1860-Kultkneipe in Giesing schließt: Löwen-Fans trauern um den Trepperlwirt

Das Riffraff schließt – und jetzt kündigt auch noch der Trepperlwirt an, dichtzumachen. Die Sechzgerfans verlieren nach und nach ihre Giesinger Treffpunkte. Die Politik ist alarmiert.
Ruth Frömmer,
Felix Müller
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Daniel von Loeper
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"Der Trepperlwirt hat doch Tradition!", sagt Löwenfan Daniel Senn (l.), hier mit Wirt Robert Völtl und dessen Frau Alice vor dem Trepperlwirt an der Tegernseer Landstraße.
"Der Trepperlwirt hat doch Tradition!", sagt Löwenfan Daniel Senn (l.), hier mit Wirt Robert Völtl und dessen Frau Alice vor dem Trepperlwirt an der Tegernseer Landstraße. © Daniel von Loeper

München - Im Trepperlwirt steckt nicht nur Giesinger Geschichte. Sondern auch Familiengeschichte von Giesingern. Zum Beispiel die des Wirtes selbst. "Meine Eltern waren schon im Trepperlwirt", sagt Robert Völtl, der die Boazn an der Tegernseer Landstraße gegenüber vom Grünspitz heute betreibt.

Trepperlwirt hieß bis vor sieben Jahren noch anders

Wegen der kleinen Treppe am Eingang hätten die Giesinger die Kneipe schon seit den Sechziger-Jahren so genannt – auch wenn sie bis vor gut sieben Jahren offiziell Augustiner-Stüberl hieß. Dann hat Völtl das Lokal zusammen mit seiner Frau Alice von Augustiner gepachtet und ihm auch offiziell den Namen Trepperlwirt gegeben.

Der Laden versteht sich als "Sechzger-Hüttn", liegt direkt auf dem Weg vom U-Bahnhof Silberhornstraße zum Stadion. Klar, dass hier vor allem vor und nach Spielen so richtig was los ist. An Spieltagen drängeln sich selbst im Winter stundenlang die Menschentrauben auf dem Gehsteig unterhalb der Treppe.

Selbst bei strömendem Regen wie am Sonntag bilden sich Menschentrauben – wenn Sechzig spielt.
Selbst bei strömendem Regen wie am Sonntag bilden sich Menschentrauben – wenn Sechzig spielt. © Daniel von Loeper

Am 10. September: Trepperlwirt in Giesing schließt

Neben Löwen und alten Giesingern verkehren hier aber auch viele Brasilianer. Völtls Frau Alice stammt nämlich aus Brasilien und verpasst der blauen Gaststätte ein paar brasilianische Farbtupfer.

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Noch vor zwei Jahren hat Augustiner die Kneipe renoviert: neuer Boden, neue Tische und sogar eine neue Heizung eingebaut. Am 10. September ist trotzdem Schluss. Der Vermieter hat die Miete so stark erhöht, dass Völtl nicht mehr gewinnbringend wirtschaften kann, wie er sagt. Daraufhin hat die Brauerei den Vertrag mit dem Vermieter selbst gekündigt.

Trepperlwirt-Betreiber wollen an anderem Standort weitermachen

Ein Schock für Völtl und seine Frau. Mit dem Trepperlwirt ernähren sie ihre zwei Kinder. Nebenher arbeitet er als Busfahrer. Früher war er mal Bierfahrer für Augustiner. Er ist in Giesing geboren und hat sein Viertel immer geliebt. Die Völtls möchten auf jeden Fall als Wirte hier weitermachen und haben schon angefangen, sich umzuhören. Genau so eine kleine Boazn sollte es wieder werden, die sie alleine führen können. Eine Aushilfe brauchen sie nur an Löwen-Spieltagen.

Die Frage ist, ob sich noch einmal so eine Gelegenheit auftut. Es wird immer enger für die Giesinger-Boazn – und auch für weniger Boaz-ige Treffpunkte der Löwenfans.

Stammgast und Löwe Hans Schmöller ist traurig über das Aus.
Stammgast und Löwe Hans Schmöller ist traurig über das Aus. © Daniel von Loeper

Auch das Riffraff schließt – spätestens im Oktober ist Schluss

Ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite liegt das Riffraff, eine der anderen Kneipen, die die Straße an Spieltagen zum Sechzger-Straßenfest umgestalten. Doch Wirt Flo Falterer macht ebenfalls Schluss. Spätestens im Oktober, sagte er am Montag der AZ, sei es endgültig soweit. Immerhin: Der TSV 1860 bemüht sich, die Räumlichkeiten selbst zu übernehmen, würde dann wohl zumindest an Spieltagen ein gastronomisches Angebot machen.

Wer die Entwicklung in Giesing kennt, muss wohl für wahrscheinlicher halten, dass eine geldigere Nutzung kommt. Obergiesings Bezirksausschuss-Chefin Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne) erfährt am Montag durch einen Anruf der AZ vom bevorstehenden Trepperlwirt-Aus. "Es ist einfach schrecklich!", stöhnt sie ins Telefon. Sie sei "sehr betrübt", wie sich die Straße gerade verändere, sagt sie, die Straße brauche doch die Mischung und das Leben!

Im Trepperlwirt selbst sind die Stammgäste natürlich ebenfalls bestürzt, "Es ist ein sehr großer Verlust und sehr schmerzhaft", sagt Johnny Leone, der vor dem Löwen-Spiel noch ein Helles am Tresen trinkt. Einige der Gäste wollen nun eine Unterschriften-Aktion starten. Für den Erhalt des Trepperlwirts. Für den Erhalt ihrer Giesinger Boazn-Kultur.

Auf die Löwen! Johnny, Linus und Mirko Leone (v.l.) am Tresen des Trepperlwirts.
Auf die Löwen! Johnny, Linus und Mirko Leone (v.l.) am Tresen des Trepperlwirts. © Daniel von Loeper

Trepperlwirt macht dicht: Das sagen die Sechzgerfans zur Schließung

Robert Marx (50), Gastronomieangestellter:

Robert Marx.
Robert Marx. © Daniel Loeper

"Mit der Schließung des Trepperlwirtes geht ein Stück Giesing verloren. Das Lokal ist ein Original und nicht wegzudenken von unserem Giesing. Ich verstehe es einfach nicht. Wir haben gefühlt 15 Friseure in der Tegernseer Landstraße und gleichzeitig fehlt es an Lokalen."

Petra Schwaiger (56), Laborantin:

Petra Schwaiger.
Petra Schwaiger. © Daniel Loeper

"Eigentlich sollten wir Löwenfans uns mit Bier beim Trepperlwirt festkleben aus Protest gegen die bevorstehende Schließung. Ich bin unendlich traurig darüber. Schlimm, dass auch das Riffraff nicht erhalten bleiben kann."

Wolfi Garhammer (59), Feuerwehrmann:

Wolfi Garhammer.
Wolfi Garhammer. © Daniel Loeper

"Es ist beschissen, dass das Lokal schließen muss. Wozu braucht es denn dann noch das Stadion in Giesing, wenn immer mehr Kneipen zumachen müssen? Der Trepperlwirt ist eine Kultkneipe."

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20 Kommentare
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  • Herr Gamsbichler am 28.03.2023 18:01 Uhr / Bewertung:

    Von zwei Heimspielen im Monat kann keiner leben.

  • Halunke12 am 28.03.2023 16:37 Uhr / Bewertung:

    Da hat der Vermieter gesehen, dass der Laden läuft und flugs wird die Pacht erhöht. Der Wirt, der mit Ideen den Laden zum Laufen gebracht hat, schaut in die Röhre. Die Folge ist, dass die Kneipe schließt. Irgendjemand geht dennoch das Risiko wieder ein, den Laden zu exorbitanten Kosten zu übernehmen, doch höhere Preise vergraulen die Stammkundschaft, der neue Wirt macht pleite und das Spiel beginnt wieder von vorn

  • KUMMUC am 28.03.2023 01:23 Uhr / Bewertung:

    Kein echter Verlust, wie heißt es so, der Markt regelt Alles.

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