Museum in Würzburg: Weitere Gurlitt-Bilder entdeckt

Im Museum "Kunstspeicher" wurden sechs Grafiken so bekannter Künstler wie Kokoschka, Munch und Kubin entdeckt, die von einem Mitglied der Gurlitt-Familie stammen.
Helmut Reister |
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Museumsdirektorin Marlene Lauter vom Museum im Kulturspeicher in Würzburg. Dort sollen Bilder aus der Sammlung der Gurlitt-Familie gefunden worden sein.
dpa Museumsdirektorin Marlene Lauter vom Museum im Kulturspeicher in Würzburg. Dort sollen Bilder aus der Sammlung der Gurlitt-Familie gefunden worden sein.

WÜRZBURG - Gurlitt. Diesen Namen kennen inzwischen nicht nur ausgewiesene Kunstexperten. Seit dem spektakulären Fund von mehr als 1000 Werken bedeutender Künstler in der Schwabinger Wohnung des 80jährigen Cornelius Gurlitt ist der Name des Kunsthändler-Clans, der mit den Nazis Geschäfte machte, weltweit in aller Munde. Auch Würzburg geriet nun direkt in den Sog des Gurlitt-Fiebers. Im Museum "Kunstspeicher" wurden sechs Grafiken so bekannter Künstler wie Kokoschka, Munch und Kubin entdeckt, die von einem Mitglied der Gurlitt-Familie stammen.

Marlene Lauter, die Leiterin des Museums, freut sich über den "vergessenen" Fund im Archiv und den hervorragenden Zustand der Grafiken. Als sie vor 22 Jahren in dem Museum anfing und sich einen Überblick vom Bestand verschaffte, hielt sie wohl auch einmal die jetzt wieder "entdeckten" Werke in den Händen: Grafiken von Oskar Kokoschka Edvard Munch, Alfred Kubin, Max Pechstein, Lovis Corinth und Rene Sintenis. Damals ging der Schatz einfach unter.

Die Bilder stellte Wolfgang Gurlitt der Städtischen Galerie, Vorläufer des 2002 neu eröffneten "Kunstspeichers", im Jahr 1957 zur Verfügung. Wolfgang ist der Cousin von Hildebrand Gurlitt, dessen Sammlung nach seinem Tod an Cornelius überging und in München-Schwabing entdeckt wurde. Sowohl Wolfgang als auch Hildebrand Gurlitt waren Händler, die gute Kontakte in die Kunstwelt unterhielten, aber auch zu den Nazis. Von denen bekamen sie den Auftrag, das geplante "Führermuseum" im österreichischen Linz mit Kunstwerken auszustatten.

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Während beim Fund in München eine besondere Brisanz besteht, weil es sich bei einem großen Teil der Bilder, deren Marktwert auf rund eine Milliarde Euro geschätzt wird, um Kunstwerke handelt, die sich einmal in jüdischem Besitz befanden und von den Nazis geraubt worden waren, dürften die Würzburger Grafiken in dieser Hinsicht kein Problem darstellen. Museumsleiterin Marlene Lauter: "Die Tatsache, dass es sich bei den Grafiken um Portraits von Wolfgang Gurlitt handelt, deutet eindeutig darauf hin, dass es sich nicht um Kunstwerke handeln dürfte, die sich einmal im Besitz jüdischer Familien befanden, sondern für Gurlitt angefertigt wurden."

Alten Unterlagen ist aber zu entnehmen, dass Kunsthändler Gurlitt dem Würzburger Museum vor fast 60 Jahren insgesamt neun Werke schenkte. Gefunden wurden bisher nur sechs davon. "Die Werke", sagt Marlene Lauter, "wurden nicht unter dem Namen Gurlitt archiviert, sondern unter dem jeweiligen Namen des Künstlers und waren deshalb nicht so leicht zu finden. Wo die fehlenden Werke lagern, konnten wir noch nicht herausfinden."

Die Staatsanwaltschaft in Augsburg war am Montag über den Fund in Würzburg noch nicht informiert. Die Behörde ermittelt gegen Cornelius Gurlitt wegen des Verdachts möglicher Unterschlagung und Steuerhinterziehung. Oberstaatsanwalt Matthias Nicolai sagte: "Wir werden uns sicherlich nicht in der Öffentlichkeit darüber unterhalten, welche Aktionen wir im Einzelnen unternehmen." Der Sprecher der Augsburger Staatsanwalt, der den entstandenen Hype um die gefundenen Gurlitt-Bilder nicht in diesem Ausmaß nachvollziehen kann, wies allerdings in diesem Zusammenhang darauf hin, dass lediglich ein Verfahren gegen eine bestimmte Person geführt werde. Nicolai: "Unsere Aufgabe ist es nicht, die Problematik der Beutekunst insgesamt aufzuarbeiten."
 

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