Kritik

AZ-Kritik zum ersten Rammstein-Konzert in München: Verdrängung und verachtende Frauen-Texte

60.000 Fans gehen zum ersten von vier Rammstein-Konzerten am Mittwochabend ins Münchner Olympiastadion. Und tun fast so, als wäre nichts gewesen.
Jan Krattiger
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Rammstein-Sänger Till Lindemann steht im Münchner Olympiastadion live auf der Bühne.
Rammstein-Sänger Till Lindemann steht im Münchner Olympiastadion live auf der Bühne. © Jens Niering

München - Shelby Lynn hat es geschafft. Die Irin hat mit ihrem Gang an die Öffentlichkeit nach dem Rammstein-Konzert in Vilnius (Litauen) am 22. Mai etwas losgetreten, das an diesem Mittwochabend im Olympiastadion in München größer war als eine der größten Rockbands dieser Welt. Der Elefant, der mit im Stadion war, war so groß, dass er sogar die riesige, martialische Bühne der Band überragte.

Rammstein in München: Der riesige Elefant im Stadion

Keiner hat an diesem Abend nicht mindestens einmal darüber nachgedacht, dass sehr viele junge Frauen mittlerweile öffentlich gemacht haben, was ihnen hinter der Bühne und in Hotelzimmern passiert sein soll

Größer war an diesem wettermäßig eigentlich traumhaft schönen Frühsommerabend vielleicht nur die Verdrängungsleistung der anwesenden rund 60.000 Konzertbesucher. Die legten sich bereits vor dem Konzert ins Zeug, um zu zeigen, was sie von den schweren Vorwürfen gegen den Sänger Till Lindemann halten.

Im Stadion: Schwarze T-Shirts, Viervierteltakt und viel Bier

Das geht dann im Stadion nochmal leichter, mit zehntausenden anderen in schwarzem T-Shirt mit Brechstangen-provokativem Spruch drauf ("Manche Führen, manche folgen"), ein paar Bier intus und diesem immergleichen, stumpfen Viervierteltakt der Band, der den Rhythmus vorgibt. Klatschen gegen #Metoo, gegen diesen ganzen "Woke-Wahnsinn" da draußen. So wirkt es im Olympiastadion an diesem Mittwochabend – und die Band macht es ihrem Publikum sehr leicht.

Jetzt erst recht. Mitgrölen bei den frauenverachtenden Textzeilen (es gibt viele davon, hier werden sie nicht wiederholt), bei den besonders "Höhö-nein-das-sind-keine-Nazis-Passagen" und immer wieder diese europaparkhaften Feuerfontänen mit Knalleffekt.

Es reicht eine kleine Bewegung Lindemanns, und das ganze Stadion hebt eifrig die Hände zum Mitklatschen. Geballte Fäuste sind sowieso dauernd in der Luft. 

Mega-Konzert im Stadion: Kein Platz für Ironie

Was an diesem Konzertabend nicht da ist – wie auch bei einer Stadion-Massenveranstaltung? – ist diese so oft von Rammstein-Verteidigern behauptete Doppelbödigkeit und feine Ironie. Das weiß die Band und sie weiß damit zu spielen. Diese Ironie gibt es nicht, wenn 60.000 beim Konzert das Lied "Deutschland" mitgrölen. Und die gibt es nicht bei "Bück dich". 

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Was an diesem Konzertabend auch fehlt, zumindest im Vergleich zu den bisherigen Konzerten dieser Tournee, ist das Lied "Pussy" und die dazugehörige riesige Schaumkanone in Form eines Penis, die Sänger Till Lindemann zu bedienen pflegte. Das soll, so das Umfeld der Band, aus Rücksicht auf die Vorwürfe gegen Lindemann entschieden worden sein.

Soll das also die ganz im "Rammstein-Dampfhammer-Stil" gehaltene Message sein, die die Band an diesem Mittwochabend senden will, Lindemann lässt den Lümmel drin?

Auf eine Afterparty wollte die Band, so bestätigt das ihr Umfeld gegenüber der AZ, dann jedenfalls doch nicht verzichten. 

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56 Kommentare
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  • OnkelHotte am 09.06.2023 16:00 Uhr / Bewertung:

    Jawoll, die Frau Faeser mit Regenbogenbinde am Arm auf der Bühne, begleitet von der dauerlächelnden Frau Roth.
    …. Jawoll, so muss ein Konzert geplant werden …

  • muc_original_nicht_Plagiat! am 09.06.2023 15:12 Uhr / Bewertung:

    Die Art und Weise, wie in einer neutralen Zeitung(oder habe ich etwas verpasst? Dann muss ich vielleicht mal bei der Verlagsleitung nachfragen, ob die AZ eine neue Richtung eingeschlagen hat, wenn es um Seriösität und sauberen Journalismus, also Berufsethos geht. Kenne die AZ seit Jahrzehnten, und habe den Ansatz einer kritischen-, aber fair und sauber recherchierend berichtenden Zeitung nach dem Ethos der Familie Friedmann immer sehr geschätzt) eine Vorverurteilungs- und Verleumdungskampagne durch täglich mehrere leider tendenziöse(ja, ist so, hier wird mit einer klaren Tendenz berichtet und gewichtet(!).erkennt jeder. das wäre fast schon ein Fall für den deutschen Presserat) Artikel, in denen einTeil der LeserInnen auch noch offen beleidigt und diskreditiert werden, unterstützt und mitgefahren wird, ist erschreckend, und leider kein Qualitätsmerkmal. Der Straftatbestand der üblen Nachrede wird in § 186 StGB geregelt, Verleumdung: § 187 StGB - ihr macht Euch damit gemein. Warum?

  • FFF-Nein Danke am 09.06.2023 17:43 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von muc_original_nicht_Plagiat!

    Die Anwälte gehen jetzt dagegen vor. Vor allem die Zeitungen, haben es verbreitet, hoffentlich bekommen die Post von den Anwälten.

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