Wer sich über das Aus für Jakob Kreidl freut

Nun sind es nur noch vier: Nach dem von Horst Seehofer erzwungenen Verzicht des Miesbacher Affären-Landrats Kreidl gehen Bewerber von SPD, Grünen, Freien Wählern und FDP ins Rennen.
Miesbach - Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte – so heißt ein altes Sprichwort. Wenn einer aufgibt, freuen sich vier andere – nach diesem Motto geht der Landrats-Wahlkampf im Landkreis Miesbach in die heiße Phase. Aufgegeben hat der affärengeschüttelte Amtsinhaber Jakob Kreidl. CSU-Chef Horst Seehofer persönlich zwang seinem inzwischen ungeliebten Parteifreund die Erklärung ab, das Amt selbst dann nicht anzunehmen, wenn die Wähler den 61-Jährigen auf dem Chefsessel im Landratsamt bestätigen sollten. Er hat die Wahl abgehakt.
Die vier anderen Kandidaten machen das Rennen unter sich aus. Vor einer guten Woche saßen alle fünf Bewerber noch einträchtig nebeneinander. Der „Miesbacher Merkur“ hatte in der Kreisstadt zu einer Podiumsdiskussion geladen, der Saal war rappelvoll. Kreidl - damals noch offiziell Kandidat für die Wiederwahl – gestand Fehler ein, hinterließ in Sachfragen beim Publikum aber einen kompetenten Eindruck.
Es war ihm jedoch anzusehen, dass die Diskussion um die regelrechte Affärenserie ihre Spuren hinterlassen hat. Mehrfach fielen Kreidl die Augen zu, er schien vor Erschöpfung einzuschlafen. Spätestens seit Dienstag herrscht nun Klarheit: Der Amtsinhaber kann zwar seine Kandidatur nicht mehr zurückziehen, faktisch ist er aber kein Kandidat mehr.
Viele machen automatisch das Kreuz bei der CSU
Alle vier Mitbewerber von SPD, Grünen, Freien Wählern und FDP um das Spitzenamt in der bayerischen Vorzeigeregion wollen aus der Causa Kreidl kein Kapital schlagen – so haben sie mehrfach betont und zuletzt in in ihrer Heimatzeitung wiederholt. Ihre Wahlchancen haben sich durch den Zwangsverzicht Kreidls freilich erheblich erhöht. Denn ohne sündhaft teure Geburtstagsparty, aberkannten Doktortitel, Verwandtenaffäre und zuletzt auch noch Schwarzbau wäre Kreidl höchstwahrscheinlich schon im ersten Wahlgang bestätigt worden.
Miesbacher Land ist CSU-Land, auch wenn vor Kreidl mit Norbert Kerkel 20 Jahre lang ein parteiloser Kommunalpolitiker an der Spitze des Landkreises stand. Für die SPD tritt der Vize-Bürgermeister von Bad Wiessee an. Der 54-jährige Robert Huber setzt sich für den Bau bezahlbarer Wohnungen ein.
Vor allem die Gegend um Tegernsee und Schliersee gilt als bevorzugter Zweitwohnungssitz der Reichen und Schönen, für Normalverdiener unerschwinglich sind dort Immobilien. „Gerade deshalb! Robert Huber als Landrat“ lautet der Slogan des verheirateten Familienvaters. Der gelernte Kfz-Meister glaubt, vor allem bei den einfachen Leuten Stimmen holen zu können.
Schwer zu schreiben, gut zu wählen
Mit seiner beruflichen Erfahrung als Verwaltungsfachmann will der Grünen-Kandidat Wolfgang Rzehak punkten. „Schwer zu schreiben, gut zu wählen“, meint er in einem Wahlprospekt in Anspielung auf seinen Namen. Neben den grünen Kernthemen wie Klimaschutz, Erhalt der Landschaft und Kampf gegen Gentechnik setzt sich der 46-Jährige aus Gmund am Tegernsee für Investitionen mit Augenmaß ein. „Nicht alles, was wünschenswert ist, kann auch finanziert werden“, schreibt er. An erster Stelle müsse die Bildungspolitik stehen.
Beim Kandidaten der Freien Wähler ist allein schon der Name Programm. „Er heißt nicht nur wie sein Vater, er schaut auch aus wie sein Vater“, sagte Redaktionsleiter Stephen Hank bei der Vorstellung von Norbert Kerkel (49) zu Beginn der Podiumsdiskussion.
Der Sohn des 2008 gestorbenen Miesbacher Landrats legt jedoch Wert darauf, dass er eine eigenständige kommunalpolitische Größe sei. Erfahrungen hat der Diplom-Informatiker bisher nur im Gemeinderat seines Heimatortes Waakirchen gesammelt. Dem ehrenamtlichen Bergwacht-Retter liegen vor allem Konzepte zur Verkehrsberuhigung, wohnortnahe Arbeitsplätze und eine nachhaltige Landwirtschaft am Herzen.
Stichwahl erwartet
Wenig Chancen bei den Wählern werden dem FDP-Bewerber Martin Eberhard eingeräumt. Der 52 Jahre alte Landwirt aus Irschenberg setzt auf einen personellen Neubeginn an der Spitze des Landkreises, hält sich mit programmatischen Aussagen aber zurück. Allgemein wird von den Beobachtern der kommunalpolitischen Szene erwartet, dass es eine Stichwahl am 30. März gibt.
Ob Huber, Rzehak oder Kerkel – wer am Ende die Nase vorn hat, gilt als offen. Trotz der Aufforderung der CSU, ihrem Kandidaten die Zustimmung zu verweigern, dürfte Kreidl aber Stimmen bekommen. Ob es freilich für die Stichwahl reicht, ist ungewiss. Rzehak sagt, die Wähler ließen sich nicht veräppeln.
Huber ist sich da nicht so so sicher: „Es wird viele geben, die ihr Kreuz wie immer bei der CSU machen“, sagte er dem „Miesbacher Merkur“.
Er schließt nicht aus, dass die CSU über die Wiederwahl und den Amtsverzicht Kreidls Neuwahlen anstreben und dann mit einem unverbrauchten Kandidaten antreten könnte. Der Affären-Landrat hätte seiner Partei auf diese Weise einen letzten Dienst erwiesen.