Nach Ausraster im Bundestag – Michael Schrodi: "Söder und Merz müssen ihre Leute in den Griff bekommen"

Michael Schrodi sorgte am Freitag (7. Juli) für einen wahren Aufreger: Während der letzten Bundestagssitzung vor der Sommerpause stürmte der SPD-Abgeordnete aus München vor das Präsidium des Saals und schimpfte lautstark in Richtung eines CDU-Politikers.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas musste den 46-Jährigen, der für die Landkreise Dachau und Fürstenfeldbruck im Bundestag sitzt, zur Ordnung rufen und verhängte im Anschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro. Im AZ-Interview erklärt Michael Schrodi seine Wortwahl, seine Motive und ob er die Attacke gegen die Union wiederholen würde.
AZ: Herr Schrodi, bereuen Sie Ihre Verbal-Attacke gegen die Unionspolitiker?
MICHAEL SCHRODI: Tatsächlich habe ich viel Zuspruch für meine Kritik bekommen – auch in meinem Wahlkreis. In der Form würde ich es dennoch so nicht mehr machen. Das war spontan. Inhaltlich habe ich aber nichts zurückzunehmen. Mit Rechtsextremen macht man keine gemeinsame Sache. Für die Art und Weise meiner Kritik habe ich mich allerdings beim Bundestagspräsidium entschuldigt.
Michael Schrodi: "Ich habe das nicht gesagt"
"Mit den Faschisten gemeinsam! Eine Unverschämtheit ist das!", zitiert Sie das Sitzungsprotokoll. Eine Beleidigung ist darin nicht festgehalten. Dennoch behauptet "Bild", sie hätten einen CDU-Politiker als "Wichser" angegangen.
Ich habe das nicht gesagt, ich habe ohnehin niemanden persönlich beleidigt. Das wäre niemals meine Wortwahl. Und das ist auch nicht mein Wortschatz. Das ist eine Falschmeldung. Der betreffende CDU-Abgeordnete, Michael Donth, hat auch bestätigt, dass er nichts dergleichen gehört hat.
Michael Schrodi: "Union wollte Eindruck erwecken, Habeck wolle nicht an der Debatte teilnehmen"
Der angeblich beleidigte CDU-Politiker Michael Donth schrieb bei Facebook, er habe "den Begriff auch nicht gehört". Das Büro Donths bestätigte der AZ, dass das W-Wort nicht gefallen ist. Die feine englische Art war ihr Auftritt aber auch nicht. Liegen im Regierungslager angesichts mieser Umfragewerte die Nerven blank?
Nein. Es ging ganz konkret darum, dass die CDU- und CSU-Fraktion gemeinsam mit den Faschisten der AfD anti-parlamentarische Vorbehalte bedient haben. Sie wollten mit Robert Habeck einen Minister in den Bundestag zitieren, von dem sie wussten, dass er gleichzeitig im Bundesrat sein muss. Obwohl die Union es ja besser wusste, wollten sie den Eindruck erwecken, Habeck wolle nicht an der Debatte teilnehmen. Das schürt Verdruss bei den Menschen. Und das fand ich schäbig und unanständig. Und daher meine scharfe Reaktion.
"Es ist die Aufgabe der SPD, den Menschen die Furcht zu nehmen", sagt Michael Schrodi
Sie engagieren sich seit ihrer Jugend gegen Rechtsextremismus. Wie groß ist Ihre Angst, dass die AfD tatsächlich eines Tages an die Regierung kommen könnte?
Die Menschen sind gerade müde von den Anstrengungen der letzten Jahre: Pandemie, Energiekrise, Krieg. Viele haben diverse Ängste. Der Populismus der AfD nimmt diese Ängste der Menschen vor den notwendigen Transformationen zwar auf – er gibt jedoch keine Lösungen. Es ist die Aufgabe der SPD, den Menschen die Furcht zu nehmen und für soziale Sicherheit zu sorgen. Das müssen wir mehr tun als bislang. Dann wird es auch nie eine Mehrheit für die AfD geben. Nehmen Sie etwa das Gebäudeenergiegesetz. Die Leute fragen sich: Kann ich mir es leisten, eine neue Heizung einzubauen? Wir haben nun nachgebessert bei der sozialen Abfederung. Und das ist auch für künftige Projekte zentral. Was wir dann machen, muss auch besser kommuniziert werden.
Wie groß ist der Anteil der Regierungsarbeit am AfD-Hoch? Und wie kann die miese Kommunikation in der Koalition verbessert werden?
Die Kommunikation war nicht immer vertrauensbildend. Es sollte nicht so viel nach außen, sondern erst intern gesprochen werden. Am Ende sollten wir dann mit einem fertigen und untereinander abgestimmten Gesetzesentwurf an die Öffentlichkeit gehen. Dieser Hinweis richtet sich auch an die Kolleginnen und Kollegen von FDP und Grünen.
Schrodi mahnt: "Söder und Merz müssen dringend ihre Leute in den Griff bekommen"
Söder und andere Unionspolitiker schließen eine Koalition mit der AfD aus. Nehmen Sie ihnen das nicht ab?
Ich merke, dass die Brandmauer gegen Rechts bröckelt. Zwei CSU-Abgeordnete haben in einem Bundestagsausschuss gemeinsam mit der AfD gestimmt. Das hat es im Berliner Parlament noch nie gegeben. Darunter war übrigens auch der für das viele Millionen teure Maut-Desaster verantwortliche Andreas Scheuer. Söder und Merz müssen als Parteichefs dringend ihre Leute in den Griff bekommen.
Im Landtag verweigern manche der AfD sogar den Handschlag. Wie gehen Sie persönlich mit AfD-Politikern um?
Ich gehe da ähnlich wie die bayerischen Kollegen mit den AfD-Leuten um. Ich beschränke meine Kontakte mit diesen Leuten auf die politische Arbeit. Mit Politikern, die durch solche extremen Töne im Bundestag auffallen, kann ich nicht einfach nach einer Sitzung plötzlich zu einem alltäglichen normalen Umgang kommen.
Sie spielen gerne Fußball, waren in ihrer Jugend sogar beim FC Bayern. Als glühender Löwen-Fan gründeten sie 2022 die "Bundestagslöwen". Gerade gab es im Bayerischen Landtag Ärger, weil sogar Grüne und Genossen mit der AfD in der Allianz Arena Fußball gespielt haben? Haben sie schon mit oder gegen AfD-Politiker gespielt?
Es gibt im FC Bundestag auch zwei, drei Politiker der AfD, deren Aufnahme wir nicht verhindern konnten. Die spielen aber immer nur extrem Rechtsaußen.