Aiwanger poltert in der Wahlarena los: "Diese Regierung hat die Hetze durch ihre Politik verdient"

Dass die CSU in Bayern bei der Landtagswahl stärkste Kraft wird, gilt als ausgemacht. Dahinter wollen sich Freie Wähler und AfD als Nummer zwei im Freistaat positionieren. In der BR24 Wahlarena gingen Hubert Aiwanger und Katrin Ebner-Steiner dafür auf Stimmenfang.
Viktoria Hausmann |
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"Eigentlich nichts", antwortet Hubert Aiwanger auf die Frage in der BR24 Wahlarena, was er bereut.
"Eigentlich nichts", antwortet Hubert Aiwanger auf die Frage in der BR24 Wahlarena, was er bereut. © Screenshot: BR24 Wahlarena

München - Wer wird zweitstärkste Kraft in Bayern? Aktuell liegen die Freien Wähler deutlich vorne. Nicht zuletzt dank des Wirbels um ihren Chef Hubert Aiwanger. Doch auch die AfD will zweitstärkste Kraft werden. Auch wenn sie in den Umfragen aktuell knapp hinter den Grünen auf Platz vier liegt.

In der zweiten BR24 Wahlarena stellten sich der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und die AfD-Spitzenkandidatin Katrin Ebner-Steiner den Fragen des Publikums. Obwohl die beiden Niederbayern nicht direkt aufeinander trafen, lieferten sie sich indirekt ein Duell um den Platz hinter der CSU.

Hubert Aiwanger hat in der Wahlarena ein Heimspiel

Den Anfang macht natürlich Hubert Aiwanger. Schwandorf in der Oberpfalz ist für den bayerischen Wirtschaftsminister und Freien Wähler-Chef gewissermaßen ein Heimspiel. Seine Lebensgefährtin Tanja Schweiger – ebenfalls Freie Wähler – ist Landrätin des Landkreises Regensburg. Die erste Frage stellt ein Regensburger Student. Er möchte wissen, was die Freien Wähler für junge Leute wie ihn tun?

Aiwanger legt los: "Wir Freien Wähler haben die Studiengebühren abgeschafft." Viele gut qualifizierte junge Menschen müssten wegen der wirtschaftlichen Lage und hohen Steuern abwandern. "Wir bieten jungen Menschen eine Zukunft und wollen, dass sich Arbeit für sie lohnt. Wir wollen die Erbschaftssteuern abschaffen. Damit sie später ihr Elternhaus erben."

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Aiwanger klagt über die medizinische Versorgung: "Zu viele junge Ärzte verlassen das Land"

Der junge Mann bleibt stumm, bis die Moderatorin Franziska Eder ihn fragt, ob er zufrieden ist. Er nickt: "Bin zufrieden." Aiwanger hat den Härtetest bei der jungen Wählergruppe erstmal bestanden. Ein weiterer Mann fragt, was er von Bürgerräten hält. "Wir Freien Wähler sind sehr basisdemokratisch", antwortet Aiwanger: "Der Stammtisch ist eine Urform der Demokratie, wenn sie das im Bürgerrat genauso machen ist es gut, aber es sollte nicht die Gewählten umschiffen."

Eine Frau fragt nach flächendeckender medizinischer Versorgung. Sie ist chronische Schmerzpatientin und pflegende Angehörige. Aiwanger redet von fehlender medizinische Versorgung für Mensch und Tier im ländlichen Raum: "Zu viele junge Ärzte verlassen Deutschland." Daran sei auch der Numerus Clausus schuld. Viele Medizinstudenten mit schlechten Schulnoten gingen dann zum Medizinstudium ins Ausland und kämen später zurück, während in Deutschland ausgebildete Ärzte auswanderten. "Wir müssen wieder mehr Ärzte bei uns ausbilden."

Der Freie-Wähler-Chef will "die Leute wieder in Arbeit" bekommen

Ein Mann fragt Aiwanger nach Wald und Artenschutz. Aiwanger scheint plötzlich in seinem Element zu sein. "Ich bin ja selber Waldbauer", erzählt er begeistert: Man müsse viel mehr Holz aus dem Wald herausschneiden, dann würde Wild nicht alles abfressen. Außerdem müssten auch private Jäger überschüssiges Wild schießen dürfe. Der Kampf zwischen Jägern und Förstern müsse enden. "Wir brauchen eine bessere Durchforstung." Die Moderatorin bremsen ihn. Eder rennt zu einer Frau hinüber: "Sie strecken so energisch", ruft sie ihr zu.

Die erzählt von ihrer Rente, zu der sie hinzuarbeiten müsste, aber dann müsste sie Steuern zahlen. Aiwanger ist begeistert. Sein Lieblingsthema Steuersenkungen. Er erzählt, dass sich die Arbeit für Rentner und Geringverdiener wieder lohnen müsse. Die Moderatorin hakt nach. Wie will Aiwanger Steuererleichterungen finanzieren? "Indem die Leute wieder in Arbeit kommen. Wir haben so viele Leute, die zu Hause sitzen und sagen Arbeit lohnt sich nicht."

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Hubert Aiwanger will kein Außenmitarbeiter der Grünen sein

Es folgen die Fragen der jungen Wähler aus dem Netz. "Was bringt diese Hetze gegen die Grünen außer eine noch größere Spaltung der Gesellschaft", will eine Userin wissen. "Ich denke, dass sie diese Regierung die Hetze durch ihre Politik selbst verdient hat, indem sie Politik gegen die Bevölkerung macht", erklärt Aiwanger. Er sei kein Außenmitarbeiter der Grünen, der sie vor verärgerten Bürgern verteidigen müsse.

"Was bringt es jetzt fossile Heizungen einzubauen?" Aiwanger erzählt davon, dass man Gasheizungen auf Wasserstoff umrüsten kann. Die letzte Frage aus dem Netz: "Was bereuen sie?" Aiwanger überlegt kurz: "Eigentlich nichts!" Er habe immer rechtschaffene Politik gemacht. Das Thema Reue wegen der Flugbatt-Affäre lässt er aus.

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Hubert Aiwanger fordert: "Wir müssen den Bauern wieder Luft zum Atmen geben"

Ein junger Mann fragt nach den Bauern und kritisiert die Auflagen. Er selbst ist kein Landwirt. Aiwanger strahlt und lobt seinen Einsatz für Landwirte: "Wir müssen den Bauern wieder Luft zum Atmen geben und nicht hier alles stilllegen und dann das Rindfleisch aus Brasilien importieren und in ein paar Jahren das Schweinefleisch aus China. Dann haben wir auf dem Oktoberfest nicht mal mehr Spanferkel aus Deutschland", poltert er.

Ein junger Mann mit langen Haaren meldet sich. Er fragt nach Klimawandel und Verkehr und lässt durchblicken, dass er ihn für einen Populisten hält. "Bayern hat den niedrigsten CO2-Ausstoß", antwortet der Wirtschaftsminister gelassen. Natürlich könne man hier das Licht ausmachen und Fahrrad fahren, polemisiert er: "Aber das muss man durchhalten können. Natürlich kann ich sagen, ab morgen kein Auto und kein Haus mehr, dann schaffe ich das Ziel in fünf Jahren, aber dann geht die ganze Wirtschaft kaputt und wandert ab."

Die Freien Wähler wollen weiter eine Koalition mit der CSU

Ein älterer Herr fragt nach dem Wiedereinstieg in die Atomkraft. "Ob jetzt neue Kraftwerke gebaut werden, schließe ich aktuell aus, aber in fünf bis zehn Jahren halte ich es für wahrscheinlich", sagt Aiwanger. Die Zuschauer klatschen.

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigt sich vor der Landtagswahl optimistisch.
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigt sich vor der Landtagswahl optimistisch. © Screenshot: BR24 Wahlarena

Ein junger Mann fragt nach dem Lehrermangel. "Wir müssen das Berufsbild des Lehrers wieder attraktiver machen. Wir haben hier viele Stellen geschaffen, aber es sind keine passenden Köpfe da." Trotzdem dürfe man anderen Bundesländern nicht die Lehrer wegnehmen. Ein Mann fragt nach der Fortsetzung der Koalition, lobt Aiwanger und kritisiert die "Kampagne" gegen ihn. Aiwanger lächelt. Die CSU sei der ideale Partner. Man wolle die Koalition fortsetzen. "Ich geh da optimistisch in die Wahl rein", antwortet Aiwanger.

Die letzte Frage darf ein älterer Herr stellen: "Warum gelingt es uns nicht, ein gutes Konzept für den Personennahverkehr zu finden?" Aiwanger seufzt: "Weil es einfach zu teuer ist. Auf dem Land fährt der Bus mit zwei Personen und einer ist der Busfahrer. Das lohnt sich nicht. Wir brauchen intelligentere Konzepte mit Ruf-Taxis." Damit ist der erste Teil zu Ende.

Familienpolitik: Die AfD setzt auf "das altbewährte System"

Nach der Pause betritt Katrin Ebner-Steiner die Arena. Die AfD-Spitzenkandidatin gilt als rechte Hardlinerin und Vertraute von Björn Höcke. Ebner-Steiner bildet zusammen mit dem ebenfalls weit rechtsaußen stehenden Martin Böhm, eine Doppelspitze, die voll auf völkische Inhalte setzt. Eine junge Frau fragt nach einer Reform des Schulsystems. Ebner-Steiner lächelt.

Katrin Ebner-Steiner fühlt sich in der Familienpolitik zu Hause – und schockt mit ihren Äußerungen.
Katrin Ebner-Steiner fühlt sich in der Familienpolitik zu Hause – und schockt mit ihren Äußerungen. © Screenshot: BR24 Wahlarena

Die vierfache Mutter fühlt sich in der Familienpolitik zu Hause: "Wir von der AfD setzen auf das altbewährte System. Wir wollen an der Förderschule festhalten, weil es inzwischen Klassen mit 80 Prozent Migrationsanteil gibt." Dies würde die Leistung aller Schüler nach unten ziehen, wenn die Kinder schlecht Deutsch können. Stille. Die junge Frau fragt nach: "Machen sie die Migration für das schlechte Ergebnis verantwortlich?"

"Selbstverständlich! Viele Kinder in Bayern sind nicht mehr autochthone bayerische Kinder." Sie könnten kein Deutsch und sollten deswegen in getrennte Klassen. Die junge Frau und die Moderatoren schauen entsetzt.

Beim Thema Inklusion gerät Katrin Ebner-Steiner ins Wanken

Ein Mann meldet sich. Er habe selbst als Kind von der Inklusion profitiert. Höcke und Ebner-Steiner seien gegen Inklusion. "Warum behaupten sie, dass einzelne behinderte Kinder die Klassen runterziehen, wenn das nicht stimmt", fragt er. Das Publikum applaudiert. Ebner-Steiner erklärt ihn zum Einzelfall. Als der Mann verneint, gibt es erneut Applaus.

Eine junge Frau meldet sich. Auch sie hat eine Behinderung und habe die reguläre Schule besuchen können. Das Publikum applaudiert wieder. Ebner-Steiners Argumentation wankt. Das müssten die Schulen je nach Fall entscheiden.

Ebner-Steiner betont, dass für sie "alle Menschen gleich viel wert" sind

Ein älterer Herr meldet sich. Die bayerische Verfassung setze sich für die Völkerversöhnung ein. Kann die AfD garantieren, dass es so bleibt? Ebner-Steiner redet über Welcome Classes, in denen Kinder mit Migrationshintergrund bleiben sollen, bis sie gut Deutsch können. Eine junge Krankenschwester meldet sich: "Was tut die AfD gegen das Kliniksterben?" "Wir wollen, dass Pflegekräfte gut bezahlt werden", antwortet Ebner-Steiner.

Bei den Fragen der jungen Menschen aus dem Netz gibt sich Ebner-Steiner gemäßigt. "Wie stehen sie zur gleichgeschlechtlichen Ehe?" Es gäbe für die AfD nur Vater, Mutter, Kind, schreibt eine Userin. "Nee, wir sagen das ist der Regelfall, aber gibt auch Patchwork-Familien. Überall wo Liebe ist, muss es möglich sein." Die nächste Frage: "Warum sind manche Menschen für sie weniger wert?" Ebner-Steiner schluckt: "Das möchte ich zurückweisen, für mich sind alle Menschen gleich viel wert."

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Die AfD-Kandidatin würde als Ministerpräsident die Grenzen schließen

Es folgt Frage drei: Wieso wirbt die AfD damit, dass durch Abschiebungen wieder mehr Wohnraum entsteht. "Das ist nicht nur die einzige Maßnahme, aber wenn wir alle Ausreisepflichtigen abschieben, wird die Wohnung auch wieder frei."

Ein anderer will wissen, was sie tun würde, wenn sie Ministerpräsidentin wäre? "Ich würde die Grenzen schließen, alle ausreisepflichtigen Ausländer sofort abschieben und dafür sorgen, dass unsere Kinder wieder eine richtig tolle Bildung bekommen." Ein paar Menschen im Publikum klatschen. "Und ich würde die Kernkraftwerke wieder ans Netz nehmen, damit die Wirtschaft wieder gestärkt wird." Wieder Applaus.

Beim Thema Björn Höcke friert Katrin Ebner-Steiner das Gesicht ein 

Ein junger Mann erklärt Ebner-Steiner, dass nur ältere Menschen ihre Partei wählen. "Während Corona haben ganz viele Junge zu uns gefunden, weil sie zu Hause eingesperrt wurden", antwortet Ebner-Steiner kühl. Ein blonder Mann meldet sich, erzählt von "sogenannten Flüchtlingen". "Solange solche Neonazis wie Björn Höcke in ihre Partei sind, ist sie für mich nicht wählbar", schließt er. Ebner-Steiners Gesicht friert ein: "Solche Menschen gibt es nicht in unserer Partei", antwortet sie knapp.

Ein anderer junger Mann redet mit ihr über Populismus. Ebner-Steiner wirkt unbeeindruckt: "Populismus heißt, dem Volk aufs Maul schauen", antwortet sie. "Populismus heißt einfache Lösungen", widerspricht er. Man müsse allen helfen, antwortet die AfDlerin. "Das geht nicht mit nazistischer Politik", antwortet der junge Mann. Das Publikum klatscht.

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Den Klimawandel könne man laut Ebner-Steiner nicht aufhalten

Zuletzt will ein Mann wissen, ob sie den Klimawandel leugne. Ebner-Steiner wirkt ungerührt. Den Klimawandel könne man nicht aufhalten: "Es geht nicht, dass wir wegen drei Prozent die Wirtschaft kaputt machen." Bei ihr in Deggendorf würde eine Papierfabrik schließen und ins Ausland gehen. Die letzte Frage nach Atomkraft geht aus Zeitgründen unter.

In der dritten und letzten Wahlarena am 27. September treffen Florian von Brunn (SPD) und Martin Hagen (FDP) in Hawangen (Schwaben) auf die Bürgerinnen und Bürger.

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39 Kommentare
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  • Geradeaus-Denker am 21.09.2023 17:26 Uhr / Bewertung:

    Er hat sich doch nach seinen Jugendlichen Verirrungen entschuldigt und ist zum Menschenfreund geworden. Nur die Ampelregierung ist da ausgeschlossen. Die hat Hetze verdient. Fällt da etwas auf?

  • Der wahre tscharlie am 21.09.2023 17:24 Uhr / Bewertung:

    "Aiwanger poltert in der Wahlarena los: "Diese Regierung hat die Hetze durch ihre Politik verdient"

    Aiwanger, ganz der Diplomat grinsen Soll jetzt Hetze gegen eine Regierung salonfähig werden, nur weil sie eine andere Politik macht, als die Opposition es sich vorstellt?
    Na dann, Gute Nacht.

  • Zabadak am 21.09.2023 17:23 Uhr / Bewertung:

    War kurz in der BR-Mediathek um mir Frau Ebner-Steiner anzusehen. Ich war gespannt darauf, ob sie sich bis über beide Ohren blamiert – wie ihre Parteifreunde bei Lanz oder Maischberger. Sie übertraf meine Erwartungen in jegliche Form. Keine Ahnung vom Schulsystem, Realschule gibt es für sie nicht. Unkenntnis von Bundes- oder Länderrecht. Hauptsache populistisch einen raushauen bei völliger Ahnungslosigkeit.

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