Es brodelt an der Säbener: Das sind die Brandherde beim FC Bayern
München - Als gebrauchte Saison wird die Spielzeit 2021/22 nicht in die Annalen des FC Bayern eingehen, das ist bereits zwei Spiele vor Schluss klar. Als besonders erinnerungswürdig aber auch nicht. Das frühzeitige und teilweise richtig blamable Ausscheiden in beiden Pokalwettbewerben wird dieser Saison im Rückblick immer anhaften. Daran ändert auch die Deutsche Meisterschaft nichts – und sei es die zehnte in Folge.
Doch nicht nur das sportliche Abschneiden auf dem Platz drückt derzeit die Stimmung an der Säbener Straße. Zum Ende der Premierensaison von Trainer Julian Nagelsmann gibt es gleich mehrere Brandherde, die teilweise schon länger vor sich hinköcheln. Die AZ hat sich die aktuelle Lage bei den Bayern genauer angeschaut:
Vertragspoker und Umbruch-Pläne: Viele Zukunftsfragen ungeklärt
Dass die Verträge von Leistungsträgern wie Robert Lewandowski, Manuel Neuer oder Thomas Müller am 30. Juni 2023 auslaufen, ist den Verantwortlichen schon seit ihrer Unterzeichnung bewusst. 14 Monate vor Ende der Verträge hat aber keiner der drei Spieler Klarheit, wie es für sie weitergehen wird.
Zur Erinnerung: Hier handelt es sich um die drei aktuellen Kapitäne des deutschen Rekordmeisters. Wenn die Zukunft von gleich drei Führungsspielern über so lange Zeit ungeklärt bleibt, sorgt das früher oder später auch innerhalb der Mannschaft für Unruhe. Insbesondere wegen der Personalie Lewandowski gab es in den vergangenen Wochen reichlich Diskussionen. Der Pole schießt zwar weiter fleißig seine Tore, wirkte auf dem Platz zuletzt aber unzufrieden und ließ die nötige Körpersprache vermissen.
Auch sonst ist bei vielen Spielern noch unklar, ob sie über den Sommer hinaus eine Zukunft haben werden. Nagelsmann forderte nach der 1:3-Klatsche in Mainz am vergangenen Samstag unverhohlen einen Umbruch. Dauerreservisten wie Bouna Sarr, Marc Roca oder Omar Richards wissen, dass sie zu den Streichkandidaten gehören. Ein leistungsförderndes Klima sieht anders aus.
Es hakt nicht mehr nur hinten, sondern auch vorne
Schon in der Hinrunde zeigten sich die Bayern in der Rückwärtsbewegung anfällig. Eine Schwäche, die bis heute noch nicht behoben ist. Zuletzt haperte es aber auch in der Offensive. Ein klarer Plan war in den vergangenen Wochen nur selten zu erkennen. Bei den Angriffsbemühungen ist zu viel Stückwerk dabei, viele Tore basieren auf individueller Qualität oder entstehen nach kapitalen Fehlern der Gegner.
Schon im Hinspiel gegen Villarreal ging bei den Bayern nach vorne so gut wie gar nichts, in der ersten Halbzeit wurde sogar kein einziger Torschuss abgegeben. Auch bei der Partie gegen den FC Augsburg einige Tage später brachten die Münchner in den ersten 45 Minuten keinen Abschluss zustande. Am Samstag gegen Mainz hakte es am Offensivspiel ebenfalls enorm – sieben Schüsse bedeuteten gar einen Negativ-Rekord in dieser Spielzeit.
Zurückführen lässt sich dies unter anderem auf die Tatsache, dass sich viele potenzielle Leistungsträger noch immer im Formtief befinden. Spieler wie Serge Gnabry oder Leroy Sané sind weit von ihrer geplanten Rolle als Unterschiedsspieler entfernt und bringen seit Wochen wenig bis keine Leistung – und das ausgerechnet in der entscheidenden Phase dieser Saison.
Kommunikator Nagelsmann fehlt derzeit das Feingefühl
Julian Nagelsmann ist um die Umstände seiner Premierensaison als Bayern-Coach wirklich nicht zu beneiden. Aufgrund des verlängerten Urlaubs von zahlreichen EM-Fahrern fiel die Sommer-Vorbereitung weitgehend flach, System und Abläufe mussten also im laufenden Betrieb einstudiert werden. Parallel wurde er ungewollt zum wichtigsten Kommunikator beim Rekordmeister und musste Krisenherde wie den Zoff ums Katar-Sponsoring, die Impfdebatte um Joshua Kimmich oder die Diskussion um Vertragspoker öffentlich moderieren.
Das schaffte der mit 34 Jahren noch immer sehr junge Trainer tatsächlich auf bemerkenswerte Art und Weise. Zuletzt traf er bei seinen öffentlichen Äußerungen aber nicht mehr immer den richtigen Ton. Seine Aussagen zum Wechsel-Chaos in Freiburg sorgten im Breisgau für Unmut, auch sein verunglückter "Wir sind nicht bei der Feuerwehr Giesing Süd"-Vergleich ging nach hinten los. In beiden Fällen zeigte Nagelsmann Größe und entschuldigte sich. Unglücklich waren die Aussagen aber trotzdem.
Auf die Füße fallen könnten ihm nun auch die Äußerungen vom vergangenen Samstag. Nach der 1:3-Pleite in Mainz war der 34-Jährige gänzlich bedient, stellte die Mentalität seiner Mannschaft infrage ("Man kann so ein Spiel verlieren, aber es geht um die Art und Weise!") und kündigte indirekt einen Umbruch innerhalb der Mannschaft an. Damit setzte er seine Vorgesetzten Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn öffentlich ziemlich unter Druck. Ob den Bossen die Aussage gefallen hat? Hier könnte der nächste Brandherd bald mächtig brodeln...