Nach dem Jacobacci-Aus: Droht dem TSV 1860 jetzt ein Eiertanz wie damals bei Köllner?
München - Marc-Nicolai Pfeifer hatte sich am Mittwoch in sein Business-Outfit geworfen – dem Anlass des Termins angemessen. Und die Kleiderwahl des Finanz-Geschäftsführers entsprach letztlich auch der Tonalität seines Auftritts, es war weitgehend Business-Sprech.
Unverbindlich, meist sehr vage, sich nicht festlegend, nach alle Seiten offen. Ob gewollt oder nicht, es sprach ein Mann, der weiß, dass seine Zeit beim TSV 1860 in der momentanen Konstellation im kommenden Sommer enden dürfte.
So verständlich es ist, dass der 42-jährige Pfeifer sich nicht zusätzlich angreifbar machen möchte im verrückten blauen Kosmos: Es blieb dabei vollkommen im Nebel, wie die Sechzger gedenken, die Nachfolge des freigestellten Cheftrainers Maurizio Jacobacci dauerhaft zu lösen.
Nach Michael Köllner: Dem TSV 1860 steht der nächste Trainer-Eiertanz bevor
"Es ist folgerichtig, dass wir die Stelle kommissarisch besetzen, bevor wir den internen Prozess aufgleisen können", sagte Pfeifer, und: "Es ist nicht der richtige Tag und die richtige Plattform, die internen Prozesse hier zu teilen. Es ist ein Prozess, der intern definiert wird unter Einbezug der Gremien und der beiden Gesellschafter."
Man könnte das auch so interpretieren, dass den Löwen ein erneuter Trainer-Eiertanz bevorsteht – ähnlich dem nach der Trennung von Michael Köllner. Mit dem Unterschied, dass es damals in Günther Gorenzel noch einen verantwortlichen Sportchef gab, heute existiert nur einer in spe.
Kandidat Christian Werner (42) ist weiterhin nicht offiziell eingestellt, die Trainersuche fiele exakt in sein Aufgabengebiet. Und weil Pfeifers Vertrag im Sommer ausläuft, wird er sich wahrscheinlich nicht mehr Verantwortung aufhalsen als er qua Arbeitspapier noch muss.
Marc-Nicolai Pfeifer: "Die Aufgabe, hier Trainer zu sein, ist richtig groß und komplex"
"Sportliche Kompetenz bleibt und ist verortet auf der sportlichen Seite", führte Pfeifer aus und meinte: "Ich werde sicherlich mit Blick auf die Budgets und die Verwaltung in Verantwortung sein. Ich werde bis zum letzten Tag alles dafür tun, dass wir ein bestmögliches positives Feld hier weiter haben werden. Ich habe mich mit Sechzig bis heute wahnsinnig identifiziert."
Das aber führt angesichts der beiden sich in Abneigung verbundenen Gesellschafter zur Schlussfolgerung: Der Löwe von der Grünwalder Straße 114, er ist kein erhabenes Geschöpf mit großer Machtfülle und Gestalt, er ist ohne funktionierende Führung und damit quasi gelähmt.
Pfeifer auf die Frage zum künftigen Trainerprofil: "Die Aufgabe, hier Trainer zu sein, ist richtig groß und komplex. Die Gremien müssen definieren, an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt, ein Sport-Geschäftsführer dann auch mit eingebunden werden kann. Das ist heute nicht mein Thema."
Wann kommt der neue 1860-Trainer? Marc-Nicolai Pfeifer will sich nicht festlegen
Nicht einmal einen Zeitpunkt, wann dieses Vakuum wieder gefüllt sein sollte, mag Pfeifer bestimmen. "Es ist schlecht, Erwartungen zu hegen, die sich dann nicht erfüllen lassen", erklärte er, "wir haben Ambitionen und den Ehrgeiz, schnellstmöglich in den Prozess zu kommen. Eine Erwartungshaltung, besonders wenn es nicht in der eigenen Hand liegt, wäre nicht richtig – und nicht angemessen."
Zumindest nimmt U21-Coach Frank Schmöller den Verantwortlichen die akute Entscheidung erst einmal ab – der 57-Jährige füllt das Vakuum an der Seitenlinie in den verbleibenden Wochen bis Weihnachten. Schmöller vermittelte den Eindruck, dass ihm vor der Aufgabe nicht bange und er imstande ist, eine ebenso destabilisierte wie verunsicherte Mannschaft auf ein halbwegs festes Fundament zu stellen. Aber, was dann?
TSV 1860: Darum scheidet U21-Coach Frank Schmöller als Dauerlösung aus
Schmöller scheidet ohne die passende Lizenz und auch in Kombination mit einem zertifizierten Fußball-Lehrer als Dauerlösung aus. "Meine Zeit ist hier endlich, das ist klar kommuniziert", sagte der Ex-Profi (unter anderem beim HSV).
Der zusätzlich berufstätige Schmöller ist der Notfallplan, der auf der Hand lag – ein unbelasteter ohne potenzielle Lagerzugehörigkeit. Sein Arbeitgeber war kooperativ, habe ihn binnen fünf Minuten freigestellt, berichtete er dankbar: "Es gab keine Sekunde einen Zweifel." Ein höchst seltener Zustand auf Giesings tosenden Höhen.