Interview

Ist die Elterngeldkürzung gerecht? Die AZ hat eine FDP-Politikerin gefragt

Für zwei Akademiker bei BMW könnte es künftig eng werden, sollte die Regierung ihnen tatsächlich das Elterngeld streichen. Die AZ hat mit der Landtagsabgeordneten Julika Sandt (FDP) darüber gesprochen.
Heidi Geyer |
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Landtagsabgeordnete Julia Sandt (FDP). (Archivbild)
Landtagsabgeordnete Julia Sandt (FDP). (Archivbild) © dpa

Paare mit einem hohem Jahreseinkommen über 150.000 Euro sollen künftig kein Elterngeld mehr bekommen. Das sorgt für viele Diskussionen und Kritik. Die AZ hat mit der Landtagsabgeordneten Julika Sandt (FDP) über die geplante Änderung gesprochen.

AZ: Frau Sandt, sind Panzer und Autobahnen wichtiger als Kinder?
JULIKA SANDT: Nein, natürlich nicht. Kinder sind unsere Zukunft und nichts ist wichtiger.

Am Bundeshaushalt sieht man das nicht unbedingt. Schließlich sagen die Verbände, dass die zwei Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung nicht ausreichen werden.
Das Problem ist ja, dass die grüne Familienministerin Lisa Paus überhaupt noch nicht geliefert hat, was sie mit dem von ihr zusätzlich geforderten Geld machen möchte. Sogar der Bundeskanzler hat sie gebeten, ein Konzept vorzulegen. Solange es das nicht gibt, ist es schwierig, über zusätzliche Gelder zu verhandeln.

FDP-Politikerin über Elterngeld-Kürzung: "Bin ganz klar dagegen"

Nun soll am Elterngeld gespart werden. Für zwei Akademiker, die bei BMW in München arbeiten und über 2.000 Euro Miete zahlen, wird es dann eng. Ist das gerecht?
Ich bin ganz klar dagegen. Im ersten Moment wirkt das so, dass ein Paar mit 150.000 Euro keine armen Leute sind. Das Elterngeld ist aber keine Sozialleistung, sondern eine Lohnersatzleistung. Und zudem eine gleichstellungspolitische Weichenstellung: So ist ein Anreiz gegeben, dass auch der besserverdienende Partner in Elternzeit geht. Es wäre falsch, wenn wir künftig einen Anreiz setzen, so dass nur der Partner mit dem niedrigeren Gehalt in Elternzeit geht. Dadurch entstehen größere Lücken in Lebensläufen und Abhängigkeiten. Natürlich kann man nie alles finanzieren, was man gerne würde. Es gibt sicherlich im Haus von Ministerin Paus andere Möglichkeiten zu kürzen als ausgerechnet beim Elterngeld.

Und zwar wo?
Sie will beispielsweise ihren Etat für die Öffentlichkeitsarbeit erhöhen. Auch ist eine gute und starke Demokratie wichtig – ich frage mich aber schon, ob alle geplanten Projekte zur Demokratieförderung in ihrem Haushalt effizient und wirksam sind. Da gibt es sicherlich noch andere Spielräume.

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"Man kann über Ehegattensplitting diskutieren"

Ein Vorschlag ist, dass der Kinderfreibetrag bei höheren Einkommen abgeschafft wird. Eine Möglichkeit?
Nein. Bei dem ganzen Thema Steuern müsste man Familien viel mehr berücksichtigen, neben Kindern auch den Fall von pflegebedürftigen Angehörigen. Da finde ich es durchaus richtig, wenn es Freibeträge oder Vorteile gibt. Worüber man diskutieren kann, ist das Ehegattensplitting. Ich würde generell beim Thema Kinder derzeit keinerlei Kürzungen vornehmen und finde auch richtig, dass das Kindergeld erhöht wurde. Kritisch sehe ich hingegen das bayerische Familiengeld.

Inwiefern?
Der Freistaat ist für Bildung zuständig und in den Kitas fehlt das Geld. Wir wissen aus sehr vielen Studien: Frühkindliche Bildung ist der Schlüssel zur Chancengerechtigkeit. Zudem ermöglichen gute Kitas die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und somit den beruflichen Aufstieg für beide Elternteile. Sie sind ein entscheidendes Instrument zur Gleichstellung von Mann und Frau, aber auch zur Behebung des Fachkräftemangels. Die Staatsregierung muss endlich alle Hebel für frühkindliche Bildung in Bewegung setzen. Bayerns Familien und unsere ganze Gesellschaft würden davon viel mehr profitieren als von Leistungen mit der Gießkanne.

"Die entscheidende Frage ist, wie man Fachkräfte gewinnt"

Das Kabinett hat beschlossen, dass 180.000 neue Betreuungsplätze kommen sollen. Reicht das?
Wie viele Stellen wirklich fehlen, weiß nicht mal die Staatsregierung, denn es gibt in Bayern keine Fachkräftebedarfsanalyse für den Kita-Bereich. Diesen Blindflug zu beenden fordern wir von der FDP seit langem. Die entscheidende Frage aber ist, wie man die Fachkräfte gewinnt. Dazu ist erst einmal Geld nötig, damit die Ausbildung vergütet wird. Außerdem müssen die Abschlüsse ausländischer Fachkräfte besser anerkannt werden. Mich macht es fassungslos, wenn mir etwa eine Fachkraft mit Hochschulabschluss aus Kroatien in bestem Deutsch erklärt, sie überlege, nach Irland auszuwandern, weil sie in München nicht als Erzieherin arbeiten darf. Diesen hausgemachten Fachkräftemangel wollen wir beenden!

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  • KUMMUC am 09.07.2023 17:47 Uhr / Bewertung:

    150000 Einkommen bedeutet locker 6500 Netto im Monat, da sind auch die 2000 € Miete und ein Kind locker zu stemmen, also macht es schon Sinn hier Geld einzusparen. Mein Mitleid mit den Gutverdienern hält sich aber sowas von gering.

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