Petition: Unterschriften-Aktion für Absage der Rammstein-Konzerte in München
München - Weiter Wirbel um die Rammstein-Konzerte: Es gibt immer mehr kritische Stimmen, die finden, dass die Auftritte der Band in München in dieser Woche und Mitte Juli in Berlin ob der Missbrauchs-Vorwürfe nicht stattfinden sollten.
Die Initiatoren der Plattform "The Sirens Collective", auf welcher Erfahrungen Betroffener zu sexualisierter Gewalt gesammelt und archiviert werden, haben nun eine Online-Petition gestartet. Mit dieser sollen Unterschriften gesammelt werden, um für eine Absage der Rammstein-Konzerte zu sorgen.
"Widerlich": Petition fordert Absage der Rammstein-Konzerte in München
"The Sirens Collective"-Aktivistin und Urheberin der Petition Kim Hoss erklärte dazu: "Es ist für uns inakzeptabel, dass Till Lindemann mit den geplanten Konzerten eine Plattform bekommen soll, als wäre nichts geschehen. Wir fordern eine Pausierung der Auftritte, bis zur Klärung der Vorwürfe. Wir fordern eine genaue Untersuchung der Vorfälle und wir fordern, dass die Aussagen der Betroffenen ernst genommen werden."
Die Aktivistin wurde noch deutlicher: "Man weiß wirklich nicht mehr, was das Widerlichste ist. Lindemann? Das Rekrutierungssystem? Das Wegschauen durch Band, Management und Veranstalter?"
Petition richtet sich direkt an OB Reiter
Mit der Petition richten sich Kim Hoss und ihre Mitstreiter direkt an Marion Schöne, Geschäftsführerin des Veranstalters Olympiapark München, und Oberbürgermeister Dieter Reiter. Auch die Berliner Verantwortlichen Timo Rohwedder (Geschäftsführer Olympiastadion Berlin GmbH), Kai Wegner (Regierender Bürgermeister) und Iris Spranger (Senatorin für Inneres) werden direkt angesprochen.
Rammstein tritt am Donnerstag (8. Juni), Samstag (10. Juni) und Sonntag (11. Juli) im Münchner Olympiastadion auf, das erste Konzert hatte am Mittwoch (7. Juni) stattgefunden. Die Auftritte in Berlin sind für den 15. und 16. Juli geplant. Alle Konzerte waren lange im Vorfeld komplett ausverkauft. Viele Fans gaben ihre Tickets nach den bekannt gewordenen Vorwürfen gegen die Band zurück oder versuchten, diese zu verkaufen.
Aggressive Stimmung zwischen Rammstein-Fans und Demonstranten bei München-Konzert
Vor dem ersten Rammstein-Konzert in München kam es zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und den Anhängern der Brachial-Rocker. "Dabei traten Fans der Band Demonstrierenden gegenüber aggressiv auf", beobachtete die AZ-Reporterin. Dazu kritisiert Aktivistin Hoss: "Immer mehr betroffene Frauen berichten von systematischem Missbrauch und Misshandlungen auf Rammstein-Konzerten. Trotzdem dürfen Sänger Till Lindemann und seine Band Konzerte geben. Vor Hunderttausenden Menschen, als wäre nichts geschehen".

Auflagen, aber keine Absagen: So planen München und Berlin mit den Rammstein-Konzerten
Sie will die Konzerte "mit allen Mitteln verhindern". In ihrer Petition richtet sich Kim Hoss mit einem eindringlichen Aufruf an die Entscheidungsträger: "Wir appellieren an Ihre moralische und ethische Verantwortung als Städte und als Konzert-Bühne, die geplanten Auftritte in München und Berlin abzusagen! Setzen Sie ein klares Zeichen für die Betroffenen. Signalisieren Sie, dass Sie die Vorwürfe ernst nehmen und Ihren Worten Taten folgen lassen."
Wer Rammstein davonkommen lasse, mache sich mitschuldig. Bis Freitagvormittag (11 Uhr) kamen mehr als 23.000 Unterschriften bei der Petition zusammen. Ob die Unterschriftenaktion Erfolg haben wird, ist jedoch fraglich. Weder die Stadt München noch Berlin zogen bisher eine Absage der Konzerte in Betracht. Der Band wurden lediglich Auflagen aufgebrummt – etwa, was die berüchtigte "Row Zero" anbelangt –, um das Konzert für die Besucher sicherer zu machen.
Neuerungen beim Rammstein-Konzert: Awareness-Teams und Zelt als "Safe Space"
Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) war nach eigenen Angaben beim ersten Münchner Rammstein-Konzert am Mittwoch mit 30 Mitarbeitenden vor Ort, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen. KVR-Chefin Hanna Sammüller-Gradl bestätigte der AZ, dass sich Rammstein an alle Regeln hielt. Ein Awareness-Team zog durch das Publikum: "Die kennen die Szene und die Fankultur", und seien psychologisch geschult.
Das Awareness-Team wurde laut Sammüller-Gradl vom Veranstalter organisiert. Zudem wurde ein Zelt aufgestellt, dass die Konzert-Besucher aufsuchen konnten, wenn sie sich unsicher fühlten.
Angelegenheit "noch ungeklärt": Olympiapark GmbH sieht keinen Grund für Konzert-Absage
Seitens der städtischen Olympiapark GmbH gab man sich im Vorfeld der Konzerte, als die Vorwürfe von Irin Shelby Lynn das erste Mal aufgekommen waren, zurückhaltend: "Sollten sich die von der 24-jährigen Irin erhobenen Vorwürfe bestätigen, wäre dies natürlich furchtbar und verachtenswert", teilte eine Sprecherin mit. Jedoch sei die Angelegenheit "offensichtlich noch ungeklärt".
Daher gehen die Betreiber der Konzertstätte weiter davon aus, "dass die alle Rammstein-Konzerte im Olympiastadion wie geplant stattfinden werden".

Bisher keine Anzeige: Band bittet, von Vorverurteilungen abzusehen - und schaltet Anwälte ein
Zumal die Konzerte auch nicht ohne Weiteres abgesagt werden könnten. Schließlich stehen hinter einem Auftritt der Rammstein-Größenordnung monatelange Planungen, Verträge mit Betreibern, Security, Veranstaltern – von den Rechten der Ticketinhaber ganz zu schweigen. Sie alle könnten im Falle einer einseitigen Absage Regressansprüche in Millionenhöhe stellen.
Ohnehin gilt für die Band und Till Lindemann die Unschuldsvermutung. Bisher gibt es weder eine Anklage noch eine Verurteilung. In einem emotionalen Instagram-Post hatte die Band betont, dass ihnen die Sicherheit ihrer Fans vor und hinter der Bühne am Herzen liege. Außerdem warben die Musiker dafür, nicht vorverurteilt zu werden und auch diejenigen nicht vorzuverurteilen, die die Anschuldigungen erheben: "Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge".
Am Donnerstag wurde bekannt, dass Lindemann die renommierte Anwaltskanzlei "Schertz Bergmann" beauftragt hat. Sie lässt verbreiten: "In den sozialen Netzwerken, insbesondere auf Instagram, Twitter und bei YouTube, wurden von diversen Frauen schwerwiegende Vorwürfe zulasten unseres Mandanten erhoben. So wurde wiederholt behauptet, Frauen sind bei Konzerten von Rammstein mithilfe von K.o.-Tropfen beziehungsweise Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr. Wir werden wegen sämtlicher Anschuldigungen dieser Art umgehend rechtliche Schritte gegen die einzelnen Personen einleiten."