FC Bayern München: Thomas Helmer erklärt, was er von Carlo Ancelotti hält
München - Thomas Helmer im Gespräch mit der AZ: Der ehemalige Verteidiger (51) spielte von 1992 bis 1999 für den FC Bayern, wurde 1996 Europameister. Bei Sport1 moderiert er mittlerweile den "Doppelpass".
AZ: Herr Helmer, RB Leipzig ist nun kein Bayern-Jäger mehr, sondern hat den FC Bayern nach Punkten bereits eingeholt. Überrascht?
THOMAS HELMER: Was Leipzig macht, ist schon sehr beeindruckend. Vor allem, mit welchem Tempo sie spielen und wie schnell sie umschalten.
Trauen Sie Leipzig also zu, bis zum Saisonende mit Bayern mitzuhalten?
Es ist nach zehn Spieltagen eine schöne Momentaufnahme. Der nächste Spieltag wird für alle sehr wichtig. Für die Bayern sowieso und Dortmund hat mit einem Sieg gegen die Münchner die Chance, den Abstand auf drei Punkte zu verkürzen. Da könnten alle ganz eng zusammenrücken.
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Könnte der nächste Spieltag also zum Wendepunkt in der Meisterschaft werden?
Es wäre die letzte Warnung, dass die Bayern ein bisschen zulegen müssen.
Unantastbar wirken die Bayern nicht mehr. Ist ihre Dominanz beendet?
Die Bayern sind, wenn sie auf normalem Niveau spielen, nach wie vor top. Aber das tun sie derzeit nicht immer. In fast jedem Spiel fehlt für eine ganze Halbzeit diese Dominanz. Das merken die Gegner natürlich.
Wie verwundbar sind die Bayern?
In den letzten Jahren haben sie immer auf das zweite, dritte oder vierte Tor gespielt und nie nachgelassen. Diesen Eindruck habe ich jetzt nicht mehr. Das hängt vielleicht auch mit dem neuen Trainer zusammen, der auch eine andere Spielweise und Philosophie hat. Und es ist eklatant, dass Bayern im Vergleich zur vergangenen Saison neun Tore weniger geschossen hat. Da fehlen genau die zehn Tore, die Müller da schon hatte.
Nun wartet er nach zehn Spieltagen noch auf seinen ersten Ligatreffer.
Das sind wir von ihm nicht gewohnt. Er ist aber sehr selbstkritisch und hat Chancen. Daher ist es für mich nur eine Frage der Zeit, bis er wieder trifft. Aber natürlich leiden die Bayern darunter, weil sie vorne im Moment fast nur Lewandowski haben, der ja auch zwischendurch nicht getroffen hat. Dann entsteht schon ein Vakuum. Zumal die Bayern aktuell auch auf den Außenpositionen Probleme haben. Von Robben und Ribéry ist immer einer verletzt. Costa und Coman haben nicht annähernd die Form der vergangenen Saison.
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Kommt die Länderspielpause gerade für Müller jetzt genau richtig?
Ich weiß noch aus eigener Erfahrung, dass die Nationalelf eine willkommene Abwechslung ist, gerade, wenn es im Verein mal nicht so läuft. Das DFB-Team reist ja auch noch nach Rom. Die Atmosphäre und das Umfeld tun ihm bestimmt gut.
Auch die Bayern-Abwehr wirkt anfällig, trotz des Weltmeister-Duos Jérôme Boateng/Mats Hummels.
Das liegt nicht nur an den beiden, sondern an der gesamten Defensive. Ich finde, dass es da den Bayern an Schnelligkeit fehlt. Wenn Alonso, Thiago und Vidal zusammen spielen, ist das zwar fußballerisch top, aber vom Tempo nicht optimal. Hoffenheim hat da genau reingestochen. So ein Ball durchs Zentrum beim Gegentor darf eigentlich nicht passieren, auch Boateng und Hummels nicht.
Ancelotti rotiert generell sehr viel und auch in der Abwehr. Zu viel?
Mich wundert, dass auch Philipp Lahm immer rausrotiert. Er hat jetzt zwei Wochen Pause. Für mich gab es keinen Grund, warum er gegen Hoffenheim nicht gespielt hat, er ist ja immerhin auch Kapitän der Mannschaft.
Noch ein ganz anderes Thema zum Schluss: Was halten Sie davon, dass Thomas Häßler ins Dschungelcamp gehen will?
Ach, mein Freund Icke. Wir kennen uns schon ewig und waren sogar zusammen in der Grundausbildung bei der Bundeswehr.
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Interessant.
Helmer und Häßler liegen im Alphabet ja nicht allzu weit auseinander. Deshalb waren wir sogar zusammen auf einer Stube. Illgner und Schmadtke waren auch dabei. Icke hatte einen Watchman, einen Taschenfernseher. Eigentlich durften wir das nicht – aber darauf haben wir heimlich die Spiele der WM 1986 in Mexiko geguckt. Wir haben zusammen für die Bundeswehr-Nationalmannschaft gespielt. Aber auch Übungen in der Prärie gemacht, mussten Wache laufen, Feuer machen und so weiter.
Dann ist Häßler ja bestens für das Dschungelcamp gerüstet.
Ich finde das Ganze nicht so dramatisch. Wenn er das machen möchte, soll er es tun. RTL versucht doch jedes Jahr, einen Fußballer da reinzubekommen. Da hat jeder von uns schon eine Anfrage bekommen.
Aha, also auch Sie?
Ja, aber ich könnte da nicht hingehen. Ich habe mit der Höhe ein bisschen Probleme, Platzangst und Schlangen mag ich auch nicht. Da gibt es also zu viele Ausschlusskriterien.