Kolumne

"Kein Leader, kein Gerüst, keine Hierarchie": Pfaff rechnet mit der DFB-Elf ab

In seiner exklusiven AZ-Kolumne kritisiert FC-Bayern-Legende Jean-Marie Pfaff das deutsche Nationalteam.
Jean-Marie Pfaff |
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Mats Hummels (l.) und Joshua Kimmich sollten eigentlich Anführer bei der DFB-Elf sein, aber genau diese Spielertypen vermisst Jean-Marie Pfaff.
Mats Hummels (l.) und Joshua Kimmich sollten eigentlich Anführer bei der DFB-Elf sein, aber genau diese Spielertypen vermisst Jean-Marie Pfaff. © picture alliance/dpa

München - Das Länderspiel in Wien sollten Bundestrainer Julian Nagelsmann und seine Mannschaft ganz schnell abhaken - aber natürlich nicht, ohne die richtigen Lehren aus diesem blutleeren und enttäuschenden Auftritt ziehen.

Mir fällt auf, dass, wenn es darauf ankommt, niemand in der Mannschaft da ist, der die Ärmel hochkrempelt und den anderen zeigt: So nicht, das lassen wir nicht mit uns machen. Bis hierhin und nicht weiter! Da braucht es einen, der mal ein Zeichen setzt und sich mit allem, was möglich ist, gegen den Gegner wehrt.

In Wien sind sie alle untergegangen, da war kein Leader, kein Gerüst, keine Hierarchie zu sehen. Elf Einzelspieler, die sich alle in diesem Prestigeduell wegduckten.

Die Probleme im DFB-Team liegen tiefer, als man denkt

Dass sie es besser können, zeigen die Spieler Woche für Woche in ihren Vereinen - Bayern, Dortmund, Barcelona, Real Madrid. Doch sobald die Spieler das Nationaltrikot tragen, ist das, was am Wochenende noch leicht von der Hand ging, weg. Wie sehr der Frust an den Spielern nagt, zeigt die Rote Karte gegen Leroy Sané. Kein Spieler darf sich in einem Freundschaftsspiel zu so einer Aktion hinreißen lassen.

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Die Gründe für die Probleme im deutschen Team liegen tiefer, als man denkt. Weder Hansi Flick noch Nagelsmann haben es bisher geschafft, diese Probleme auch nur annähernd in den Griff zu bekommen. Und natürlich wird jetzt diskutiert, ob Nagelsmann wirklich der richtige Trainer für diese Mannschaft ist. Der Auftakt in den USA war verheißungsvoll, aber die beiden jüngsten Spiele gegen die Türkei und in Österreich werfen Fragen auf.

Mehrere Entscheidungen von Nagelsmann werfen Fragen auf

Muss man Kai Havertz wirklich als Aushilfsverteidiger aufstellen, wenn man etwa den gelernten Linksverteidiger David Raum im Kader hat? Macht es Sinn, einen Joshua Kimmich auf die Bank zu setzen? Ist überhaupt noch Zeit, um personelle Alternativen zu testen oder sollte man angesichts der wenigen noch ausstehenden Testspiele nicht vielleicht besser seiner Stammelf für die EM die Möglichkeit geben, sich einzuspielen?

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Aus meiner Sicht geht in Zukunft kein Weg an Manuel Neuer vorbei. Klar, Kevin Trapp hat in Wien als einziger deutscher Spieler Normalform erreicht. Aber Neuer im Kasten ist allein schon aufgrund seiner Präsenz und Ausstrahlung ein entscheidender Faktor im Spiel der deutschen Mannschaft und hat auch enormen Einfluss auf die Spieler vor ihm. Diese natürliche Autorität, die Neuer auch abseits des Platzes ausstrahlt, haben weder Marc-André ter Stegen noch Trapp. Also muss Neuer im März als Nummer eins ins DFB-Tor zurückkehren.

Nur noch zwei Testspiele: Nagelsmann läuft die Zeit davon

Nagelsmann hat nun nicht mehr viel Zeit, um mit der Mannschaft zu arbeiten. Im März gibt es noch einmal eine Länderspielphase mit zwei Partien (wohl gegen Frankreich und die Niederlande) und dann geht es im Juni mit der EM los.

Im März muss sich das Gerüst dieser Mannschaft gefunden haben, die EM-Elf muss sich einspielen. Die Zeit des Ausprobierens ist mit der Pleite in Wien endgültig abgelaufen.

Euer Jean-Marie


 Der 69-Jährige ist einer der besten Torhüter der Geschichte. Er war belgischer Nationaltorwart (64 Einsätze) und stand beim FC Bayern zwischen 1982 und 1988 insgesamt 156 Mal zwischen den Pfosten. Pfaff war Vizeeuropameister 1980, WM-Vierter 1986, zudem drei Mal deutscher Meister und zwei Mal Pokalsieger. 1987 war er Welttorhüter. Für die AZ ist er nun als Kolumnist tätig.

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