Neue Betrugsmasche in München trifft vor allem verzweifelte Wohnungssuchende
München - Eine bezahlbare Wohnung in München zu finden, ist wie der berühmte Sechser im Lotto. Auf der Suche nach einer neuen Bleibe kommt man an den einschlägigen Immobilienportalen nicht mehr vorbei. Doch das wissen inzwischen auch Kriminelle, die mit Fake-Anzeigen Kasse machen und zudem persönliche Daten von Interessenten abgreifen wollen.
Nach Monaten mit Absagen oder geradezu astronomischen Mietforderungen klang ein Angebot aus Sendling für Mia G. (26) und Jens H. (27) geradezu traumhaft: "Wir haben uns auf den ersten Blick in die Wohnung verliebt", erzählen die Lehrerin und der IT-Experte. Dreieinhalb Zimmer, 90 Quadratmeter, Südbalkon, Einbauküche, Einbauschränke, ein Tiefgaragenstellplatz und das alles in einem frisch renovierten Mehrfamilienhaus in der Johann-Clanze-Straße.
Auf Bewerbungen für eine Wohnung in München kommt oft nicht mal eine Antwort
Die Fotos, die die Vermieter auf dem Portal eingestellt hatten, zeigten eine moderne und helle Wohnung. "1000 Euro warm inklusive Nebenkosten, davon haben wir nicht zu träumen gewagt", erzählt Mia G. Nach Monaten der Enttäuschungen und Absagen endlich ein Lichtblick für das Münchner Paar.
Auf jede Annonce im Internet reagieren sofort Dutzende Interessenten. 60, 70 und mehr Bewerbungen sind keine Seltenheit und das oft innerhalb weniger Minuten, kaum, dass eine Wohnung online ist. "Wir haben oft nicht einmal eine Antwort auf unsere Bewerbungen erhalten", erzählt Jens H. Doch diesmal schien das Paar Glück zu haben. Auf ihre Bewerbung hin meldete sich per Mail eine Frau.
Traumwohnung in Sendling: Die vermeintlichen Vermieter klangen zu nett, um wahr zu sein
Sie und ihr Mann seien Forschungsingenieure, behauptete die angebliche Vermieterin. Die Wohnung in Sendling hätten sie vor Jahren gekauft. Inzwischen seien sie zurück nach Großbritannien gezogen. "Wir benötigen die genannte Immobilie nicht mehr, da unsere beiden Kinder hier in London, Großbritannien, zur Schule gehen", schrieb sie.
"Unsere Familie hat sich dort sehr wohl gefühlt, die Nachbarschaft ist freundlich, nette Leute, ruhig, ein guter Ort zum Leben", schwärmte die angebliche Forschungsingenieurin. "Wir dachten darüber nach, es an verantwortungsbewusste Leute zu vermieten, die sich um die Immobilie kümmern würden, als wäre es ihr eigenes." Die Mail hat grammatikalisch und stilistisch ein Paar Macken, doch sie klang auch einfühlsam, nach einem Vermieter, wie man sich ihn wünscht.
Auch die Konditionen für die Wohnung in München waren mehr als vielversprechend
Mia und Jens wähnten sich endlich am Ziel ihrer Sehnsüchte angekommen. Die angeblichen Eigentümer der Wohnung zeigte großes Interesse an dem Paar. Sie erkundigten sich nach deren Jobs, ob sie Haustiere haben und wie lange sie das Objekt zu mieten beabsichtigen. Nach den ersten Mails folgte eine quälend lange Pause, Schweigen. Kein Mietvertrag, nicht mal die Aussicht auf einen Besichtigungstermin.
Bei dem Paar wuchs die Enttäuschung beinahe stündlich: lediglich 1000 Euro Warmmiete plus 1000 Euro Kaution. In München, wo 20 Euro und mehr pro Quadratmeter auch für durchschnittliche Lagen aufgerufen werden, ein Schnäppchen – Mia und Jens befürchteten, dass sie leer ausgehen, wieder einmal.
Nach Tagen und etlichen unbeantworteten Anfragen kam dann doch eine Mail, die sogar fast wie eine Zusage klang: "Wir würden uns wahnsinnig über eine positive Rückmeldung Ihrerseits freuen und bedanken uns vorab!", schrieb die Vermieterin. Um den Papierkram werde sich eine "internationale Immobilienagentur kümmern", versprach die Frau. Das Prozedere sollte die neuen Mieter keinen Cent kosten.
Nicht nur in München: Wer eine Wohnung mieten will, muss eine Menge Daten preisgeben
In einer weiteren Mail wurde dann aber ein merkwürdiger Wunsch geäußert, der das junge Münchner Paar hellhörig werden ließ. Sie sollten beide ihre Personalausweise einscannen und den Vermietern mailen. Das sei notwendig, um die Formalitäten schnell bearbeiten zu können, so die Begründung.
"Nachdem ich Ihre Daten erhalten habe, wird sich mein Makler mit Ihnen in Verbindung setzen und Ihnen Informationen über den Zeitplan für die Besichtigungen sowie alle benötigten Details" geben, versprach die angebliche Vermieterin. Wer eine Wohnung sucht, kennt das Spiel: Man muss viel von sich preisgeben – Beruf, Einkommen, finanzielle Lage, Lebensumstände und ähnliche Dinge. "Andernfalls ist man schnell runter von einer Bewerberliste", sagt Mia G.
Die Betrüger wollen mit den Wohnungen in München Kasse machen
Das wissen auch Betrüger. Ihnen spielt die Lage auf dem Münchner Mietmarkt perfekt in die Hände. "In der Regel haben es die Täter auf private Daten oder Geldüberweisungen der Wohnungssuchenden abgesehen und versuchen, für nicht existierende Scheinwohnungen zu kassieren", warnt die Verbraucherzentrale. Deshalb sollte man mit der Weitergabe von persönlichen Daten vorsichtig sein, so der Rat der Polizei. "Mit dem Personalausweis können Betrüger fremde Identitäten bei illegalen Geschäften nutzen."
Oft wollen Gauner aber auch direkt Kasse machen, in dem sie Geld für Kautionen fordern. Beispielsweise weil der Vermieter bei einer Besichtigung verhindert ist, er aber den Schlüssel zuschicken werde. Hierfür soll vorab Geld überwiesen werden. Keinesfalls sollte man vor Abschluss eines Mietvertrags eine Kaution bezahlen, warnt die Verbraucherzentrale: "Seriöse Makler oder Eigentümer verlangen kein Geld von Ihnen, bevor Sie die Immobilie besichtigt haben."
Oft verstricken sich die Betrüger in Widersprüche
Egal, ob für das Zuschicken eines Wohnungsschlüssels oder für eine Besichtigung: Sobald man aufgefordert wird, Geld im Voraus zu bezahlen, sollte man hellhörig werden. Immobilieninserate sollte man mit Skepsis lesen und auf mögliche Widersprüche zwischen Bild und Text hin überprüfen. Dazu kann es hilfreich sein, Fotos der Wohnung in der umgekehrten Bildersuche von Google hochzuladen. Ein weiteres Indiz: Häufig kopieren Betrüger Anzeigentexte aus realen, bestehenden Immobilienanzeigen. Man kann Textpassagen oder Überschriften kopieren und bei Google eingeben.
Erscheint eine sehr ähnliche Anzeige – aber mit anderen Kontaktdaten – auf weiteren Portalen, ist Vorsicht geboten. Die Sendlinger Wohnung ist inzwischen übrigens von dem Portal verschwunden, ebenso die Besitzer, die beiden Forschungsingenieure. Die Anzeige tauchte wenig später leicht modifiziert wieder auf einem anderen Internetportal auf, diesmal liegt die fragliche Wohnung allerdings in einem anderen Stadtviertel.