Felix Neureuther - "Ein knallharter Traumtyp"

Felix Neureuther will (trotz der Unfall-Folgen) am Samstag Slalom-Gold holen. Frank Wörndl erklärt, was den 29-Jährigen ausmacht – und warum das Pech bei den Neureuthers in der Familie liegt
Matthias Kerber |
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Felix Neureuther will (trotz der Unfall-Folgen) am Samstag Slalom-Gold holen. Frank Wörndl erklärt, was den 29-Jährigen ausmacht und warum das Pech ind der Neureuther-Familie liegt.

AZ: Herr Wörndl, eigentlich sollte sich Slalom-Ass Felix Neureuther Sie als Vorbild nehmen. Bevor Sie bei Olympia 1988 in Calgary zu Silber rasten, hatten Sie im Riesenslalom welchen Platz belegt?

FRANK WÖRNDL: (lacht) Den achten, genau wie der Felix jetzt. Aber er soll es am besten noch ein bisschen besser machen als ich damals. Zumindest um 14 Hunderstel, denn die fehlten mir damals zu Gold, das der Alberto Tomba eingesackt hat. Also, Felix, sei um 14 Hunderstel besser als ich! Auf jeden Fall wünsch’ ich es ihm. Ich weiß noch heute, wo ich den Fehler gemacht habe, der mich Gold gekostet hat, da denke ich heute noch: Du Trottel. Er hat das drauf. Es macht einfach Spaß, ihm zuzuschauen. Aber Slalom, das ist immer wie ein Pokerspiel. Du bist nur Millimeter vom Abgrund entfernt. Er und der Marcel Hirscher haben sich in der vergangenen Saison derartig gepusht, die haben den Slalomsport auf ein neues Level gehoben, aber die anderen haben jetzt aufgeholt.

Fürchten Sie, dass ihn das Schleudertrauma, das er sich bei einem Autounfall auf dem Weg nach Sotschi zugezogen hat, behindern wird?

Mei, da muss er durch. Er hat sich jetzt im Riesenslalom die Wettkampfhärte geholt, sich an den Schnee gewöhnt. So ein Schleudertrauma ist wie eine Lähmung in der Rückenmuskulatur. War es vernünftig, im Riesenslalom zu starten? Wahrscheinlich nicht. Aber als Sportler ist man in der verdammten Zwickmühle, Olympia ist nur alle vier Jahre und wenn man dann weiß, dass man vielleicht doch Chancen auf eine Medaille hat, dann tritt man an. Sonst macht man sich vielleicht sein ganzes Leben Vorwürfe, dass man es nicht versucht hat.

Lesen Sie hier: 30 Medaillen? Eine Fehleinschätzung

Aber viel mehr Pech kann man gar nicht haben, als auf dem Weg zu Olympia so einen Unfall zu haben.

Das sind die Neureuther-Gene, da kann er nichts dafür. Ich kann mich noch genau erinnern, wie sein Vater, der Christian, vor einem Großereignis im Hotel durch die Glasscheibe der Lobby gelaufen ist, weil er sie nicht gesehen hat und sich fürchterlich die Hände zerschnitten hat. Die haben alle ein bisschen den Hang zu solchen Aktionen.

Wie wichtig ist es für Felix selber, eine Medaille hier bei Olympia zu holen?

Es ist wohl seine letzte Chance, er ist ja 29. Viele sagen: Dabeisein ist alles bei Olympia, ich sehe das nicht so. Dabeisein ist gar nichts, nur die Medaillen zählen. Ein Armin Bittner hat unglaubliche Erfolge gehabt im Weltcup, aber eben nicht diesen einen strahlenden Erfolg, von ihm spricht kaum einer. Felix will sich mit einem Erfolg unsterblich machen.

Sie kennen ihn schon ewig.

Fast sein ganzes Leben. Ich habe ihn schon als Baby im Arm gehalten. Auch bei den Juniorenrennen habe ich immer ein besonderes Auge auf ihn gehabt, weil er eben der Felix war. Da war er gut, aber das waren andere auch, es war nicht so, dass er da alle in Grund und Boden gefahren ist. Aber später, da hat man dann schon gesehen, der kann richtig was reißen.

Wie würden Sie Neureuther als Typen beschreiben?

Er ist extrem bodenständig. Ich denke, das bringt so eine Outdoorsportart mit sich. Wenn man täglich in diesen majestätischen Bergen unterwegs ist, weiß man, wie unwichtig man selber ist. Das lehrt dich Demut. Der Natur ist es so etwas von egal, ob du einen Superlauf hattest oder nicht, die war vor dir atemberaubend und ist immer noch atemberaubend, wenn wir alle lange nicht mehr sind. Ich denke, wer fast sein ganzes Leben in dieser Natur verbringt, ist geerdet, der nimmt sich selber nicht zu wichtig. Felix ist wirklich „Everybody’s Darling“, er ist ein Traumtyp, der zu jedem offen und ehrlich ist, aber er ist auch kein Ja-Sager, sondern ein kritischer Geist. Und er ist knallhart gegen sich selbst. Ich fürchte, sein Körper wird ihm irgendwann die Rechnung dafür präsentieren. Aber wie soll ich sagen: Typen wie den Felix, die musst du einfach mögen. Das geht gar nicht anders, selbst wenn du dir vornimmst, ihn nicht zu mögen, das wird dir nicht gelingen.

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