Geplante Asylunterkunft in München: Sozialreferat mit klarer Ansage
Solln – Ist München doch nicht so liberal, so weltoffen, wie man vielleicht dachte, als Hunderttausende gegen rechts demonstrierten? Könnte man bei dieser Presse-Einladung meinen: Anwohner wollen verhindern, dass auf einen Acker an der Schultheißstraße in Solln eine Unterkunft für rund 250 Menschen gebaut wird, die nach Deutschland geflohen sind. Die Anwohner gehen rund um das Feld gerne joggen und mit ihren Hunden spazieren. Die FDP unterstützt sie bei ihrem Protest. Aber alles bloß rechte Wutbürger? So einfach ist es womöglich nicht.
Geplante Asylbewerber-Unterkunft in München: Die Anwohner haben eine Liste mit Vorschlägen
Denn in diesem Fall haben die Anwohner, die sich zu dem "Aktionsbündnis-Solln" zusammengeschlossen haben, eine ganze Liste von Alternativvorschlägen. Auch die FDP hat eine Idee: das leerstehende Thomas-Mann-Gymnasium an der Drygalski-Allee 2. Auf den verwaisten Pausenhof hat die FDP drei Vertreter der Bürgerinitiative und die Presse eingeladen. Zwar hat der Stadtrat die Unterkunft auf dem Feld an der Schultheißstraße bereits beschlossen, trotzdem will die FDP nicht locker lassen, kündigt Stadtrat Fritz Roth an.
Er hält den Acker an der Schultheißstraße – so wie die drei Anwohner – aus mehreren Gründen für "problematisch": Weil die frische Luft nicht mehr in die Stadt strömen kann, wenn das Feld bebaut wird. Weil dann noch mehr Freiflächen zugepflastert werden. Aber auch, weil es dort für die Asylbewerber keine Treffpunkte, keine Läden, keine gute ÖPNV-Anbindung gibt, sagt Roth.
"Dafür gibt's eine Schießanlage", sagt Till Mosbach. Der 57-jährige Software-Consultant wohnt mit seiner Frau Ulrike seit etwa zwölf Jahren in der Nähe der geplanten Unterkunft. Schießanlage? "Ja, richtig", sagt Till Mosbach. Ein Schützenverein sei in der Nähe. "Da wird stundenlang geschossen. Droht da nicht Retraumatisierung?", fragt er. Wichtig sei ihm: "Uns in eine rechte Ecke zu stellen, wäre verwerflich." Dagegen, dass die Stadt Geflüchtete unterbringen muss, habe er nichts, sagt er. Und das sagen auch die Stadträte der FDP.
Das leere Thomas-Mann-Gymnasium wäre besser geeignet, glaubt Fritz Roth. Schließlich ist hier der Untergrund schon asphaltiert. Womöglich könne die Stadt die Sanitäranlagen in der Schule nutzen. Eigentlich soll wieder das Gymnasium in das Gebäude einziehen. Doch Fritz Roth bezweifelt, dass das so schnell passiert.
Flüchtlinge in leerem Gymnasium? Sozialreferat erteilt Vorschlag eine Absage
Doch das Sozialreferat erteilte dem Vorschlag mit dem Schulgebäude nun eine Absage: Die leerstehende Schule wird ab Mai saniert. Im Inneren seien Vorarbeiten bereits im Gange, antwortet die Pressestelle auf eine Anfrage der AZ.

Dass an der Schultheißstraße eine Unterkunft für etwa 125 geflüchtete Menschen gebaut wird, lässt sich nach Ansicht des Sozialreferats nicht mehr ändern: "Wegen der hohen Zahl von schutzsuchenden Menschen in München ist die LHM auf verfügbare und geeignete städtische Flächen und Objekte angewiesen, die über einen längeren Zeitraum bereitgestellt werden können." Aufgrund der Flächenknappheit und des angespannten Immobilienmarkts in München sei dies eine große Herausforderung. "Auf den Standort Schultheißstraße kann deswegen nicht verzichtet werden", schreibt das Sozialreferat.
Eine eigene Task Force im Rathaus mit dem Titel "Unterbringung Geflüchtete und Wohnungslose" hat laut Sozialreferat 200 Standorte in ganz München überprüft, ob sie sich für eine Asylbewerberunterkunft eignen. Darunter waren auch zehn im Stadtbezirk 19 (Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln). Auch das leerstehende Thomas-Mann-Gymnasium stand auf der Liste.
Doch am Ende verwarf die Stadt alle Vorschläge und blieb bei dem Acker an der Schultheißstraße. Aufgrund zahlreicher Kriterien wie Verfügbarkeit, Sozialraum, Bildung und Erziehung, Arten- und Naturschutz sei er als geeignet bewertet worden.

Der örtliche Bezirksausschusschef Ludwig Weidinger von der CSU erzählt der AZ am Telefon, dass er den Standort Schultheißstraße in einer Stellungnahme akzeptiert habe. Es klingt, als hatte er das Gefühl, ohnehin keine andere Wahl gehabt zu haben. Die CSU im Stadtrat allerdings lehnte den Standort ab. Und schlug neben dem leerstehenden Gymnasium auch den Siemens-Sportpark als Alternative vor. Das Sozialreferat habe daraufhin geantwortet, dass es diese Standorte noch prüfe – allerdings nicht als Ersatz, sondern zusätzlich.
Auch Miriam Meissner, die ebenfalls in der Nähe des Ackers an der Schultheißstraße wohnt, hat noch vier andere Vorschläge: Ein Grundstück an der Drygalski-Allee, das die Stadt früher laut Meissner an ein Bauunternehmen verpachtet hatte. Eine ehemalige Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, das eigentlich zum Studentenwohnheim umgebaut werden sollte, aber leersteht. Eine Geflüchtetenunterkunft an der Meglingerstraße, die erweitert werden könnte. Ein Parkplatz am Hermann-von-Siemens-Sportpark. Doch auch diese konnten der Prüfung des Sozialreferat scheinbar nicht standhalten.
Die CSU im Stadtrat lehnte den Standort in Solln ab
Das Sozialreferat konnte am Dienstag nicht beantworten, welche anderen Standorte es noch prüfte und warum am Ende der Acker herauskam. Der örtliche Bezirksausschusschef Ludwig Weidinger von der CSU erzählt der AZ am Telefon, dass er den Standort in einer Stellungnahme akzeptiert habe. Es klingt, als hatte das Gefühl, ohnehin keine andere Wahl gehabt zu haben. Die CSU im Stadtrat allerdings lehnte den Standort ab. Und schlug auch das leerstehende Gymnasium und den Siemens-Sportpark als Alternative vor. Das Sozialreferat habe daraufhin geantwortet, dass es diese Standorte noch prüfe – allerdings nicht als Ersatz, sondern zusätzlich.
Vorschlag der Münchner CSU: Soll man Asylbewerber zum Arbeiten zwingen?
Am gleichen Tag, an dem die FDP über die Standorte informiert, macht auch die Münchner CSU zum Thema Asyl einen Vorschlag. Das Rathaus soll sie zum Arbeiten verpflichten. "Arbeit fördert die Integration", sagt CSU-Chef Manuel Pretzl. Er beantragt deshalb, dass die Stadt einen gesetzlichen Spielraum nutzen soll: Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte erklärt, dass Asylbewerber grundsätzlich zu gemeinnützigen Arbeiten verpflichtet werden könnten.
Wenn sie ohne Grund ablehnen, könnten ihre Leistungen gekürzt werden. Für die Arbeit bekommen die Asylbewerber 80 Cent pro Stunde, das wird nicht auf ihre anderen Leistungen angerechnet. Die Münchner CSU fordert nun, dass das Rathaus Einsatzmöglichkeiten prüfen und umsetzen soll. Die Münchner Jusos und die Linken-Fraktion im Stadtrat sind dagegen. Dadurch werde die Mär vom "arbeitsfaulen Asylbewerber" verbreitet. Probleme löse das nicht.
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