Keine Gleichstellung: Frauen bei der Rente arm dran

Frauen verdienen immer noch deutlich weniger als Männer. Im Ruhestand macht sich das besonders bemerkbar: Seniorinnen erhalten nur rund die Hälfte des Altersgeldes von Senioren. Die Gründe.
von  Tobias Wolf
Weil Frauen deutlich weniger Rente erhalten als Männer, sind sie auch häufiger auf Grundsicherung um Alter angewiesen.
Weil Frauen deutlich weniger Rente erhalten als Männer, sind sie auch häufiger auf Grundsicherung um Alter angewiesen.

München - Gleichstellung zwischen Mann und Frau? Fehlanzeige! Nicht nur der Lohnrückstand von Frauen ist in Deutschland mit konstant 22 Prozent im europäischen Vergleich sehr groß. Wirft man einen Blick auf die Renten, fällt der Abstand sogar noch deutlich gravierender aus. Das geht aus einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor, die der AZ vorliegt.

Nach Einschätzung der Studien-Autoren sind Frauen sowohl bei der gesetzlichen Rente als auch bei der betrieblichen Altersversorgung „klar im Nachteil“.Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Renten-Report.

 

Wie groß sind die Unterschiede?

 

Als gesetzliche Altersrente erhielten Frauen 2014 deutschlandweit durchschnittlich 618 Euro, Männer 1037 Euro. Das entspricht einer Differenz von über 40 Prozent. Ähnlich fallen die Abstände aus, wenn zwischen Ost- und West-Renten unterschieden wird.

Bei den Betriebsrenten ist die Differenz noch größer: Männer bezogen hier im Bundesschnitt mit 574 Euro fast dreimal so viel Geld wie Frauen.

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Immerhin schneiden Frauen bei den Hinterbliebenenrenten besser ab: Witwen bekommen mit 592 Euro im Schnitt etwa doppelt so viel ausbezahlt wie Witwer. Grund ist allerdings, dass die Rente des verstorbenen Ehepartners bei den Witwen in der Regel höher war als bei den Witwern.

Rechnet man die drei Säulen der Altersvorsorge, also gesetzliche und betriebliche Rentenversicherung sowie private Altersvorsorge, zusammen, beträgt die Kluft zwischen den Geschlechtern laut Studie ganze 57 Prozent.

 

Was sind die Gründe dafür?

 

Gleich mehrere Ursachen stecken hinter den gravierenden Unterschieden. So werden Arbeitnehmerinnen trotz gleicher Qualifikation immer noch schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Zugleich arbeiten Frauen häufiger in Minijobs oder in Teilzeit und nehmen häufiger Auszeiten für die Kinder oder die Pflege von Angehörigen als Männer.

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Die Rente sei damit ein „Spiegelbild der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei der Erwerbsbeteiligung“, heißt es in der Studie.

Ausgleichsmechanismen wie die Anrechnung von Erziehungszeiten könnten diese Schieflage allerdings nur zum Teil korrigieren.

 

Welche Folgen haben die geringeren Renten für Seniorinnen?

 

Sie sind häufiger auf Grundsicherung im Alter angewiesen als Männer. 2014 waren 314 000 oder 3,2 Prozent der Frauen über 64 Jahren auf staatliche Unterstützung angewiesen – bei den Männern waren „nur“ 201 000 oder 2,7 Prozent betroffen.

Dabei ist auch zu betonen, dass sowohl immer mehr Frauen als auch Männer auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind. Grund: Das Niveau der gesetzlichen Rente sinkt kontinuierlich – und viele Rentnerinnen und Rentner können sich ihren Ruhestand nicht mehr aus eigener Tasche finanzieren.

 

Gibt es auch Positives für Frauen zu vermelden?

 

Zumindest in einer Hinsicht stehen Frauen deutlich besser da als Männer: Sie beziehen wegen der höheren Lebenserwartung im Schnitt fünf Jahre länger Rente.

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Wird sich die Situation der Rentnerinnen in Zukunft verbessern?

 

„Alles in allem sei die Rentenlücke angesichts steigender Frauenerwerbstätigkeit und stärkerer Anerkennung von Erziehungszeiten zuletzt zwar kleiner geworden“, resümieren die Studienautoren. Allerdings bleibe noch viel zu tun.

 

Was fordern die Rentenforscher konkret?

 

Notwendig für eine eigenständige Alterssicherung der Frauen seien Verbesserungen bei den Erwerbschancen und bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Zudem gehörten die Rentenreformen des vergangenen Jahrzehnts auf den Prüfstand: Die Kürzungen bei der gesetzlichen Rente hätten das Risiko der Altersarmut erhöht, heißt es in dem Report.

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