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MUCGPT: München setzt auf Künstliche Intelligenz – wird so das städtische Personal ersetzt?

Überall ist die Rede von Künstlicher Intelligenz. Die Stadt München hat ihre eigene gebaut – und hat damit große Pläne.
Jan Krattiger
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Die Stadt München hat ihre eigene Künstliche Intelligenz entwickelt.
Die Stadt München hat ihre eigene Künstliche Intelligenz entwickelt. © dpa/Marc Müller

München - Vor wenigen Wochen hat die Stadt verkündet, dass sie ihre eigene Künstliche Intelligenz, genannt "MUCGPT" entwickelt hat. Und dass diese nun allen Mitarbeitern der Verwaltung zur Verfügung stünde. Was das aber ganz konkret bedeutet, wo diese neue Münchner Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt und wo sie vor allem in nicht allzu ferner Zukunft noch zum Einsatz kommen soll, hat sich die AZ bei einem Besuch im städtischen IT-Referat im Münchner Nordwesten erklären lassen.

Es ist Freitag und die modern gestalteten Büros größtenteils leer, weil die Mitarbeiter des IT-Referats im Homeoffice arbeiten – gerade in dieser Branche keine Seltenheit. Die AZ ist im sogenannten "Innovation Lab" zu Besuch, wo mit neuen Ansätzen experimentiert und Neues entwickelt wird. Geleitet wird das von Stefanie Lämmle, die das Projekt "MUCGPT" von Anfang an begleitet hat.

Stefanie Lämmle vom IT-Referat hat "MUCGPT" seit Beginn begleitet.
Stefanie Lämmle vom IT-Referat hat "MUCGPT" seit Beginn begleitet. © Jan Krattiger

"Stadt hat sehr viele Daten": Warum München eine eigene KI gebaut hat

2021 hat die Stadt ein KI-Kompetenzzentrum beschlossen und seither konkret an dem Thema gearbeitet. "Ich war immer überzeugt, dass wir Anwendungsfälle dafür finden", sagt Lämmle. "Die Stadt hat sehr viele Daten. Einwohnermeldedaten, Hundesteuerdaten, Luftbilder oder echte Wohnungs- und Grundstückskaufpreise liegen zum Beispiel in den Datenbanken."

Ein konkretes Beispiel veranschaulicht, was das bedeutet: Vor zwei Jahren hat ein Team mittels Luftbildern der Stadt und einer künstlichen Intelligenz den Baumbestand der Stadt errechnet, nämlich rund 1,7 Millionen Bäume. Auch diese Zahl stimmt zwar nicht auf den letzten Baum genau, kommt der Realität aber mit vergleichsweise geringem Aufwand wahrscheinlich sehr nahe. Ein weiteres Produkt dieses Projekts war eine Karte, auf der sehr genau jene Stadtgebiete angezeigt werden, die sehr grün sind und jene, wo sehr wenige Bäume stehen.

"MUCGPT": Was kann die Künstliche Intelligenz der Stadt München?

Was jetzt seit Februar in der Verwaltung für alle Mitarbeiter bereit steht, ist die städtische Variante von "ChatGPT", also die abgewandelte Form jener Künstlichen Intelligenz, die seit etwas über einem Jahr in aller Munde ist und sich weltweit rasend schnell verbreitet hat. 

Ein Beispiel, was MUCGPT kann.
Ein Beispiel, was MUCGPT kann. © Screenshot: IT-Referat.

Die Münchner Variante "MUCGPT" ist, insbesondere aus Datenschutzgründen, zwar basierend auf "ChatGPT", schickt aber keine Daten in die USA, die dann dort zum weiteren Training der KI verwendet würden. "Wir haben eine ganze Reihe von Einsatzmöglichkeiten gesehen: Lernressource, Programmierunterstützung, kreative Aufgaben, Analyse von Texten, Übersetzung", sagt Lämmle.

Verwaltungsmitarbeiter können sich Inspiration für Texte holen, sich Vorschläge machen lassen, oder auch Texte auf eine bestimmte Länge einkürzen. "MUCGPT" wurde, wie auch "ChatGPT", mit Informationen bis ins Jahr 2021 gefüttert – entsprechend besteht auch hier die Gefahr, dass Informationen veraltet sind. Und: Informationen müssen immer noch einmal überprüft werden, denn "ChatGPT" liegt nicht immer richtig. "MUCGPT" sei für sie ein Tool, das sie ihren Mitarbeitern an die Hand geben könne: "Wir sagen: Nutzt das, da seid ihr auf der sicheren Seite." Das sei in den ersten Wochen der Nutzung auch sehr gut angekommen. Spezifisch auf München gemünzte Funktionen hat "MUCGPT" allerdings nicht.

Ein weiteres Beispiel, wie MUCGPT eingesetzt werden kann.
Ein weiteres Beispiel, wie MUCGPT eingesetzt werden kann. © Screenshot: IT-Referat

Künstliche Intelligenz auch für München-Touristen

Neben diesen verwaltungsinternen Funktionen arbeitet das KI-Team der Stadt aber auch an Anwendungen, die für die breite Öffentlichkeit von Nutzern sein sollen – und die sich konkret auf München beziehen.

Zum Beispiel soll der Webseite von München Tourismus ein KI-Assistent zur Seite gestellt werden, der Fragen zu allen touristischen Informationen einfach aufbereitet. Der Clou dabei: Dieser Assistent sucht nicht sein gesammeltes Wissen aus den Weiten des Internets zusammen.

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Seine Informationen bezieht er nur von der Webseite von München Tourismus. So kann man als Nutzer davon ausgehen, dass die Informationen auch wirklich stimmen – was bei "ChatGPT" überhaupt nicht immer gewährleistet ist. Die Daten werden aber durch die KI einfacher nutzbar gemacht als bisher. Wahrscheinlich im Herbst wird dieser Assistent öffentlich zugänglich gemacht.

Künstliche Intelligenz im Stadtrat: So wird die Münchner Politik transparenter

Eine andere KI-Hilfe soll auch im Herbst fertig sein: Die soll es Nutzern aus Politik, Verwaltung, Medien etc. erleichtern, das Ratsinformationssystem (RIS) zu durchsuchen. Auch da wird die KI mit allen RIS-Daten gefüttert und bezieht da die Informationen.

Auch in der Ausländerbehörde im Kreisverwaltungsreferat soll eine KI dabei helfen, dass Menschen aus dem Ausland das richtige Formular finden, um einen Aufenthaltstitel zu beantragen. Da kommt auch die Mehrsprachigkeit der Künstlichen Intelligenz zum Zug. "Die KI-Modelle werben damit, dass sie viele Sprachen automatisch beherrschen", sagt Lämmle. "Das wäre natürlich im Kontext der Ausländerbehörde sehr spannend".

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Ebenfalls bereits getestet wurde eine KI, die automatisch bei städtischen Meldeplattformen, zum Beispiel jene zum Radverkehr, die eingereichten Bilder auf Personen oder Nummernschilder überprüft, die aus Datenschutzgründen anonymisiert werden müssten – und diese gleich anonymisiert. Das müsste ansonsten händisch passieren.

Stadtbibliothek: Künstliche Intelligenz soll Bücher empfehlen

Und auch im Bereich der Stadtbibliothek arbeitet Lämmle mit ihrem Team an Verbesserungen. Eine KI soll nämlich basierend auf den eigenen Ausleihen und den Ausleihen anderer Empfehlungen abgeben, was auch noch von Interesse sein könnte – ganz so, wie man das zum Beispiel beim Online-Shopping bei Amazon kennt.

Das sind alles konkrete Anfänge, die zeigen, wie die Stadt die Künstliche Intelligenz künftig nutzen möchte, um die Arbeit in der Verwaltung, aber auch Dienstleistungen für die Münchner zu erleichtern. Was immer wieder betont wird: Es geht ausdrücklich nicht darum, städtisches Personal durch Künstliche Intelligenz zu ersetzen.


"ChatGPT" kurz erklärt

"ChatGPT" ist eine Künstliche Intelligenz, die die US-Amerikanische Firma "Open AI" entwickelt hat."Open AI" wurde 2015 gegründet und ist seit 2019 ein gewinnorientiertes Unternehmen.Prominente Geldgeber sind zum Beispiel der Tesla-Gründer Elon Musk.

Seit März 2023 ist auch der Software-Gigant Microsoft eingestiegen, was es zum Beispiel der Landeshauptstadt München ermöglichte, ihr eigenes "MUCGPT" zu entwickeln.Ganz genau gesagt, ist "ChatGPT" ein KI-Chatbot, der auf einem "großen Sprachmodell" (engl. Large Language Model) basiert. Dieses Sprachmodell kann menschliche Sprache verstehen und menschlich anmutende Antworten generieren.

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3 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Johnny63 am 27.03.2024 04:34 Uhr / Bewertung:

    Der Stadtrat durch KI unbedingt ersetzen, schlimmer kann es nicht werden.

  • am 26.03.2024 15:19 Uhr / Bewertung:

    Wenn keine natürliche Intelligenz mehr da ist, dann setzt man verzweifelt auf eine künstliche?

  • Der Münchner am 26.03.2024 09:00 Uhr / Bewertung:

    Die Politiker ersetzen durch KI, das wärs!

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