Sorgenvoll in die Landtagswahl: Die Wackelkandidaten im bayerischen Kabinett

Das eine oder andere Kabinettsmitglied bangt um seinen Platz in der bayerischen Staatsregierung. Wer gute Chancen hat, wieder dabei zu sein. Und wer um seinen Stuhl am Tisch wohl fürchten muss.
Heidi Geyer |
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Wer wird künftig noch am Kabinettstisch sitzen?
Wer wird künftig noch am Kabinettstisch sitzen? © Foto: Sven Simon/imago

München - Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Auf die Bayern kommt eine neue Regierung zu. Wahrscheinlich mündet sie wieder in einem Bündnis aus CSU und Freien Wählern, zumindest legen das die derzeitigen Umfragen nahe. Eigentlich hat so ein Ministerpräsident ja viel Macht. Aber auch Markus Söder, der aller Voraussicht nach wieder Ministerpräsident werden wird, hat Zwänge. Sofern es ihn selbst nicht derbröselt, wenn die CSU schwach abschneidet.

Da ist einerseits der regionale Proporz. Die CSU hat der Bundesregierung schließlich vorgeworfen, dass es keinen einzigen Minister aus Bayern gibt. Im Freistaat gilt schon lange das Prinzip, dass kein Regierungsbezirk zu kurz kommen soll. Zudem spielt auch das Verhältnis zwischen Männern und Frauen zahlenmäßig eine Rolle. Das Alter der Minister darf man ebenfalls nicht außer Acht lassen – merklich verjüngt hat sich das Kabinett bereits in den vergangenen Jahren. Ach ja: Kompetenz spielt oder sollte zumindest auch eine Rolle spielen.

Wer übernimmt nach der Wahl den Fraktionsvorsitz bei der CSU?

Es sind aber auch andere Faktoren, die mit in die Personalplanung hineinspielen. So tritt der derzeitige CSU-Fraktionsvorsitzende im Landtag Thomas Kreuzer nicht mehr an. Und hinterlässt eine Lücke. Schließlich musste Kreuzer für Mehrheiten sorgen – für den Ministerpräsidenten, der sich im Landtag nicht allzu gern blicken lässt und, so hört man, auch nicht immer zufrieden sein soll mit dem Engagement der Abgeordneten. Gesucht ist jemand, der ein hohes Standing bei den Abgeordneten hat und akzeptiert wird.

Zugleich muss es jemand sein, der zum Ministerpräsidenten absolut loyal ist und den Laden zusammenhalten kann. Ein Name, der hier immer wieder fällt und von vielen in der Fraktion für gut befunden wird, ist Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Der Move könnte gelingen – mit dem Hintergedanken, dass Holetschek möglicherweise nach einer erfolgreichen Bundestagswahl auch wieder nach Berlin wechseln könnte, nämlich als Nachfolger von Karl Lauterbach. Dann bräuchte es allerdings einen schwäbischen Nachrücker im Kabinett in Bayern.

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Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber: Loyale Unterstützung von Markus Söder

Allerdings fällt auch der Name von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber des Öfteren, wenn es um den Fraktionsvorsitz geht. Oft verbunden mit einem Zucken der Gesprächspartner – dass mit der resoluten Oberbayerin nicht immer gut Kirschen essen ist, das wissen viele in der Fraktion. Sie gilt als sehr loyal gegenüber Söder, der sie jahrelang gefördert hat. Ob sie im Landwirtschaftsministerium weitermachen wird, ist auch davon abhängig, wie das Wahlergebnis der Freien Wähler aussieht.

Schließlich hat Hubert Aiwanger schon offen für die Freien Wähler mit dem Ministerium geliebäugelt, er selbst aber wieder für Wirtschaft plädiert. Aiwanger hält sich zudem die Möglichkeit für einen Wechsel nach Berlin offen. Wobei: Wird er ein Ministerium in Bayern aufgeben, wenn er dort nur Abgeordneter wäre? Auch ein Superministerium für Landwirtschaft und Umwelt kombiniert wäre für die Freien Wähler denkbar.

Viele Wechsel in die Bundespolitik sind denkbar

Am CSU-Parteitag klang das freilich anders: Söder machte sehr deutlich, dass Kaniber Landwirtschaftsministerin bleiben soll. Auch bei ihr wäre – sollte die Union die Bundestagswahl gewinnen – der Schritt nach Berlin möglich. Wer das Wirtschaftsministerium grundsätzlich führen könnte? Eine Aufwertung, so hört man es in der CSU, hätte sich Judith Gerlach verdient.

Die Digitalministerin gilt als fleißig, gleichzeitig ist ihr Ministerium so zugeschnitten, dass sie eigentlich kaum etwas zu sagen hat – außer Instagram nix gewesen, sagen böse Zungen. Für Gesundheit käme die Juristin möglicherweise ebenfalls infrage, wobei sie dort keine spezielle Expertise hat – dafür Empathie.

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Als gesetzt gelten hingegen viele CSU-Minister: An Finanzminister Albert Füracker und Innenminister Joachim Herrmann wird Söder nicht rütteln. Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann könnte möglicherweise sein Ressort wechseln oder Thomas Kreuzer folgen, denn schon jetzt muss er die Fäden im Hintergrund in der Hand halten. Medial ist Herrmann aber etwas farblos, was wiederum gegen ein anderes Ministerium sprechen würde.

Verkehrs- und Bauminister Christian Bernreiter hat von Söder bereits eine Ministergarantie bekommen. Auch wenn viele Parteikollegen wie auch Oppositionspolitiker den Eindruck haben, er sei nicht so glücklich über seinen Wechsel vom Deggendorfer Landratsamt nach München. Die Freiräume in einem Kabinett Söder sind doch deutlich enger als so manch einer denkt.

Markus Blume, Georg Eisenreich und Ulrike Scharf gelten als gesetzt

Wissenschaftsminister Markus Blume, Justizminister Georg Eisenreich und Sozialministerin Ulrike Scharf dürften ebenfalls nicht um ihr Amt bangen. Auch wenn Scharf den Chef oft als Vorsitzende der Frauen-Union mit dem Thema Quote nervt. Auf der anderen Seite: Würde Söder Scharf kein Amt mehr geben, dürfte er sich die Frauen-Union zum Feind machen.

Wie es für die als Gesundheitsministerin abgesägte Oberfränkin Melanie Huml indes weitergeht, ist offen. Als "Trostpreis" wurde sie Europaministerin – ein Ministeramt, das man künstlich für sie geschaffen hatte. Wird sie als eine der dienstältesten Kolleginnen in ihre Heimat Bamberg zurückkehren und dort als Oberbürgermeisterin kandidieren? Dann würde auf jeden Fall ein oberfränkisches Kabinettsmitglied fehlen – und eine Frau.

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Freie Wähler: Michael Piazolo wackelt, Glauber und Mehring hoffen auf einen Platz im Kabinett

Ein echter Wackelkandidat ist Kultusminister Michael Piazolo (FW). Den Zorn von vielen Schülern, Lehrern und Eltern hat er während der Corona-Pandemie auf sich gezogen. Doch es macht den Eindruck, als werde dies seitens der Freien Wähler wie auch von Söder toleriert.

Der dritte FW-Minister ist Umweltminister Thorsten Glauber. Er sitzt wohl sicher im Sattel, auch wenn er jüngst seinem Parteichef öffentlich widersprach, dass Bayern sehr wohl das Klimaschutzgesetz umsetzen werde. Der Schwabe Fabian Mehring, ambitionierter Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler, hofft wohl auf einen Platz im Kabinett.

Die nächste Bundestagswahl könnte sich entscheidend auf Bayerns Kabinett auswirken

Womöglich droht der Paukenschlag erst zur Hälfte der Legislaturperiode. So hat Söder es in der aktuellen Wahlperiode entschieden – und sich parteiintern viele Feinde damit gemacht. Die Hoffnung auf einen Erfolg bei der Bundestagswahl – für die CSU wie die Freien Wähler könnte sich auch aufs Kabinett im Freistaat auswirken.

Vorerst geht es aber noch um den Freistaat. Dort war Söders Freude an der Neubesetzung in der aktuellen Wahlperiode so groß, dass die Staatskanzlei der AZ kein aktuelles Gruppenfoto des Kabinetts zur Verfügung stellen kann.

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