Neue Großmarkthalle in München: Steigt jetzt der Zwillingsturm-Investor ein?
München - Viel Glas, eine zackige Dachkonstruktion, 500 Meter lang, zwei Stockwerke hoch. So sah 2016 der Entwurf für die neue Großmarkthalle in Sendling aus, den der Stadtrat zuerst lobte und dann plötzlich einstampfte.

Statt die Großmarkthalle selbst zu bauen, entschied sich der Stadtrat damals, einen Investor zu beauftragen: die Firma Umschlagzentrum Großmarkt München (UGM). Die Stadt hoffte, Geld zu sparen. Allerdings ist bis heute noch nicht einmal ein Erbpachtvertrag mit dem Investor unterzeichnet. Und nun wird das Münchner Rathaus ungeduldig.
Neue Großmarkthalle: OB Reiter wird ungeduldig
Bis spätestens März 2022 solle das Kommunalreferat, das für den Vertragsabschluss zuständig ist, offene Fragen klären und dem Stadtrat aktualisierte Kosten- und Zeitpläne vorlegen, fordert Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).
Auch der Stadtrat verliert langsam die Geduld: Denn der fast 120 Jahre alte Großmarkt ist marode. Damit die Händler dort überhaupt noch arbeiten können, muss die Stadt bis 2024 etwa 30 Millionen Euro investieren. Ob dann Schluss ist mit der Sanierung oder ob die Stadt weiter Geld in die alten Hallen buttern muss, ist allerdings nicht sicher. Die wesentlichen Maßnahmen seien zwar abgedeckt. "Doch was nach 2024 kommt, kann niemand sagen", stellte Kira Weißbach, die Zweite Werkleiterin der Münchner Markthallen, am Donnerstag im Stadtrat fest.
"Diese Zahlen haben uns schockiert", sagt SPD-Stadträtin Kathrin Abele. Aus ihrer Sicht kann es nicht sein, dass die Stadt so viel Geld in Hallen pumpt, von denen viele ohnehin abgerissen werden sollen. Auch Grünen-Chefin Anna Hanusch findet: "Vom Gefühl her befinden wir uns in einer Sackgasse." Sie war bereits 2016 dagegen, dass die Stadt auf einen Investor setzt, anstatt selbst zu planen.
"Reißleine ziehen": Übernimmt die Stadt das Projekt jetzt selbst?
Ihre Fraktionskollegin Sibylle Stöhr regt sogar an, dass die Stadt, "die Reißleine ziehen" und das Projekt doch selbst übernehmen sollte. Und Brigitte Wolf von der Linken hofft, dass "die Verwaltung schon mal anfängt, in ihren Schubladen nach der früheren Planung zu graben".
Tatsächlich könnten auch die neuen Entwürfe, die der Investor UGM ausarbeiten ließ und die einen bis zu 70 Meter hohen übereinander gestapelten Mix aus Markt- und Büroflächen vorsehen, womöglich bald im Papierkorb landen. Denn der Investor setzte das Projekt im Frühjahr 2020 aus und bewertete es wirtschaftlich neu. So geht es aus einer nicht-öffentlichen Unterlage hervor, die der AZ vorliegt.

Beim Erbbaurechtsvertrag mit der Stadt sind derweil noch so viele Punkte offen, dass das Kommunalreferat nun sogar seine Mitarbeiter aufstockt und externe "juristische Betreuung" bekommt.
Alleine für diese Berater veranschlagt die Stadt 100.000 Euro im Jahr. Der Stadtrat bewilligte dies in einer nicht-öffentlichen Sitzung. Ziel sei, den Vertrag bis Ende des Jahres zu finalisieren, heißt es in den Unterlagen. Doch ob das klappt, sei "aufgrund von internen Umstrukturierungen" beim Investor "nicht sichergestellt".
Neuer Großmarkt soll eine Milliarde Euro kosten
Aus dem Umfeld des Stadtrats ist zu hören, dass der neue Großmarkt etwa eine Milliarde Euro kosten soll. Und dieses Geld versucht der Investor offensichtlich gerade einzutreiben: In nicht-öffentlichen Unterlagen lässt sich nachlesen, dass sich UGM auf der Suche nach einem Investor befindet, der in das Projekt einsteigt.
Aus Rathauskreisen heißt es, dass ausgerechnet einer die Fühler ausstreckt, der sich gerade um ein anderes prominentes Hallenprojekt bemüht: Ralf Büschl, der das Areal rund um die Paketposthalle gekauft hat und dort zwei Hochhäuser bauen will. Auf AZ-Anfrage teilt sein Büro mit, dass man dazu nichts sagen könne. Ein klares Dementi ist das nicht.
Auch unter den Händlern wächst der Unmut. Philipp Reiners, der Anwalt des bayerischen Fruchtverbands, sagt, die Händler seien "konsterniert" und "ratlos". Der Verband wolle erst eine Vorstandssitzung abhalten, bevor er sich konkreter positionieren will. "Allerdings erwarten wir einen Plan B, wenn das Ultimatum im Frühjahr abgelaufen ist", sagt Reiners.
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