TSV 1860 taumelt in Richtung Regionalliga: Wer kann jetzt noch helfen?
München - Baustellen gibt es wahrlich genug beim TSV 1860. Nicht wenige dürften gar der Auffassung sein, der Klub sei eine Ansammlung von Fragmenten, von Bruchstücken, die hinten und vorne einfach nicht zusammenpassen (wollen).
In einer solch vertrakten Lage verwundert es nicht, dass auch die Mannschaft immer mehr in einen Strudel hineingerät, der ehr an Abriss-, denn an Aufbauarbeit erinnert.
TSV-1860-Interimstrainer Frank Schmöller fordert: "Einfach Gas geben – egal, was passiert"
Das dämmerte wohl inzwischen auch Interimscoach Frank Schmöller, dem derzeitigen Baustellenleiter mit der komplizierten Aufgabe, das Sechzig-Puzzle so zusammenzusetzen, das es wenigstens einigermaßen hält und nicht total auseinanderfliegt – sprich: nicht Richtung Regionalliga taumelt. "Es geht darum, die Mannschaft mental aufzubauen", betonte Baumeister Schmöller vor der letzten Auswärtsschicht des Jahres am Mittwoch bei Waldhof Mannheim (19 Uhr, MagentaSport und im AZ-Liveticker), "es ist klar, dass wir in der Situation, in der wir stecken, nicht vor Selbstvertrauen strotzen."
Solides, Handwerk mit einfachen Werkzeugen ist gefragt, keine architektonischen Fußball-Wunderwerke mit feingliedriger, künstlerischer Hand. Schmöllers Plan: "Wir brauchen jetzt die Mentalität, dass wir einfach Gas geben - egal, was passiert. Fußball wird zu 80 Prozent im Kopf entschieden und da fehlt es momentan bei uns."
Verlaat, Rieder, Vrenezi: Vermeintliche TSV-1860-Vorarbeiter ohne Plan
Ungünstig zudem, dass auch diejenigen, die qua ihrer Vorarbeiter-Rolle die großen Klötze tragen und zusammensetzen sollen, das nicht können, weil sie nach der passenden Bauanleitung suchen – sprich: verunsichert sind. Das gilt für Kapitän Jesper Verlaat ebenso wie für andere gestandene Profis wie Tim Rieder oder Albion Vrenezi.
Bei Verlaat – und nicht nur bei ihm, – versuchte es Schmöller mit aufbauenden Worten angesichts der diversen Patzer bei Arminia Bielefeld (0:2). "Wir haben auch mit ihm nochmal gesprochen,", berichtete der Löwen-Coach auf Zeit, "aber ich habe ihm und der Mannschaft auch gesagt, dass es weitergeht – dass es immer weitergeht."
Nur wie? Noch ein Rückschlag in Mannheim wäre ja nicht bloß eine unliebsame vorweihnachtliche Bescherung. Schmöller findet: "Uns fehlt das Spielglück. Das ist kein Alibi, das sieht wohl jeder. Wir müssen entschlossener sein."
In der Offensive des TSV 1860 hakt es – nicht nur an Fynn Lakenmacher
Womit die Offensive, eine der vielen Baustellen erreicht wäre, die derzeit einem Krater gleicht, in dem irgendwann mal ein Fundament gelegt werden soll, aber niemand weiß, wie er den Boden fachmännisch gießen soll. Vielleicht hat einfach auch die Zeitarbeitsfirma Transfermarkt die falschen Kräfte geschickt. Ohne adäquaten Neuner und mit Flügelstürmern, denen Präzisionswerkzeuge fehlen, ist guter Rat teuer. Auf den glücklosen Fynn Lakenmacher allein will Schmöller das Problem nicht reduzieren. "Wir tun jedem weh, wenn wir nur einzelne Spieler betrachten", sagt er.
Daher nimmt der 57-Jährige das gesamte Baustellen-Kollektiv in die Verantwortung. "Damit ein Stürmer Tore schießt, braucht er Vorlagen. Da ist die ganze Mannschaft gefragt. Fakt ist: Tore entscheiden Spiele und wir uns uns wahnsinnig schwer, Tore zu schießen." Genau genommen waren es sieben Treffer in den elf Pflichtspielen ab Oktober. Das ist so, als schlägt man sich permanent mit dem Hammer auf den Daumen statt den Nagel zu erwischen. Also sollte man überprüfen, ob man richtig zum Nagel steht. Oder laut Schmöller im Falle Lakenmacher: "Er bringt sich im letzten Drittel nicht so in Position, wie wir ihn brauchen." Klingt alles, als ob die Groß-Baustelle 1860 noch länger bestehen bleibt.