Überleben in der teuersten Stadt Deutschlands: Hier können nicht nur Studis günstig essen
München - Gerade die Landeshauptstadt ist für das Studium ein recht teurer Ort. Vielleicht der teuerste Studienort Deutschlands. Und bevor es jetzt eigentlich um die Verpflegungskosten der Studis geht, steht erst einmal ein anderes leidiges Dauerthema an, das damit zu tun hat: die Wohnkosten.
Hohe Lebenshaltungskosten für Studierende in München
Geht man vom Höchstsatz der studentischen Förderung (Bafög) aus, haben Studenten in der Regel etwas mehr als 1000 Euro zur Verfügung, je nach Elternhaus können das monatlich ein paar hundert Euro mehr sein. Der größte Anteil geht für die Miete drauf. 380 Euro beträgt derzeit die Wohnkostenpauschale für Bafög-Berechtigte. Höchstsatz: 934 Euro, inklusive Wohnpauschale, Pflege- und Krankenversicherung.
Das reicht in München gerade so – jedenfalls den Glücklichen, die tatsächlich eines der wenigen Zimmer in den Wohnanlagen des Studierendens bekommen haben. 360 Euro beträgt hier die Warmmiete laut Studierendenwerk im Schnitt. 556 Euro darf man hinzuverdienen – ohne dass Bafög gekürzt wird.
380 Euro würden auf dem freien Markt kaum zum Wohnen reichen. Schaut man auf Immobilienportale, geht es in Wohngemeinschaften schnell hoch auf 700 Euro für ein Zimmer – für eine Gruppe, die selten Einkommen oder Rücklagen hat.
Schaut man in andere deutsche Städte, sind die Mieten deutlich günstiger, zwischen 300 und 500 Euro für WG-Zimmer sind locker möglich. Die bundesweit durchschnittliche Miethöhe für Studenten lag 2021 bei etwa 410 Euro warm. Inzwischen wohl etwas mehr.
Günstig Essen in München: Angebote für Studentenbudgets
Aber zurück zum Thema: Wie viel kann man eigentlich für das tägliche Essen ausgeben bei so knappem Budget? Was können sich die Studis leisten? Die AZ hat sich umgesehen. Laut einer SW-Sozialerhebung von 2021 haben Studierende bundesweit knapp 200 Euro monatlich für ihre Ernährung zur Verfügung. Rechnet man das durch 20 Werktage pro Monat, landet man bei etwa zehn Euro täglich.
Die vielleicht bekannteste Studi-Wirtschaft in Uninähe ist der Atzinger, mit seinem neuen Wirt Agon Bajrami. Hier kocht der Chef persönlich, seit er das Lokal im Frühjahr 2024 wiedereröffnet hat. Und offenbar hatte er viele Gespräche mit den Studis. "Mir wurde klar, dass ich mittags eine Studentenkarte brauche", sagt er.
Bajrami wollte von Anfang an auch seine studentische Kundschaft halten. Ein Generationen-Vermächtnis sei das für ihn, dem er gerecht werden wolle. "Es kommen Gäste, die selbst einmal studiert haben, gemeinsam mit ihren Kindern und oft mit ihren Enkeln zum Essen, die inzwischen auch an der LMU studieren", sagt Bajrami.
Studi-Wirtschaft Atzinger: Günstiges Mittagessen für Münchner Studierende
Seit Anfang des Jahres hat er nun ein vergünstigtes Mittagsmenü für die Studentenschaft. "Natürlich muss keiner den Semesterausweis zeigen", sagt Bajrami. Zehn Euro kostet das Mittagessen jeweils. Auf der Karte stehen Gerichte wie Hähnchenschnitzel mit Pommes und Salat, Schinkennudeln mit Ei oder vegetarisches Curry.
"Da sollte für jeden was dabei sein. Ich bin auch nicht böse, wenn kein Getränk dazu gekauft wird", sagt Bajrami und versichert: "Ich habe die Mittags-Portionen nicht kleiner gemacht." Und vielleicht, so seine Hoffnung und Erfahrung, werde ja der Student von heute einer seiner lebenslangen Kunden von morgen.
Zehn Euro pro Gericht - das ist derzeit nicht viel, wenn man sich in Uni-Nähe umschaut. Viele Kollegen von Bajrami haben sich nicht unbedingt auf studentische Budgets ausgerichtet.
Preisvergleich: Teure Restaurants gegen erschwingliche Mensa-Mahlzeiten
Da ist zum Beispiel das asiatische Lokal Kun Tuk in der Amalienstraße. Ab 18,50 Euro und 19,50 Euro geht es bei den Hauptgerichten los, Pad Thai oder Hühnchen mit Curry etwa. Am ehesten könnten sich Studierende hier noch die Frühlingsrollen leisten: 8,50 Euro.
Im Restaurant Katopazzo in der Nähe hingegen wird das Flanksteak vom Weiderind für 28,90 Euro angeboten. Mag für ein gutes Stück Fleisch normal sein. Aber für Studenten gleich auf der anderen Straßenseite? Immerhin gibt es Bowls ab 18,90 Euro und Hühnchen mit Kartoffeln, als Menü: 16,90 Euro.
Ein ähnliches Preisniveau herrscht in der Bar Tapas (Paella Verdura 23,50 Euro, mit Fisch 26,50 Euro). Im Restaurant Il Grappolo gibt es Tagliatelle mit Trüffel für 20,80 Euro oder Scampi vom Grill für 29,90 Euro. Und man fragt sich: Haben die sich alle auf Ex-Studenten eingerichtet, die jetzt Besserverdiener sind?
Ausnahmen gibt es. Aber auf Bedienungen sollte man verzichten, um deutlich unter der Zehn-Euro-Marke zu bleiben. Im asiatischen Lokal Akuo etwa kann man Reisnudeln und gebratene Aubergine mit Reis für 9 Euro oder Wantan für 9,50 Euro haben.
Um die 10-Euro-Grenze herum gibt es auch im altehrwürdigen Schelling-Salon ein paar Schmankerl auf der Karte, zum Beispiel einen kalten Leberkäse mit Kartoffelsalat und Senf für 9,40 Euro.

Noch ein Stück günstiger ist es im Kara Kazan, ein türkischer Imbiss. Die Geschäftsführer Osman Cakir und Muhammed Kanber wollten von Anfang an Studis ein gutes Angebot machen.
"Das war uns sehr wichtig, auch wenn wir dadurch knapper kalkulieren müssen", sagt Kanber. Sie verkaufen ein Sandwich mit Geschnetzeltem (Kavurma) für 9,90 Euro und ein Köfte-Sandwich für 7,50 Euro. Auch "Kumpir"-Gerichte gibt es, mit Kartoffeln, die sie extra aus Frankreich importieren, versichert Kanber. Hier knackt man die Zehn-Euro-Marke. Dennoch gibt es weitere Menüs, die darunter bleiben (Cigköfte und Ayran für 8,90 Euro).
Seit etwa fünf Jahren betreiben Kanber und Cakir das Kara Kazan. Der Start muss holprig gewesen sein. "Es war großes Pech, dass wir zu Beginn in die Corona-Phase hineingeraten sind", sagt Cakir, "aber wir haben uns gehalten", sagt Kanber.

Test-Essen in der Uni-Mensa im Schweinchenbau
Ein wichtiger Vergleichswert – und vielleicht der Maßstab schlechthin – ist die Uni-Mensa, direkt am sogenannten Schweinchenbau an der Giselastraße. Seit Jahrzehnten die Anlaufstelle schlechthin für hungrige Studierende. Die AZ verabredet sich mit dem Sprecher des Studierendenwerks, Ingo Wachendorfer. Bleibt man hier unter der Zehn-Euro-Marke? Wir machen einen Selbsttest.
Die Mensa können sich Studenten weiterhin leisten. Darauf deuten die langen Schlangen hin, die sich fast an allen Aufgängen bilden – sie können hier mit ihrer Semesterkarte vergünstigt essen. "Es gibt täglich ein besonders preiswertes Gericht", sagt Wachendorfer. An diesem Montag ist es Tomaten-Kichererbsen-Eintopf mit Sumach, vegetarisch.

Der Reporter nimmt sich einen kleinen Salat dazu, packt beim Eintopf und beim Salat einen Tick zu viel drauf. Es wird in 100-Gramm-Portionen berechnet. Ein Laugenzopf lacht den Reporter auch noch an. Aufs Tablett damit. 440 Gramm Eintopf, 314 Gramm Salat. Bisschen viel geworden. "Das passiert oft beim ersten Mal", sagt Wachendorfer.
Auf das Getränk verzichtet die AZ. Ergebnis: 10,17 Euro inklusive Gästezuschlag. Der Laugenzopf kostet 1,40 Euro, etwas mehr als beim Bäcker. Ohne Laugenzopf wäre die Rechnung unter der Zehn-Euro-Marke geblieben. Und wie hat es geschmeckt, werden Sie sich vielleicht fragen. Es war gut abgeschmeckt. Nichts auszusetzen. Alternativ gibt es seit neuestem auch einen beliebten Veggie-Döner im Erdgeschoss, für 5,50 Euro.
Eine Studentin erzählt später, dass das ohne Gästezuschlag viel günstiger geht. Marleen ist 22, studiert Jura und kommt aus dem Großraum Stuttgart. Mit üblichen Gesamtportionen bis maximal 500 Gramm gebe sie meistens kaum mehr als fünf Euro für das Essen aus, sagt die Vegetarierin. Und: "Wer Fleisch isst, zahlt etwas mehr".
Marleen ist mit Kommilitonen da. Essen in der Mensa habe "auch einen sozialen Aspekt", sagt sie. Gemeinsam studieren, gemeinsam essen, das sei ihr wichtig, um vielleicht auch zwischendurch Fachfragen zu klären.
Miete ist größter Anteil am Budget: Wie Studenten in München über die Runden kommen
Ob für sie in Frage käme, Essen daheim vorzubereiten? "Natürlich ist das eine Option", sagt sie, "aber ich wüsste nicht, woher ich die Zeit nehmen sollte." Dabei wohnt sie nicht allzu weit weg. Sie hatte Glück, bewarb sich für eine Schwabinger WG über die Seite "Flats for Friends". 650 Euro monatlich. Dazu ein unbezahlbarer Luxus: "Ich habe dort sogar mein eigenes Bad."
Auch bei Marleen ist die Miete der größte Anteil am Budget. Sie hat monatlich etwa 1200 Euro zur Verfügung. Manchmal etwas mehr, weil sie in einer Kanzlei jobbt. Einmal pro Woche gönne sie sich, im Restaurant Essen zu gehen. Da kalkuliere sie in etwa "mit 13 Euro plus Getränk".

Nach München sei sie gekommen, weil hier die Studienqualität in ihrem Fach deutschlandweit so anerkannt sei. "Einige Freundinnen haben München gemieden, wegen der hohen Kosten", erzählt sie. In Mannheim sei eine von ihnen und zahle 400 Euro Warmmiete für ein Ein-Zimmer-Apartment.
Für 140.000 Studenten in ganz Oberbayern ist das Studierendenwerk zuständig. Etwa 10.000 Bafög-Anträge gebe es pro Jahr, sagt Werks-Sprecher Wachendorfer. 8000 seien Berechtigte. Was er bemängelt: "Der Bafög-Satz müsste regional angepasst werden", sagt er. Weil München so teuer sei, vor allem bei Mieten, höre er immer wieder, dass "am Ende des Monats nur noch Nudeln mit Ketchup auf den Teller kommen, weil das Geld fehlt".

Gefahr der sozialen Selektion: Sprecher der Studierendenvertretung zur Situation in München
Studenten seien mit der Wohnungssuche oft überfordert. Bei hohen Mieten fühlten sich viele Studierende schnell überlastet, weil sie dann mehr arbeiten müssen. "Aber wer mehr arbeitet, tut sich schwerer mit dem Studium. Das ist ja eigentlich nicht Sinn der Sache", sagt Wachendorfer.
Er sehe inzwischen die Gefahr der sozialen Selektion durch die hohen Ausgaben, wenn sich nur noch wohlhabende München leisten können. In der Studierendenberatung kämen regelmäßig junge Leute an, die sich völlig überfordert fühlten.
"Junge Studentinnen werden ja manchmal auch schwanger, Paare bilden sich, trennen sich, manchmal dramatisch. Das ist eine bewegte und herausfordernde Zeit für die jungen Leute", sagt Wachendorfer. 300 Leute täglich kontaktieren die Studierendenberatung.