Anwohner empören sich: Baut die MVG völlig unnötig an einer neuen Trambahn in München?
München – Ihren Laden nennt Sabine Falkenberg das "kleinste Kaufhaus der Stadt", weil man dort von Schokolade bis zur Kaffeemaschine alles kaufen kann. Durch ihre großen Schaufenster kann sie gut beobachten, was auf der Franz-Joseph-Straße los ist. Deshalb ist ihr am Wochenende auch aufgefallen, dass dort Arbeiter Löcher in die Erde gruben, dort, wo die Bäume ihre Wurzeln schlagen. Sie sah, dass in der Straße plötzlich Halte-Verbotsschilder standen. Da kam ihr und ihrem Mann Michael Fröschl ein Verdacht: Womöglich will die Stadt in ihrer Straße Tatsachen schaffen.
Durch die Franz-Joseph-Straße soll ein Stück der Tram Nordtangente verlaufen. Diese führt vom Elisabethmarkt bis zur Leopoldstraße, dann weiter durch den Englischen Garten bis zur S-Bahnstation in Johanniskirchen. Doch seit der Freistaat angekündigt hat, dass er keine Gleise im Englischen Garten erlauben wird, ist fraglich, ob es Sinn macht, Teile der Tram Nordtangente zu bauen oder ob sich die Stadt von diesem Projekt verabschieden muss.

Nach Aus für Tram durch Englischen Garten: Anwohner sorgen sich wegen Straßenbahn-Bauprojekt in München
Sabine Falkenberg, Michael Fröschl und um die 20 weitere Anwohner fragen sich, warum die Stadt in der Franz-Joseph-Straße trotzdem einfach weitermacht. "Keiner versteht, warum hier noch mehr Steuergelder in den Wind geschossen werden", sagt Sabine Falkenberg. Ihr Mann Michael Fröschl fügt hinzu: "Alle machen sich große Sorgen um den Baumbestand." Womöglich, so die Sorge, könnten die Arbeiten das Wurzelwerk beschädigen.
Eigentlich ist Fröschl SPD-Mitglied, aber bei der Tram Nordtangente ist er eher auf der Seite der CSU. Die fordert, dass sich die Stadt mit der Absage des Freistaats an die Gartentram abfinden und über Alternativen nachdenken soll. Wie die AZ berichtete, beantragt die CSU, bestehende Gleise in der Belgrad- und Parzifalstraße zu nutzen und durch den Englischen Garten E-Busse fahren zu lassen.
Auch Michael Fröschl und Sabine Falkenberg halten das für eine gute Idee. Vor allem die Vorstellung, E-Busse zu nutzen, gefällt ihnen: "Die Lärmbelastung bei einer Tram ist groß, das ist doch nicht mehr zeitgemäß", findet Falkenberg. Außerdem würde es mit Bussen schneller und günstiger gehen, meint sie. Fröschl hat das Gefühl, dass die Stadt die Tram-Nordtangente um jeden Preis durchpressen will. Und deshalb jetzt mit den Vorbereitungen beginnt.

Die MVG stellt dazu klar: Bauvorbereitungen werden keine durchgeführt. Seit Montag lässt die MVG die Bäume untersuchen, um Auskunft über die Vitalität der Bäume und der Wurzeln zu erhalten.
"Diese Informationen dienen unter anderem als Grundlage für die optimale Positionierung von Fahrleitungsmasten sowie für den Erhalt möglichst vieler Bäume", antwortet ein MVG-Sprecher auf eine AZ-Anfrage.
MVG und Freistaat: Weitere Gespräche über Tram-Nordtangente und Englischer-Garten-Trasse geplant
Am geplanten Verlauf der Tram Nord-Tangente will die MVG festhalten: "Wir glauben nach wie vor daran, dass man mit dem Freistaat eine auf zutreffenden Sachverhalten basierende Diskussion über die Planunterlagen eintreten kann", schreibt die MVG.
Damit spielt er auf Folgendes an: Der Freistaat hatte als Grund für seine Ablehnung den hohen Grad der Versiegelung genannt. Im Vergleich zu heute würde die neue Trasse um 35 Prozent breiter als die Busspur, schrieb Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (CSU). Laut MVG stimmt das nicht: Die Trasse werde nur um 15 Prozent breiter.
Der Plan der MVG ist, den Freistaat zu einem Gespräch einzuladen. "Für Änderungsvorschläge sind wir offen und bereit, diese zu prüfen", so die MVG. Die Variante, die die CSU vorschlägt und die auch den Bürgern vor Ort gefällt, kommt allerdings für die MVG nicht in Frage. Diese Routenführung sei baulich schwierig umsetzbar und hätte nichts mit dem berechneten Nutzen der Tram-Nordtangente zu tun. Darüber hinaus wäre sie deutlich länger.
Bisher hat die MVG 5,4 Millionen in die Planungen der Tram-Nordtangente gesteckt. Hinzu kommen mehrere Millionen, die sie in die Entwicklung von Akkutrams gesteckt habe. Diese hatte die CSU beantragt.
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