Münchens Altstadt wird zur Mega-Baustelle: "Hier werden Milliarden investiert"
München - Kräne, Bauzäune, Bagger, Baulärm – wohin man schaut in der Altstadt, fast an jeder Ecke verhüllen riesige Planen Gebäude oder Baugruben. Hinter hohen Zäunen wird gebohrt, gegraben und gehämmert, vielerorts machen Gerüste und Absperrgitter das Durchkommen schwer.
Abgesehen von Benkos Bauruinen, die seit dem Absturz seines Signa-Imperiums in bester Lage vor sich hingammeln, wird trotz Baukrise im Herzen der Stadt auf engstem Raum so viel gebaut wie seit Jahrzehnten nicht. Besonders viel tut sich auf der Achse zwischen den beiden XXL-Baustellen der Stadt: zwischen dem Hauptbahnhof und dem Marienhof (Zweite Stammstrecke).
Die höchste Baustellendichte ist ausgerechnet dort, wo so viele Menschen flanieren wie in keiner anderen deutschen Einkaufsmeile: in der Neuhauser Straße. 28,6 Millionen Menschen spazierten 2023 durch die Shoppingmeile. Die Neuhauser Straße gilt als attraktivste Einkaufszeile mit den höchsten Mieten.
Wo in München gerade gebaut wird: "Das ist natürlich eine Beeinträchtigung"
Nun ist sie in einem radikalen Wandel. Zunehmend verschwinden Einkaufstempel, die zuvor ganze Gebäude belegt hatten, stattdessen entstehen immer mehr Mixed-Use-Gebäude mit mehr Büroflächen. "Für die Passanten sind die vielen Baustellen natürlich eine Beeinträchtigung, genauso wie für die direkten Nachbarn und überhaupt das Standortumfeld", sagt Wolfgang Fischer vom Verein City Partner. Ganz schlecht, wenn auf einer Baustelle, noch nicht mal gebaut wird. Als "katastrophal" bezeichnet er die Benko-Ruinen.
Die Baustellen, auf denen gearbeitet wird, betrachtet er mit einem lachenden und einem weinenden Auge: "Man muss auch sehen, dass hier Milliarden investiert werden. Viele Städte wären froh, wenn sie das hätten. Baustellen fördern das Wirtschaftswachstum und sichern Arbeitsplätze."
Ein Ende der hohen Bagger- und Krandichte auf engem Raum ist erst mal nicht in Sicht. Im Gegenteil: Bald kommen noch zwei weitere große Bauprojekte in der Fußgängerzone dazu. Die Münchner, die Flaneure und die, die hier arbeiten und wohnen, werden also Geduld brauchen. "Wenn mal alles fertig ist", meint Wolfgang Fischer: "Dann wird's das Paradies."
Baustelle am Karlstor in München: "Dieses Haus verfügt über ein riesiges Potenzial"
Die Projekte im Einzelnen:
Das MONACHIA-HAUS
Eine neue große Baustelle, die noch kommen wird, ist direkt am Karlstor. Viele Münchner werden sich noch erinnern an das Karlstor-Kino, in dem bis vor zehn Jahren in dem Eckgebäude direkt am Karlstor Filme gezeigt wurden. Das Kino verschwand, heute sind in der Immobilie mit rund 8000 Quadratmeter Fläche Gastronomiebetriebe, Büros, Praxen und Geschäfte untergebracht, darunter Leder Fischer und "My Shoes".

Nun hat das Grünwalder Unternehmen Rock Capital Group das Monachia-Haus von einer privaten Erbengemeinschaft gekauft. Laut "react news" soll der Kaufpreis bei rund 150 Millionen Euro gelegen habe. Rock Capital will das Haus nachhaltig umbauen und attraktiver gestalten. "Das Monachia-Haus verfügt über ein riesiges Potenzial", sagte Geschäftsführer Peter G. Neumann zur AZ. "Die verschiedenen Nutzungen von Einzelhandel, Gastronomie und Büroflächen sollen sich gegenseitig befruchten und eine Symbiose ergeben." Wann es losgehen soll mit den Baumaßnahmen, ist noch offen.
HERZOG MAX
Ebenfalls direkt am Karlstor und direkt gegenüber vom Monachia-Haus war früher Karstadt Sports. Zwischenzeitlich gehörten Signa-Gründer René Benko mal Anteile an der denkmalgeschützten Immobilie in 1- A-Lage, aber die verkaufte er wieder, einige Jahre bevor seine Pleitewelle nach München schwappte. Das frühere Karstadt-Sports-Gebäude wird seit zwei Jahren aufwendig von dem Projektentwickler Accumulata umgebaut und neu gestaltet.

Hier entsteht ein sogenanntes Mixed-Use-Ensemble unter dem Namen "Herzog Max". Ende 2024/Anfang 2025 soll alles fertig sein. Dann können ins Erdgeschoss Geschäfte einziehen, Großmieter der Büros wird das Max-Planck-Institut. An der Maxburgstraße ist ein Gastrobetrieb mit Außenbereich vorgesehen.
ALTE AKADEMIE
Nur ein paar Schritte vom Herzog Max entfernt liegt die Großbaustelle Alte Akademie brach. Zwei riesige Kräne, die weit über die Dächer ragen, stehen verlassen da. Wenn man auf die beschmierten Bauzäune schaut, kann man sich kaum vorstellen, dass es sich um einen der begehrtesten Standorte für Einzelhandel in Deutschland handelt.

Bis Benkos Signa pleite ging und auch die Tochtergesellschaft, die dem alten Gebäude zu neuem Glanz verhelfen wollte, ging man von einer Bauzeit bis Mitte 2026 aus. Zuvor war mal von Ende 2023 die Rede. Nun wird die Großbaustelle München noch länger erhalten bleiben. Derzeit gehen Bauexperten von einer Fertigstellung frühestens 2027 aus - wenn sich noch in diesem Jahr ein neuer Investor findet, der schnell weiterbaut.
C&A
Wenige Minuten von der Alten Akademie entfernt, schräg gegenüber in der Kaufingerstraße, steht ab kommenden Jahr ein weiteres Großprojekt an. In den Gebäuden, in denen derzeit C&A auf sechs Etagen günstige Kleidung verkauft, läuft Ende 2024 der Mietvertrag aus. Dann will der Eigentümer der Immobilien, die Inselkammergruppe Inka, das Areal umbauen.

Das denkmalgeschützte Singerhaus in der Kaufingerstraße 11a soll zusammen mit den Nachbargebäuden sowie der Fürstenfelder Straße 1-3 völlig neu gestaltet werden, ein Bauteil wird abgerissen. Statt eines riesigen Modehauses wie bisher soll hier künftig ein Mix aus 75 Prozent Büros sowie 25 Prozent Handel und Gastronomie entstehen, außerdem sind ein paar Wohnungen geplant. Der Bau dürfte ebenfalls mehrere Jahre dauern.
C&A wird aber in der City bleiben. Der Mietvertrag im Joseph-Pschorr-Haus in der Neuhauser Straße ist schon unterschrieben. C&A übernimmt die Flächen, die derzeit noch Sport Scheck nutzt. Der insolvente Sporthändler muss raus, da er die hohe Miete nicht mehr zahlen kann.