Obacht! Falsche "Energieberater" als Betrüger unterwegs

Viele Menschen sind derzeit wegen der hohen Energiepreise verunsichert. Betrüger haben deshalb gerade besonders leichtes Spiel.
Ralph Hub
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Der Blick auf den Stromzähler im Keller schockt derzeit wie nie - wenn man sich ausrechnet, was die Kilowattstunde kostet. Das nutzen Betrüger aus.
Der Blick auf den Stromzähler im Keller schockt derzeit wie nie - wenn man sich ausrechnet, was die Kilowattstunde kostet. Das nutzen Betrüger aus. © IMAGO/foto2press

München - Während viele Menschen inzwischen schlaflose Nächte haben, weil sie nicht mehr wissen, wie sie künftig die Rechnungen für Heizung und Strom bezahlen sollen, machen Gauner aus der Not ein Geschäft. Sie geben sich als Energieberater aus und versuchen, den Opfern dabei neue Verträge aufzuschwatzen und so satte Provisionen einzustreichen.

Polizei warnt: Angebliche Energieberater am Telefon

Beim für Betrugsdelikte zuständigen Fachdezernat 7 des Polizeipräsidiums wird wegen einer ganzen Reihe solcher Delikte ermittelt. "Jeden Tag kommt ein neues Opfer hinzu, das sich bei uns meldet", sagt Polizeisprecher Jakob Siebentritt auf Nachfrage der AZ.

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs, die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen. Bei der Verbraucherzentrale in München beobachtet man seit geraumer Zeit, dass vermehrt dubiose Energieberater auftreten und versuchen, Kunden zu ködern. Ein Phänomen, das nicht auf München beschränkt ist, sondern ganz Bayern betrifft. "Ich gehe davon aus, dass es nicht die Energieanbieter selbst sind, sondern es sich dabei um Personen handelt, die auf die Provisionen für neue Verträge aus sind", sagt Nikolaus Stumpf, Leiter des Referats Marktbeobachtung.

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Um seriös zu wirken, behaupten Anrufer, sie seien Mitarbeiter einer "Energiezentrale" im Auftrag der Bundesregierung. Ihr Job sei es angeblich, Hilfe und Aufklärung anzubieten, um so "die explodierenden Kosten für Strom, Gas und Öl in den Griff zu bekommen". Die Anrufer lassen sich die bisherigen Vertragsbedingungen nennen und empfehlen dann, nicht wirklich überraschend, einen Wechsel des Anbieters. Sie machen ganz konkrete Vorschläge.

Vorsicht bei Telefonwerbung

Auch einige AZ-Leser bekamen schon solche Angebote am Telefon. In einem Fall behauptete eine Frau, sie sei Energieberaterin im Auftrag der Bundesregierung. Der Anruf erfolgte ohne vorherige Aufforderung oder Zustimmung. "Die Frau wollte mir unbedingt einen neuen Anbieter aufschwatzen", erzählt eine Münchnerin. Sie habe ein Angebot, behauptete die dubiose Beraterin, das besonders für Bedürftige vorgesehen sei.

Die Anruferin versuchte mit Nachdruck, die Handynummer der Münchnerin zu erfahren. "Meinen Namen und meine Adresse hatte sie bereits", so die AZ-Leserin. Als sich die Münchnerin nicht sonderlich interessiert an dem Angebot zeigte, wurde die Anruferin schnell pampig und legte schließlich einfach auf.

"Einmalige Angebote": Druck ist eine Masche

Die angeblichen Energieberater arbeiten mit allen möglichen Tricks, versprechen das Blaue vom Himmel und wenn das nicht hilft, wird auch schon mal Druck ausgeübt. Es sei ein einmaliges Angebot, man müsse jetzt zuschlagen, sonst sei die Chance vertan.

"Die meisten Personen, die sich an das Präsidium wenden, haben auch tatsächlich Verträge abgeschlossen und wurden geschädigt", sagt Jakob Siebentritt. In vielen Fällen werden die Angerufenen aber schnell misstrauisch und legen auf, betont der Polizeisprecher.

Betrüger versprechen niedrige Energiepreise

Wer voreilig und überhastet einen neuen Vertrag abschließt, landet unter Umständen bei einem unseriösen Anbieter oder geht eine langfristige Vertragsbindung ein. Was hohe Mehrkosten verursachen kann, weil selbst Experten derzeit nicht sicher vorhersagen können, wie sich die Energiepreise in den kommenden Monaten entwickeln werden.

Die Verbraucherzentrale warnt deshalb vor dieser Masche. Es häufen sich Fälle "von unerlaubter Telefonwerbung vermeintlicher Tarifexperten", heißt es in einer Mitteilung. Man solle wachsam sein und einige Hinweise beachten. "Viele Verbraucher sind verunsichert wegen der hohen Energiepreise, deshalb haben solche Betrüger besonders leichtes Spiel", sagt Hasibe Dündar, Energierechtsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin.

Ohne Einwilligung kein Anruf

Generell gilt: Unternehmen benötigen grundsätzlich die vorherige Einwilligung der Kundinnen und Kunden, bevor sie diese zu Werbezwecken anrufen dürfen. Ohne diese Einwilligung sind die Anrufe rechtswidrig, so die Verbraucherzentrale. "Werden in Folge dieser Werbeanrufe Verträge abgeschlossen, sind sie nicht wirksam", so die Verbraucherzentrale. Ein Energieliefervertrag außerhalb der Grundversorgung bedürfe der Textform. Das bedeutet, dass beide Vertragsparteien ihre jeweilige Vertragserklärung (Angebot und Annahme) in Textform abgeben müssen.

Mündlich wie schriftlich auf Sorgfalt achten

Die Textform wird beispielsweise durch Vertragserklärungen per Brief, Fax, E-Mail oder SMS eingehalten. "Wer nach einem solchen Telefonat plötzlich ein Begrüßungsschreiben eines neuen Strom- oder Gasanbieters erhält, obwohl die Textform nicht eingehalten wurde, sollte dem Vertragsschluss widersprechen und rein vorsorglich den Widerruf erklären", rät Dündar.

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Dies sollte schriftlich geschehen, am besten per Eingangsbestätigung. Hat man nach einer telefonischen Vertragsanbahnung einen Energieliefervertrag wirksam abgeschlossen - beispielsweise per SMS-Bestätigung, sollte man gegebenenfalls vom 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch machen.

Die Widerrufsfrist beginnt am Tag des Vertragsabschlusses, wenn man bei Vertragsschluss gleichzeitig auch über das Recht zum Widerruf ordnungsgemäß (formal richtig) belehrt wurde, so die Berliner Verbraucherschützer. Eine verspätete Belehrung (nach Vertragsschluss) lässt die Widerrufsfrist von 14 Tagen erst mit Zugang der Belehrung beginnen. Wichtig: Fehlt die ordnungsgemäße Belehrung, erlischt das Widerrufsrecht erst in zwölf Monaten und 14 Tagen.

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