Steuerhinterziehung: Hoeneß jagt den Verräter

FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat Anzeige erstattet und will herausfinden, welcher Beamte vertrauliche Dokumente an Journalisten weitergegeben hat. Razzia im Finanzamt Miesbach.
Nina Job |
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Die Staatsanwaltschaft will herausfinden, wer ein Dokument aus Hoeneß’ Steuerakte an den „Stern“ weitergeleitet hat.
dpa Die Staatsanwaltschaft will herausfinden, wer ein Dokument aus Hoeneß’ Steuerakte an den „Stern“ weitergeleitet hat.

Uli Hoeneß wehrt sich. Der FC-Bayern-Präsident hat zum Gegenschlag ausgeholt – nicht gegen die Strafverfolger, was schwer möglich wäre, sondern gegen Informanten von Journalisten: nach zwei Anzeigen, die er wegen Verletzung des Steuergeheimnisses gestellt hatte, durchsuchten Staatsanwälte, Polizisten und EDV-Spezialisten gestern das für ihn zuständige Finanzamt in Miesbach und das Rechenzentrum des Landesamtes für Finanzen in Nürnberg.

Hintergrund der Razzia: Der Bayern-Präsident und die Ermittler suchen eine undichte Stelle in den Finanzbehörden, die Journalisten mit Informationen aus der Steuerakte von Uli Hoeneß versorgt haben soll.

Schon kurz nachdem seine Selbstanzeige Ende April 2013 bekannt geworden war, hatte Uli Hoeneß zum ersten Mal Anzeige wegen des Verdachts der Verletzung des Steuergeheimnisses erstattet, wie Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch gestern bestätigte.

Lesen Sie hier alles zum Fall Honeß

Bei dem Delikt handelt es sich um ein so genanntes Antragsdelikt, die Behörden ermitteln nicht von sich aus wie bei Offizialdelikten, sondern nur, wenn die Dienstherren in den Ämtern oder die Geschädigten Anzeige erstatten. Uli Hoeneß’ Anzeige vom Mai 2013 richtete sich „gegen unbekannt“.

Lesen Sie hier: Jagd auf den Hoeneß-Maulwurf

Nichtsdestotrotz berichteten die Medien weiter ausführlich über die Steueraffäre des FC Bayern-Präsidenten, einige auch sehr detailliert – darunter das Hamburger Magazin „der Stern“.

Der Zorn von Uli Hoeneß über die ausführlichen Veröffentlichungen bekam im Oktober 2013 neue Nahrung:Offenbar schickten ihm  „Stern“-Redakteure einen Auszug aus einem seiner Steuerbescheide und baten ihn um eine Stellungnahme. Das Schriftstück bezog sich auf Einnahmen aus seiner Wurstfabrik HoWe in Nürnberg. Hoeneß leitete das Schreiben über seinen Anwalt Werner Leitner an die Staatsanwaltschaft München I weiter.

Diese erwirkte daraufhin Durchsuchungsbeschlüsse beim Amtsgericht München, „weil es sich bei dem Ausschnitt aus der Steuerakte um ein reines internes Dokument  der Finanzverwaltung handelt, zu dem Personen außerhalb der Finanzverwaltung nach den bisherigen Ermittlungen keinen Zugang hatten“, so Thomas Steinkraus-Koch.
 

Lesen Sie hier: Verletzung des Steuergeheimnisses Fall Hoeneß: Razzia in Finanzbehörden

Gestern, Punkt 9 Uhr, betraten nun zwei Staatsanwälte in Begleitung von Polizisten vom Landeskriminalamt sowie EDV-Spezialisten die beiden Finanzbehörden und kopierten den ganzen Tag Daten von den Servern, auf denen gigantisches Zahlenmaterial gesichert ist.

Dabei hatten die Ermittler nebenbei auch das Ziel, die Abläufe in den Finanzbehörden nicht zu behindern. Schließlich gibt es auch noch andere Steuerverfahren bayerischer Steuerzahler zu bearbeiten.

Lesen Sie hier: Die Pressmitteilung der Staatsanwaltschaft

Anhand des Datenmaterials wollen die Ermittler nun klären, wer Zugriff auf die elektronische Steuerakte und die Steuerakte aus Papier hatten und wer sie den Reportern zuspielte.

Redaktionsräume von Medien wurden bei der Suche nach dem Maulwurf nicht durchsucht. Dazu hatten die Ermittler keine rechtliche Handhabe.

Nach dem „Cicero-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2007 reicht die bloße Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses für eine Durchsuchung nicht aus. So sind diese Razzien verfassungswidrig, „wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienen, die Person eines Informanten zu ermitteln", heißt es in dem Urteil.

Lesen Sie hier: So läuft der Prozess gegen Uli Hoeneß

Uli Hoeneß ist wegen Steuerhinterziehung von 3,2 Millionen Euro angeklagt. Der Prozess beginnt am 10. März (AZ berichtete). Die mögliche Strafe reicht  von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Gefängnis. In besonders schweren Fällen auch bis zu zehn Jahren.

Für den „Verräter“, der die geheimen Steuer-Infos der Presse zuspielte, sieht das Gesetz bis zu zwei Jahre Haft oder Geldstrafe vor. Für die Verletzung von Dienstgeheimnissen sogar bis zu fünf Jahre.

Steuergeheimnis: Amtsträger müssen verschwiegen sein

Das Steuergeheimnis beinhaltet, dass Finanzbeamte und Amtsträger, Erkenntnisse, die sie im Besteuerungsverfahren gewinnen, nicht an Dritte weitergeben dürfen. Sie sind zur besonderen Verschwiegenheit verpflichtet.

Das Steuergeheimnis hat laut Bundesverfassungsgericht den Zweck, dass durch den besonderes Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft der Steuerzahler steigt, steuerlichen Sachverhalte offen zu legen.

 

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