Trainer ohne Grenzen: Was Kompany seinen Vorgängern beim FC Bayern bereits nach wenigen Wochen voraus hat

München - Rund eine Stunde und zehn Minuten sind es mit dem Flieger von München nach Bremen, es ist nicht mehr als ein kleiner Hopser, der für die Stars des FC Bayern vor der Bundesliga-Partie an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky und im AZ-Liveticker) mal wieder ansteht.
Eine angenehme Dienstreise am ersten Wiesn-Wochenende, übrigens auch aus sportlichen Gründen: Denn seit 2009 (!) hat Bayern jedes Liga-Auswärtsspiel bei Werder gewonnen, 13 Partien insgesamt. Was soll da schon schiefgehen für den souveränen Tabellenführer?
FC Bayern München: Kompanys offensives Pressingsystem hat seine Baustellen
Vincent Kompany wird lächeln, wenn man ihn mit dieser eindrucksvollen Bilanz konfrontiert. Der neue Trainer des FC Bayern ist bislang als großer Mahner aufgefallen, als Perfektionist, dem nichts ferner liegt, als einen Gegner zu unterschätzen. Egal wie die Spiele in der Vergangenheit gelaufen sind.
Schließlich weiß Kompany, dass sein offensives Pressingsystem mit Manndeckung über den ganzen Platz seine Bruchstellen hat, sobald nicht alle Spieler mitmachen. Siehe die zwei Gegentore in der Champions League beim 9:2 gegen Dinamo Zagreb.
Kompanys Bayern-Bilanz: Fünf Siege aus fünf Pflichtspielen mit 24:5 Toren
Doch die Mannschaft steht hinter der taktischen Idee des Trainers, sie erkennt deren Vorteile, den Spielfluss in den Angriffen, die Masse an Torabschlüssen. Und fünf Siege aus fünf Pflichtspielen mit 24:5 Treffern geben Kompany sowieso recht. "Wir sind eine gute Einheit", befand Routinier und Edelreservist Thomas Müller:

"Egal wer spielt, jeder bringt nicht nur seine Skills ein, sondern arbeitet auch für die Mannschaft. Das hat uns in den letzten Spielen ausgezeichnet – und das wollen wir auch mit in die nächsten Partien nehmen."
Dabei hatte es zu Beginn durchaus Zweifel an Kompanys Anstellung gegeben. Der 38-jährige Belgier gehörte nicht zu den Topkandidaten als Nachfolger von Thomas Tuchel, in der vergangenen Saison war er mit dem FC Burnley aus der englischen Premier League abgestiegen. War er nicht eine Nummer zu klein als unerfahrener Coach für Bayern?
Kompanys Vater war ein Flüchtling aus dem Kongo
Mit dieser Frage wurde Kompany nach dem Erfolg gegen Zagreb konfrontiert – und er antwortete emotional. "Ich bin in der Region Brüssel geboren. Mein Vater war ein Flüchtling, der aus dem Kongo nach Belgien kam", begann der Coach seine Rede:
"Wie groß war meine Chance, dass ich jemals als Spieler einen Fuß in die Premier League setzen würde, dass ich dort etwas gewinnen und für die Nationalmannschaft spielen würde? Die Chance, dass all das passiert, lag für mich bei 0,001 Prozent. Und nun bin ich der Trainer." Der Bayern-Trainer.
Die Frage sei, so Kompany, "ob du aufhörst, an dich zu glauben, wegen dem, was andere Leute sagen. Ob du aufhörst, daran zu glauben, weil andere Leute sagen, dass die Chance sehr gering ist. Es geht um die Mentalität, weiterzumachen. Wir sollten andere Leute dazu ermutigen, Erfolg zu haben und Grenzen zu verschieben."

Kompanys Mutter früh gestorben, sein Vater war Bürgermeister in Belgien
Genau so, wie er es selbst getan hat: aus schwierigen Verhältnissen an die Spitze. Kompanys Mutter starb früh, sein Vater kämpfte sich nach oben, wurde zum ersten schwarzen Bürgermeister Belgiens gewählt. Die Geschichte der Eltern hat den Bayern-Coach geprägt, sie erklärt dessen Empathie und Akribie.
Kompany ist ein Trainer ohne Grenzen. Taktisch, weil er sich nicht scheut, Risiken einzugehen und ganz im Sinne seines Mentors Pep Guardiola auch mal ohne klassischen Außenverteidiger spielen lässt.
Kompany lässt Leon Goretzka nicht fallen
Und menschlich, weil er etwa einen im Team beliebten Akteur wie Leon Goretzka, den die sportliche Führung verkaufen wollte, nicht fallen lässt, sondern ihn nach guten Trainingsleistungen mit einer Einwechslung gegen Zagreb belohnt.
All dies wird in der Mannschaft registriert, FC-Bayern-Trainer ohne Grenzen: Wie es Kompany als Flüchtlingskind an die Spitze des europäischen Fußballs geschafft hat. "Er hat den Kontakt zu den Spielern, den ich eineinhalb Jahre vermisst habe", analysierte Sky-Experte Lothar Matthäus. Und deshalb rennen die Bayern-Profis aktuell wie aufgedreht hin und her, vor und zurück. Für sich und für ihren Coach. Ganz bestimmt auch am Samstag in Bremen.
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