Brazzo-Nachfolger Freund: Österreich-Experte erklärt, wo Bayerns neuer Sportboss seine Stärken hat
München - Große Überraschung beim FC Bayern: Die Münchner haben einen neuen Sportdirektor gefunden. Christoph Freund wird nach der aktuellen Transferphase zum FC Bayern wechseln. Dies gab der deutsche Rekordmeister am Dienstagnachmittag bekannt. Zuerst hatte die "Bild" am Dienstagmorgen darüber berichtet.
"Wir freuen uns, dass wir in Christoph Freund einen so erfahrenen wie erfolgreichen Sportdirektor für den FC Bayern gewinnen konnten. Wir sind davon überzeugt, dass er der Richtige ist, um gemeinsam mit dem Trainerteam um Thomas Tuchel und dem Technischen Direktor Marco Neppe die Mannschaft künftig weiter zu stärken", wird Vorstandsboss Jan-Christian Dresen in der offiziellen Mitteilung zitiert.
Freund will beim FC Bayern mit "voller Energie und Leidenschaft" angreifen
Der 46-Jährige kommt von Red Bull Salzburg und leitete seit 2015 die sportlichen Geschicke des österreichischen Serienmeisters. Sein Vertrag beim Schwesterklub von RB Leipzig lief eigentlich noch bis 2026 – jetzt der Wechsel in die bayerische Landeshauptstadt.
"Nach den Gesprächen mit den Verantwortlichen des FC Bayern war für mich klar, dass ich diese neue Herausforderung annehmen möchte. Ich freue mich riesig darauf, ab dem 1. September mit voller Energie und Leidenschaft alles dafür zu geben, dass dieser Verein auch in Zukunft sportlich so erfolgreich bleibt, weiter in der internationalen Spitze mitspielt und seine Fans mit attraktivem Fußball begeistert", sagt Freund, der sich auf seine neue Aufgabe beim deutschen Rekordmeister freut.

Peter Pacult gratuliert Bayerns neuem Sportchef Freund in der AZ
"Wenn so ein Klub anklopft, dann fällt es schwer, nein zu sagen" – so gratuliert Peter Pacult, ehemaliger Weggefährte und Landsmann von Freund, dem 46-Jährigen in der AZ zu seinem neuen Job.
Für Freund hat der Ex-Löwen-Trainer nur lobende Worte übrig: "Ich kenne den Christoph schon seit er noch ein junger Bursche war – und jetzt ist dieser junge Bursche Sportchef beim FC Bayern, einem der bekanntesten Vereine der Welt? Das ist ein super Werdegang", sagte Pacult. "Er hat bei RB Salzburg über viele Jahre tolle Arbeit geleistet, hat tolle Transfers eingetütet und kennt sich im Scoutingbereich sehr gut aus."

Pacult: "Hoffe, dass ihn Hoeneß und Rummenigge seine Arbeit machen lassen"
Zwar ist Freund in Deutschland ein noch eher unbeschriebenes Blatt, für Salzburg aber "sicher ein herber Verlust", so der aktuelle Trainer von Austria Klagenfurt. Denn "wer in Österreich eine Ahnung von Fußball hat, der hat ihn auf dem Zettel: Wer in der Sportwelt unterwegs ist, kennt Christoph Freund. Ohnehin geht es nicht darum, berühmt zu sein, sondern gute Arbeit zu leisten", erklärt Pacult in der AZ weiter und schiebt einen kleinen Tipp für den FC Bayern lachend hinterher. "Ich hoffe, dass ihn Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge seine Arbeit machen lassen."
Ob die Münchner mit Freund an die Erfolge vergangener Tage anknüpfen und um den Champions-League-Titel mitspielen können, lässt der Österreicher offen. Es ist "kein Wunschkonzert, man hat ja gesehen, wie lange Pep Guardiola dem Henkelpott mit ManCity hinterhergelaufen ist. Ich bin gespannt, ob er mit den Bayern ganz oben angreifen kann."
Unrühmliches Bayern-Aus von Hasan Salihamidzic
Der 46-Jährige folgt damit auf Hasan Salihamidzic, der zum Ende der abgelaufenen Saison gehen musste. Der Bosnier war – genau wie Ex-Vorstandsboss Oliver Kahn – quasi mit dem Abpfiff des letzten Spieltags beurlaubt worden. Trotz des für den FC Bayern glücklichen Ausgangs der vergangenen Bundesligasaison sickerte wenige Minuten nach dem Sieg gegen den 1.FC Köln die Nachricht über das Aus der beiden Sportlichen Leiter durch.

Inmitten der auf dramatischste Weise errungenen Meisterschaft drängte sich also diese Hammer-Meldung – die Meistersause war getrübt. Während Kahn sogar nicht mehr zum letzten Spieltag nach Köln reisen durfte und auch zur anschließenden Meisterfeier in der Motorworld erschien, feierte Salihamidzic mit seiner Mannschaft ein letztes Mal den Ligatitel. In seiner Zeit als Sportdirektor und späterer Sportvorstand gewann der FC Bayern neben dem Sextuple in der Saison 2019/20 weitere drei Meisterschaften.
Christoph Freund: Der Erfolgsmacher bei Red Bull Salzburg
Auch Bayerns neuer Sportdirektor Christoph Freund kann auf eine erfolgreiche Zeit bei seinem bisherigen Arbeitgeber zurückblicken. In sportlicher Sicht avancierte die Roten Bullen unter der sportlichen Leitung von Freund zum unangefochtenen Serienmeister. Seit zehn Jahren durfte sich kein anderer Verein Meister der österreichischen Bundesliga nennen. Außerdem konnte sich der österreichische Verein in der Saison 2019/20 erstmals für die Gruppenphase der Champions League qualifizieren.
Aber nicht nur sportlich war die Zeit von Freund bei Red Bull Salzburg eine erfolgreiche. Seitdem er als Sportdirektor beim österreichischen Verein agiert, haben die Salzburger ein Transferplus von über 420 Millionen Euro zu verbuchen. Auch deswegen gilt der 46-Jährige als einer der Besten der Branche.
Hainer drückte Erwartungen nach einer schnellen Lösung
Noch im Juni hatte sich Herbert Hainer abwartend zur Salihamidzic-Nachfolge geäußert. Der FC Bayern wolle "prinzipiell wieder einen Sportvorstand haben", sagte der Bayern-Präsident. Hainer betonte aber auch, dass "Qualität vor Schnelligkeit" geht.
"Wir sind überhaupt nicht unter Zeitdruck und gucken uns den Markt an, denn die Leute, die wir suchen, sind nicht zu Hause und drehen Däumchen, sondern stehen in der Regel alle unter Vertrag", meinte der Präsident des FC Bayern vor knapp zwei Montan zur Suche eines neuen Sportvorstands.
Nun hat der FC Bayern mit Christoph Freund doch schneller als gedacht eine Lösung gefunden, auch weil Freund den "ganz klaren Vorstellungen" entspreche, was der neue Sportliche Leiter mitbringen müsse. "Es muss jemand sein, von dem wir voll überzeugt sind und der unsere ambitionierten Ziele verwirklichen kann", sagte Hainer im Juni.
Freund hat sich gegen große Namen durchgesetzt – Eberl war Favorit auf Brazzo-Nachfolge
Wohl auch aufgrund der sehr guten Bilanz – sowohl sportlich als auch finanziell – hat sich der FC Bayern für Freund entschieden. Seit dem Aus von Salihamidzic kursierten vor allem die Namen Markus Krösche und Max Eberl als Favoriten auf die Brazzo-Nachfolge. Beide sitzen aber bei ihren Vereinen Eintracht Frankfurt und RB Leipzig noch fest im Sattel, weshalb sich der deutsche Rekordmeister nun beim Schwesterklub von RB Leipzig bedient.
Ex-Bayern-Spieler Jean-Marie Pfaff sprach sich Anfang Juni in seiner AZ-Kolumne noch für Eberl aus. Für den Posten des neuen Sportdirektors brauche es jemanden, "der nah an der Mannschaft ist, sein Handwerk versteht, über ein gutes Netzwerk verfügt und zudem langfristig eine neue Struktur im Verein aufbauen kann. Auf Max Eberl trifft dies alles zu", schrieb der ehemalige Torwart der Münchner damals.

Für Pfaff sei Eberl zu diesem Zeitpunkt der "am besten geeigneten Kandidat" gewesen, auch aufgrund von Eberls Bayern-Vergangenheit. "Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass RB Leipzig ihn nach nur einem halben Jahr schon wieder ziehen lässt." Die Causa Eberl hat sich mit der Verpflichtung Freunds nun ohnehin erstmal erledigt.
Für Freund dürfte die Umstellung in Sachen Erfolgsansprüche wohl nicht allzu groß sein. Immerhin wechselt der 41-Jährige von Serienmeister zu Serienmeister – nur mit dem Unterschied, dass der FC Bayern in allen Wettbewerben nach dem Maximum strebt.