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Hochhausgrenze: Erstmal kein Bürgerentscheid

Soll es in München Hochhäuser geben? Eine Abstimmung setzt der Stadtrat nicht in Gang. Denn er ist sich uneinig.
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Die Innenstadt der bayerischen Landeshauptstadt mit der Frauenkirche im Zentrum. (Archiv)
Die Innenstadt der bayerischen Landeshauptstadt mit der Frauenkirche im Zentrum. (Archiv) © Peter Kneffel/dpa/Archivbild

München - Wenn Drei sich streiten, freuen sich die Vierten. So könnte man das Sprichwort abwandeln, um den Streit im Stadtrat, ob es ein Bürgerbegehren zu Hochhausgrenzen geben soll, zusammenzufassen. Denn zwar hätten Grüne, CSU und ÖDP mit der Linken gerne die Münchner noch einmal abstimmen lassen, wie sie zu Hochhäusern stehen. Allerdings wurden sich die Fraktionen nicht über die Frage einig. Deshalb fand gestern im Planungsausschuss keiner ihrer Anträge eine Mehrheit. Also gewannen letztlich SPD und FDP, die ablehnen, dass der Stadtrat einen Bürgerentscheid in Gang setzt.

Die unterschiedlichen Positionen im Stadtrat

So unterscheiden sich die Positionen: Die Grünen sind keine Hochhausgegner. Allerdings halten sie es für undemokratisch, die Münchner Bürger nicht mehr abstimmen zu lassen. Schließlich haben sich vor knapp 20 Jahren die Münchner Wähler in einem Bürgerentscheid dafür ausgesprochen, dass kein Gebäude höher als 100 Meter sein darf. Allerdings beteiligten sich damals nur 21,9 Prozent an der Abstimmung. Auch die Mehrheit war mit 3055 Stimmen knapp. Und bindend war die Entscheidung eigentlich nur ein Jahr.

Allerdings wurden seitdem trotzdem keine Häuser mehr errichtet, die höher als 100 Meter gewesen wären, schildert Anna Hanusch von den Grünen. Sie findet deshalb: Es sollte zumindest versucht werden, den Bürger erneut nach seiner Meinung zu Gebäudegrenzen zu fragen. Denn es gibt auch rechtliche Bedenken. Die Grünen forderten deshalb ein Rechtsgutachten. Und weil sie selbst keine pauschalen Hochhausgegner sind, wollten sie in einem Bürgerentscheid eine Frage durchsetzen, die Höhenbegrenzungen ablehnt.

ÖDP und Linke haben andere Haltung

ÖDP und Linke haben da eine andere Haltung. Beide Parteien wollen verhindern, dass in München Gebäude errichtet werden, die höher als 100 Meter sind. Sie halten Hochhäuser für unökologisch. Die CSU wiederum will nicht, dass die Münchner eine Entscheidung treffen, die die ganze Stadt betrifft. Lediglich zu den 155 Meter hohen Türmen, die der Investor Ralf Büschl auf dem Paketpostareal plant, wollte die CSU eine Befragung.

Grund dafür ist, dass die CSU für den Investor Planungssicherheit schaffen will, so schilderte es deren Bauexperte Alexander Reissl. Denn eine Gruppe von Hochhaus-Gegnern rund um den CSU-Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper sammelt gerade Stimmen für einen Bürgerentscheid. Er will erwirken, dass in Neuhausen im Umfeld der Paketposthalle kein Hochhaus entsteht, das über 60 Meter hoch ist.

„Sollte das Bürgerbegehren erfolgreich sein, kann es passieren, dass wir die viele Arbeit des Planungsreferats, des Stadtrats und des Bauherren in die Tonne treten müssen. Wollen wir das wirklich auf uns nehmen?“, fragt Reissl.

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Bürgerentscheid: mehr als die Hälfte der Unterschriften fehlt noch

Brannekämper schätzt, dass seine Initiative „Hochhausstopp“ weit mehr als 15.000 Unterschriften gesammelt hat. Damit es zu einem Bürgerentscheid kommt, bräuchte er etwa 35.000.

Es fehlt also noch mehr als die Hälfte. Dass sich die Münchner deshalb nicht für das Bürgerbegehren interessieren würden, will Brannekämper daraus nicht ableiten. Die Initiatoren des Hochhausentscheids von 2004 sammelten schließlich eineinviertel Jahre, so Brannekämper. Seine Unterstützer starteten vor nicht einmal einem halben Jahr.

Außerdem weist Stadtrat Reissl darauf hin, dass es keine bestimmte Frist gibt, bis zu der die Initiative alle Unterschriften zusammen haben muss. Einen neuen Bebauungsplan für das Paketpostareal aufzustellen, ist hingegen aufwendig. Rechtswirksam ist dieser erst mit dem Satzungsbeschluss – wenn eine Bürgerbeteiligung erfolgt ist, und wenn die Stadt alle Träger der öffentlichen Belange (also etwa den Denkmal- und den Naturschutz) angehört hat. Das kann Reissls Einschätzung nach bis zu zwei Jahre dauern. Bis dahin könnten die Hochhausgegner womöglich tatsächlich alle Unterschriften zusammen haben.

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CSU will nicht für die ganze Stadt entscheiden

Doch die Hochhausfrage auf die ganze Stadt auszuweiten, wie es die Grünen wollten, kam für die CSU nicht in Frage. Weil sich zusätzlich auch Grüne und die ÖDP zusammen mit der Linken nicht bewegten, wird der Stadtrat nun also selbst keinen Bürgerentscheid beschließen.
SPD-Fraktionschef Christian Müller findet das richtig: „Wir sind als Stadträte dazu gewählt, Entscheidungen zu treffen, die das Stadtbild betreffen.“ Natürlich müsse es bei den einzelnen Baumaßnahmen eine Bürgerbeteiligung geben. Doch ebenso wie eine pauschale Grenze lehnt Müller auch die Idee der Grünen ab, das Bürgerbegehren von 2004 pauschal aufzuheben. Das könnte aus seiner Sicht suggerieren, „der Stadtrat lässt unbegrenzt in die Höhe bauen“.

Vielmehr will sich Müller an der Hochhausstudie orientieren, die das Planungsreferat in Auftrag geben ließ und die momentan überarbeitet wird. Diese Studie legt grundsätzliche Bereiche fest, wo in München Hochhäuser denkbar sind. Dazu gehört auch das Areal rund um die Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke.
Auch FDP-Chef Jörg Hoffmann sieht sich an den Entscheid von 2004 nicht mehr gebunden. Schließlich, meint Hoffmann, wäre dieser aus heutiger Sicht rechtlich gar nicht mehr zulässig.

Hochhausgrenzen: Juristisch heikel

Auch das Planungsreferat verweist darauf, dass Hochhausgrenzen juristisch heikel sind. Ein Bürgerbegehren ist aus Sicht der Verwaltung sowohl für die Gesamtstadt als auch für das einzelne Projekt nur dann zulässig, wenn die Frage so gewählt wird, dass nur ein Planungsziel vorgegeben wird und damit „ein substanzieller Planungsspielraum“ für die Stadt bleibt.

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2 Kommentare
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  • UlliStein am 13.10.2022 10:39 Uhr / Bewertung:

    Wenn ein CSU-Landtagsabgeordneter (!) so vehement JEDES Wohnungsbauprojekt bekämpft und der Stadtrat versucht, die CSU als Mieterpartei zu profilieren, bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke.

  • 30 in Bayern am 13.10.2022 09:49 Uhr / Bewertung:

    Das Thema und vor allem Herr Brannekämper nerven einfach nur noch. Lasst endlich die Türme bauen und die Stadt in die Zukunft aufbrechen.

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