Felix Neureuther: Hilfe vom Humorberater

Rosi Mittermaier sorgt sich: „Es sieht nicht gut aus.“ Erst kurz vor dem Rennen am Mittwoch entscheidet sich, ob Neureuther starten kann. Jonathan Briefs hat ihn schon häufig aufgepäppelt. Wie? In der AZ verrät er es
Florian Bogner |
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Felix Neureuther postet ein Foto: "Die Behandlungen zeigen ihre Wirkung!"
facebook.com/FelixNeureutherFansite / dpa Felix Neureuther postet ein Foto: "Die Behandlungen zeigen ihre Wirkung!"

Rosi Mittermaier sorgt sich: „Es sieht nicht gut aus.“ Erst kurz vor dem Rennen am Mittwoch entscheidet sich, ob Neureuther starten kann. Jonathan Briefs hat ihn schon häufig aufgepäppelt. Wie? In der AZ verrät er es

Sotschi - Felix Neureuther versucht alles, um am Mittwoch im Riesenslalom (8 Uhr/ZDF) an den Start gehen zu können. Gestern wurde der 29-Jährige erneut von seinem Physiotherapeuten behandelt, zum Beweis präsentierte Neureuther auf Facebook ein Foto seines beim Autounfall am Freitag lädierten Rückens. „Die Behandlungen zeigen ihre Wirkung!“, schrieb er dazu. Und: „Never give up!“ – niemals aufgeben.

Ob er starten kann, lässt er bis zum Schluss offen. Sorgen macht sich derweil Mutter Rosi Mittermaier. „Besonders gut sieht es aus der Distanz nicht aus. Mit Schmerzen würde es keinen Sinn machen“, sagt die zweimalige Olympiasiegerin. Es ist ein Rennen gegen die Zeit.

Doch: Noch wichtiger als der Start am Mittwoch ist der Slalom am Samstag, bei dem er sich Gold-Hoffnungen macht. Neureuther muss im Kopf locker bleiben. Dabei hilft ihm seit geraumer Zeit Jonathan Briefs. Beruf: Humorberater. Die AZ hat ihn gesprochen.

AZ: Herr Briefs, Sie haben einen außergewöhnlichen Job: Sie sind Humorberater, unterstützen unter anderem seit zwei Jahren Felix Neureuther. Was genau bedeutet das?

JONATHAN BRIEFS: Ich erzähle keine Witze, falls Sie das meinen. Ich war früher Schauspieler und Regisseur, habe aber früh gemerkt, dass es helfen kann, schwierige Situationen durch Humor zu enteisen. In erster Linie bin ich Kommunikationstrainer. Ich verwirre unter anderem Menschen, um sie aus der Komfortzone zu locken. Wie wenn man eine Reset-Taste drückt. Das habe ich auch mit Felix gemacht.

Inwiefern?

Ich habe ihn zum Beispiel gebeten, seine Stärken aufzuschreiben. Von A bis Z, für jeden Buchstaben eine Stärke. Das fiel ihm total schwer. Da ist ihm aufgefallen, dass er sich viel zu viel über Fehler definiert, gleichzeitig eine regelrechte Fehler-Allergie hat.

Bitte?

Er hasste das Wort ’Fehler’. Trotzdem hat er, wenn er am Start stand, immer nur daran gedacht, was er nicht falsch machen darf. Und dann hat er die Fehler erst recht gemacht.

Aktuell ist Felix sicher wenig zum Lachen zumute, seine Olympia-Starts am Mittwoch und am Samstag sind nach einem Autounfall gefährdet.

Ich bewundere, dass er trotz allem seinen Humor bewahrt. Er sollte aber nicht in Galgenhumor verfallen, der ist oft destruktiv. Wenn’s trotz allem nicht klappt: Shit happens.

Wie können Sie ihm helfen?

Wenn der Körper streikt, hilft auch der Bauch oder der Humor wenig. Ich habe ihm etwas geschickt, aber er hat noch nicht reagiert. Was ich sehr gut verstehen kann – bei dem, was auf ihn zugerollt ist. Er gibt sich locker. Wenn er sagt, dass er sich wie ein Roboter bewegt, dann ist das eine humorvolle Beschreibung. Aber er ist ein Instinkt-Skifahrer. Ein Roboter fährt nicht um Gold mit.

Wie wirkt er auf Sie?

Er ist einer, der nur nach vorne schaut. Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas bauen – so denkt er heute.

Wie wirkte er auf Sie, als Sie ihn kennenlernten?

Auf der Suche. Wie einer, der sich zu viel Druck macht. Er war unzufrieden, redete sich ein, dass jetzt der Knoten platzen muss, damit er endlich belohnt wird, für das, was er aufgegeben hatte. Da war die WM in Garmisch, bei der er der Loser war, da war immer der Genpool, sein Name als Versprechen. Das hat ihn ewig belastet.

Die Chemie stimmte gleich?

Er war vor allem froh, dass ich kein Psychologe oder Mentaltrainer bin, der nur über seine Eltern sprechen will. Das haben wir zwar irgendwann auch gemacht, aber das kam von ihm aus.

Der Durchbruch?

Der kam, als ich ihn gefragt habe: ’Wie definierst Du Erfolg?’ Da hat er den für ihn zentralen Satz gesagt: ’Ich habe den schönsten Schwung der Welt und den will ich zeigen – und zwar in erster Linie mir selbst.’

Wenn man seine zuletzt guten Leistungen sieht, hatten Ihre Methoden Erfolg.

Felix hat mir mal geschrieben: ’Ich befolge deinen Rat, wenn’s schwierig wird und der Felix wird immer besser!’ Meine Antwort: ’Ich habe keine Ahnung, was Du meinst, aber bitte, mach weiter!’ (lacht) Im Ernst: Dass er jetzt so gut fährt, liegt vor allem am besseren Material und Trainingskonzept. Aber er hat auch gelernt, konkret Ja oder Nein zu sagen. Und sein Sinn für Humor ist stärker ans Tageslicht getreten. Dieses ’Das tut mir Leid, Planke’, das er nach dem Unfall auf Facebook schrieb, war wunderbar! Ich hoffe, dass ich meinen Teil dazu beigetragen habe, dass er sich jetzt erlaubt, der zu sein, der er nun mal ist.

Sie sind aber nicht sein Gagschreiber, oder?

Nein, das wäre auch totaler Quatsch. Das macht er alles selbst. Dass er damals diesen schrägen Harlem-Shake veröffentlicht hat, muss man sich erst mal trauen. Er sprengt Klischees, erweitert permanent seine Rolle. Zu Humor braucht es Mut, weil man damit auch scheitern kann. Aber dass er so nach vorne geht, scheint ihm gut zu tun.

Neureuther zeichnet heute auch aus, dass er niemandem nach dem Mund redet.

Ich sehe meine Aufgabe darin, Mut zu machen, sich den Raum zu nehmen, um großartig zu sein. Felix hat sich ja auch kritisch zu den Spielen in Sotschi geäußert. Da schrieb ich ihm zwei Sätze, die gut zu ihm passen: ’Ich bin schwierig, aber ich verspreche, es lohnt sich.’ Und: ’Ich habe keine Macken – ich habe Special Effects.’


 

 

 

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