Fünf Mutmacher für Neureuther
Vor einer Woche baute er einen Unfall – und startet jetzt im Slalom. Dass auch nach einem Crash alles drin ist, bewies Hermann Maier. Und auch in Sotschi holten Versehrte Gold.
Sotschi - Ein bisserl steif sieht es noch aus, wenn Felix Neureuther seinen Hals dreht, die Spätfolgen seines Autounfalls, als er auf dem Weg zum Flughafen die Leitplanke touchiert hatte. „Ich bin soweit schmerzfrei“, sagt der 29-Jährige vor seiner großen Medaillenchance beim Slalom am Samstag (1. Lauf: 13.45 Uhr, 2. Lauf: 17.15 Uhr), „mir ist ein riesengroßer Stein vom Herzen gefallen, hätte ich nicht starten können, wäre es einfach superbitter gewesen.“
Er kann nicht nur starten, er gehört weiter zu den Topfavoriten – neben Marcel Hirscher (Österreich). „Das Material spricht für Felix“, sagt Frank Wörndl, Slalomweltmeister 1987, Silbermedaillengewinner bei Olympia ’88, „bei brutal harten Bedingungen sind die Ski vom Hirscher nicht zu schlagen, aber bei dem Frühlingsschnee hier ist das Material vom Felix besser. Er muss die Zähne zusammenbeißen. Es sind schon andere mit ganz anderen Verletzungen Olympiasieger geworden.“
Paradebeispiele der körpermaladen Olympiasieger ist Österreichs Skilegende Hermann Maier. Der Herminator hatte bei den Spielen 1998 in Nagano in der Abfahrt einen Sturz, bei dem alle das Schlimmste befürchteten, als sein Körper über 40 Meter durch die Luft katapultiert wurde. Maier stand auf, war wie er später sagte, „ein Ganzkörperhämatom“. Doch der Full-Body-Blaue-Fleck raste danach zu Gold in Super-G und Riesenslalom. Und begründete damit – in Anlehnung an den Schwarzenegger-Film „Terminator“ – die Legende vom Herminator. Auch bei den Spielen hier in Sotschi sorgten mehrere vom Arztsaal-aufs-Podest-Märchen für Furore.
Thomas Morgenstern: Der Österreicher war Anfang Januar beim Skispringen in Bad Mitterndorf schwerst gestürzt. Schädel-Hirn-Trauma, kollabierte Lunge, Lebensgefahr, Koma, Intensivstation. Nur fünf Wochen später startete der 27-Jährige in Sotschi. Mit Angst. Doch er krönte sein Comeback mit der Silbermedaille beim Teamspringen. „Dieses Silber ist für mich wie Gold – und mehr“, sagte Morgenstern.
Pierre Vaultier: Dass der Snowboard-Crosser aus Frankreich überhaupt in Sotschi starten konnte, war ein kleines medizinisches Wunder. Zwei Monate vor den Spielen hatte der 26-Jährige sich das Kreuzband im Knie gerissen. Er konnte nur mit einer Spezialschiene fahren – und holte Gold. „Das ist so ein Tier“, sagte der Deutsche Konstantin Schad. Vaultier selber sagte: „Für mich war es gut, dass ich nur Außenseiter war, mit Druck kann ich nicht umgehen.“
Dario Cologna: Im November war der Schweizer beim Joggen auf einer Eisplatte ausgerutscht: Riss des Innen-, des Außen- und des Syndesmosebandes. Der 27-Jährige wurde operiert, die Ärzte sprachen von einer sechsmonatigen Pause, doch eine Woche vor Olympia konnte er seinen ersten Wettkampf bestreiten. Bei Olympia holte er zwei Mal Gold! „Ich mag das Wort Wunderheilung nicht, es verdeckt, wie hart ich für das Comeback gearbeitet habe.“
Vor einer Woche baute er einen Unfall – und startet jetzt im Slalom. Dass auch nach einem Crash alles drin ist, bewies Hermann Maier. Und auch in Sotschi holten Versehrte Gold.
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