wird sich bald ein anderes Symbol auf dem Turm drehen? So ist es dann wohl doch nicht geplant. Der Gesamtbetriebsrat führt seit anderthalb Monaten harte Verhandlungen mit dem Konzern. "Uns ist zugesichert worden, dass die Niederlassungen von neuen Inhabern genauso weitergeführt werden sollen, wie bisher", sagt Winkler.
Am Mittwochmorgen machten Gerüchte die Runde, dass der prominente Turm an der Donnersbergerbrücke bereits verkauft worden sei. "Das wäre absurd und ein Skandal", sagt Winkler, "ein Wortbruch wäre es auch". Der Belegschaft sei versprochen worden, erst Verhandlungen mit potenziellen Käufern zu beginnen, sobald die Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossen seien.
Ein wichtiger Punkt der Verhandlungen ist offenbar eine Beschäftigungszusage bis 2029. Weitere Punkte: Gehaltsniveau, Arbeitszeitregelungen, Betriebsrente. Von Kündigungen geht der Betriebsrat nicht aus. "Das wäre in Zeiten von Fachkräftemangel ohnehin Wahnsinn", sagt Winkler.
19,7 Milliarden Euro Gewinn machte Mercedes 2023 – vor Steuern
Wenn die Niederlassungen profitabel sind und der Betriebsrat durchsetzt, dass alles nach einem Verkauf an Investoren so bleibt, wie es ist, fragt man sich: Wozu der Aufwand?
Der Stuttgarter Konzern "erhofft sich von den Verkäufen eine Investitionsspritze für die Elektromobilität", sagt ein Branchenkenner. Aber so ganz passt das mit den Jahresergebnissen nicht zusammen, auch wenn die tatsächlichen Investitionssummen in die Elektromobilität unklar sind. Blickt man auf die Bilanz, sollte eigentlich genug Geld da sein, denken sich Außenstehende. Mercedes erwirtschaftete 2023 vor Steuern und Zinsen 19,7 Milliarden Euro. Gesamtumsatz der Stuttgarter: 153,2 Milliarden Euro.
Mercedes bestätigt, dass noch keine Niederlassung verkauft sei. Es werde keine Schließungen und keine Kündigungen geben. Bei den potenziellen Verkäufern seien "Kriterien wie ausgewiesene Automobil Retail Expertise, nachhaltige Investitionsbereitschaft, langfristiges unternehmerisches Konzept, wirtschaftliche Stärke und Aufgeschlossenheit gegenüber Arbeitnehmervertretungen besonders wichtig", sagt ein Sprecher. Beschäftigungssicherung – bei "allen Tarifmitarbeitenden", heißt es in der Mercedes-Mail an die AZ. Das macht ein wenig stutzig.
- Themen:
- Donnersbergerbrücke
- München