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"Sind zu überheblich geworden": FC Bayern unterschätzte 2002 Mammut-Aufgabe im Verein

Teil VIII der AZ-Serie zu Bayerns Krisenjahren: 2002 misslingt Hoeneß der nötige Umbruch nach dem Triumph in der Königsklasse. Am Saisonende steht das überalterte Team ohne Titel und "Cheffe" da.
Patrick Strasser |
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Der "Cheffe" hat seine Schuldigkeit getan, der "Cheffe" kann gehen: Nach Saisonende 2022 musste Anführer Stefan Effenberg die Bayern verlassen.
Der "Cheffe" hat seine Schuldigkeit getan, der "Cheffe" kann gehen: Nach Saisonende 2022 musste Anführer Stefan Effenberg die Bayern verlassen. © imago

München - "Da ist das Ding", brüllt Oliver Kahn den feiernden Bayern-Fans auf dem Marienplatz entgegen und hält den Henkelpott in die Luft. Erstmals nach 1976 gelingt den Münchnern der große europäische Coup, unter Trainer Ottmar Hitzfeld holt man endlich die Champions League.

Oliver Kahn und Patrik Andersson lassen sich als Helden der Saison feiern

Beim Triumph von Mailand gegen den FC Valencia wird Torhüter Kahn zum Elfmeterhelden. Vier Tage zuvor reicht es in Hamburg zur Last-Second-Meisterschaft, weil Patrik Andersson in der Nachspielzeit das 1:1 gegen den HSV erzielt und die Schalker (parallel 5:3-Sieger gegen die SpVgg Unterhaching) nach vier Minuten Glaube an den Titel ins Tal der Tränen schickt. Aber was bedeutet dieser doppelte, jeweils höchst emotionale Erfolg für die anschließende Saison der Bayern? Nicht Gutes...

Vorgeschichte/Ausgangslage: Nach drei aufreibenden Spielzeiten in München denkt Hitzfeld im Moment des größten Triumphes an Rücktritt, doch Manager Uli Hoeneß überredet ihn, seinen Vertrag sogar vorzeitig bis 2004 zu verlängern. Aber kann er, selbst ausgebrannt, seine teils satte Mannschaft um die Anführer Kahn und Stefan Effenberg noch motivieren?

Aufgabe Umbruch unterschätzt: FC Bayern holt keine Leader 

Hamburg-Held Andersson wechselt wegen eines besseren Angebots für rund 16 Millionen Mark zum FC Barcelona. In die Bundesliga-Profis Claudio Pizarro (Bremen), Pablo Thiam (Stuttgart) sowie die Kovac-Brüder Niko (HSV) und Robert (Leverkusen) investiert Bayern insgesamt rund 40 Millionen Mark an Ablöse – allesamt keine Leitwölfe. Da Effenbergs Vertrag nicht über 2002 hinaus verlängert wird, soll sich in seiner letzten Saison an der Säbener Straße langsam eine neue Hierarchie bilden.

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Uli Hoeneß gibt zu: "Wir sind ein bisschen zu überheblich geworden"

Saisonverlauf/Titel-Ausbeute: Der Start in die Saison misslingt komplett. Mit 0:1 gegen Hertha vergeigt man den Ligapokal-Titel, zum Bundesliga-Auftakt setzt es ein 0:1 in Mönchengladbach, dazu verpasst man durch das 2:3 gegen Liverpool die Chance auf den nächsten internationalen Titel, den Uefa-Supercup.

Wollte eigentlich im Moment des größten Triumphes auf - doch Ottmar Hitzfeld (l.) lässt sich von Uli Hoeneß überreden weiterzumachen - mit fatalen Folgen.
Wollte eigentlich im Moment des größten Triumphes auf - doch Ottmar Hitzfeld (l.) lässt sich von Uli Hoeneß überreden weiterzumachen - mit fatalen Folgen. © imago

Durch ein Zwischenhoch mit sechs Siegen vom 7. bis 12. Spieltag klettert Bayern im November an die Tabellenspitze – bis Saisonende die einzige Zeit als Primus. "Wir ließen uns von den guten Leistungen blenden und dachten, wir könnten den Umbruch so leicht wegstecken wie kein anderer Klub in Europa", sagt Hoeneß, "das war ein Fehler, da sind wir ein bisschen zu überheblich geworden."

Mitten in der Liga-Krise, die zeitlich mit der Rückkehr des einige Monate verletzten Kapitäns Effenberg zusammenfällt, reicht es doch zu einem weiteren Pokal für den Trophäenschrank. In Tokio erzielt Sammy Kuffour das goldene Tor in der Verlängerung gegen die Boca Juniors – der zweite Triumph im Weltpokal nach 25 Jahren.

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Das angestrebte erstmalige Triple der Vereinsgeschichte zerbröselt ab dem Winter. Vom 13. bis 19. Spieltag (mit Effenberg) bleibt man sieglos, das desaströse 1:5 beim FC Schalke ist der Tiefpunkt. Im Februar blamiert sich Bayern beim Underdog und späteren Absteiger FC St. Pauli mit 1:2. Die Hamburger Kiezkicker lassen T-Shirts mit "Weltpokalsiegerbesieger" drucken.

Michael Ballack und Sebastian Deisler kommen an die Säbener Straße

Obwohl sich die Hitzfeld-Truppe dank einer stabilen Abwehr in der Folge berappelt, folgt mit dem 0:2 nach Verlängerung im April das Aus im Halbfinale des DFB-Pokals. In der Champions League ist im Viertelfinale gegen Real Madrid (2:1/0:2) Endstation, in Spaniens Hauptstadt gibt es die erste Königsklassen-Niederlage seit 19 Spielen.

Nicht zu fassen: FC Bayern scheidet in der Champions-League-Vorrunde aus 

Nach dem Meister-Hattrick von 1999 bis 2001 verpasst man den historischen vierten Titel in Folge, zwei Zähler Rückstand auf Dortmund bedeuten Platz drei, noch hinter Leverkusen.

Die Lehren aus dem Krisenjahr: Mit Michael Ballack (l.) holen die Bayern einen neuen Anführer für ihre Mittelfeld-Zentrale.
Die Lehren aus dem Krisenjahr: Mit Michael Ballack (l.) holen die Bayern einen neuen Anführer für ihre Mittelfeld-Zentrale. © imago

Lehren/Konsequenzen: "Cheffe Effe" geht ablösefrei zum VfL Wolfsburg, als Nachfolger wird Michael Ballack von Bayer Leverkusen für sechs Millionen Euro geholt. Sein Mitspieler Zé Roberto ist mit neun Millionen noch teurer, außerdem kommt Mega-Talent Sebastian Deisler (neun Millionen an Hertha BSC). Während Bayern in der Champions League – zum ersten und bis dato letzten Mal – sensationell in der Vorrunde ausscheidet, gelingt auch dank Torschützenkönig Giovane Elber (21 Treffer) national das vierte Double.

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